Mit dem Linken beim Edelitaliener

Edel mutet im Casa Ferlin so einiges an. Bild: David Sarasin
Die Begleitung hat in dieser Kolumne selten einen speziellen Auftritt. Sie nimmt allzu oft die Rolle des stummen Mitessers ein, der ein anderes Menü wählt, damit eine gewisse Bandbreite vom Angebot getestet werden kann. Ein doppelter Fehler. Denn erstens machen Gespräche den Restaurantbesuch aus. Und zweitens eröffnet das Gegenüber stets eine neue Perspektive auf die Sache. Dies trat beim Besuch beim traditionellen Zürcher Edelitaliener Casa Ferlin besonders offensichtlich zutage.
Aber beginnen wir von vorne. Mein Gegenüber in Stichworten: männlich, um die 30, politisch links stehend, genügsam. Auf Letzteres lässt die Tatsache schliessen, dass bei ihm ein Znacht mit Dreieckssandwich und Toffifee in der Regel genügt.
Und so war das alles für ihn eingermassen neu. Noch nie gesehen hat er etwa Uniformen bei Serviceangestellten, die hier rot sind und edel anmuten. Ebenso fremd war ihm die Tatsache, dass ihm ein Angestellter beim Eingang den Armee-Parka abnimmt. Besonders bemerkenswert: Zum geräucherten Lachs (24 Fr.), den er zur Vorspeise bestellte, gehörte zwar ein für ihn zur Grundnahrung zählendes Toastbrot. Dieses reichte ihm der Angestellte aber in einer Stoffserviette eingeklemmt und per Hand dar.
Spannende Diskussionen über Neid und Klassenunterschiede wiesen zwar darauf hin, dass sich innerlich etwas in ihm dagegen wehrte, dies alles so gedankenlos zu geniessen, wie es etwa das Paar am Nachbarstisch tat. Auch blieb er bei der Beurteilung der hausgemachten, weitum bekannten Ravioli (24 Fr.), die sein Tischpartner zur Vorspeise bestellte, kurzsilbig. («Mmh!») Seine Mimik liess aber auch auf grössere Gefühle schliessen – verständlich. Das wiederholte sich bei den Hauptgängen, die einmal aus Bistecca fiorentina (64 Fr.) und einmal aus Filetto di Manzo (58 Fr.) bestanden («Wow!»). Noch nicht einmal erwähnt ist dabei die Flasche Barbaresco (88 Fr.).
Man sass also da, inmitten eines Lokals, das sich nur Leute aus den oberen Klassen regelmässig leisten können. Was wiederum die Gespräche befeuerte – und den überzeugten Linken gegen Ende des Abends zur Aussage verleiten liess, dass Neid die Triebfeder für Klassenkampf sei. Aber auch, dass allzu lange Gespräche über Essen und Wein Ersatzhandlungen für verdrängte Sexualtriebe seien. Wir beliessen es dabei, schwiegen eine Weile und genossen die Dessertplatte (18 Fr.).
Casa Ferlin, Stampfenbachstrasse 38, 8006 Zürich, Tel. 044 362 35 09, Mo–Fr 11–14, 17.30–22 Uhr
4 Kommentare zu «Mit dem Linken beim Edelitaliener»
Selber schuld. Wer kommt denn auf die Schnapsidee, Perlen vor die Säue zu werfen? Im Ernst: das hat mit rechts oder links nichts zu tun, sondern schlicht mit Lebenskunst.
Mein Gott, sind diese Linken doch so etwas von gestört! Oder sind es amänd die Journalisten, die uns solche Artikel zumuten?
Worum geht es in diesem Artikel eigentlich ? Werbung für einen Edelitaliener ? (wer auch immer den so qualifiziert hat) Rumprotzen, das man sich diese hohen Preise leisten kann ? Niedermachen einer Person, die es angeblich nicht kannte, das man den Mantel am Eingang abgenommen bekommt ? Lästern über eine Person, der eine andere Einstellung vom Znacht als der Autor ?
Rätsel über Rätsel…
Was in der Schweiz politisch links meint, steht historisch und weltweit eher leicht rechts der Mitte. Lebende Linke gibt es in Europa und den USA schon seit Jahrzehnten nicht mehr. In der Schweiz denke ich, gab es nie welche.
Links lehnt jedes Privateigentum an Produktionsmitteln einschliesslich Grund und Boden rigoros ab. Wer eine Privatbank, ein Start Up, oder ein eigenes Haus für möglich hält, ist nicht links.