Ein Genre, das sich stets neu erfindet

Hip Hop als Clubmusik hat im Schweizer Nachtleben und in den vergangenen 15 Jahren an Stellenwert eingebüsst. Höchste Zeit für ein Comeback. Findet auch DJ Bazooka.

Hat den Glauben an Hip Hop nie verloren: Roman «Bazooka» Blum (Foto: Facebook)

«Hip Hop Is Dead». Als der New Yorker Rapper Nas 2006 diesen Song veröffentlichte, protestierten viele Zürcher Clubberinnen und Clubber: Die Ära grosser Rap-Partys mit mehr als 1000 Gästen wie der Milk in der Maag Music Hall neigte sich zwar schon damals ihrem Ende zu, aber es gab ja noch einige Genre-Clubs. «Rap only» war noch immer ein Qualitätsmerkmal und mit R’n’B «verwässerte» Anlässe etwas für Softies. Gegen Ende der Nullerjahre verabschiedeten sich wichtige Hip-Hop-Clubs wie die Tonimolkerei aus dem Zürcher Nachtleben. House und Techno sassen wieder auf dem Thron.

Und wie geht es dem Rap in den Zürcher Clubs heute? Die gute Nachricht: Er ist noch da. Die schlechte: Er muss sich den Platz gleichberechtigt mit den Musikstilen teilen, meist zusammengefasst unter den Begriffen Open Format und Partytunes, öfter aber auch mit Reggaeton. Natürlich gibt es noch das eine oder andere Partylabel mit Fokus auf Hip-Hop, aber mehr werden es offenbar nicht: Eben erst hat im Exil die allerletzte Savage-Party stattgefunden. Der Basler Roman Blum alias DJ Bazooka ist Red-Bull-Three-Style-DJing-Vizeweltmeister und seit vielen Jahren dem Hip-Hop zugetan: «Tatsächlich sind heute viele Partys mit Hip-Hop angeschrieben, ohne dass sich in der Verpackung Hip-Hop befindet. Das hast du früher nicht bieten dürfen.» Dass es nur noch wenige klar im Hip-Hop angesiedelte Partys gibt, bedauert er zwar. Er sieht die Verquickung mit anderen Genres aber auch als Chance, da dies dem Sound neue Impulse verleihe.

Ihn stört hingegen, dass an diesen Events immer dieselben Hits gespielt werden. An gewissen Open Airs und Festivals könne man von Partyzelt zu Partyzelt wechseln und würde dort stets dasselbe aufs Ohr kriegen. Für ihn gebe es nichts Schöneres, als während einer Feier einen fantastischen Song zu hören, den er zuvor nicht kannte.

Hip-Hop ist nicht tot. Dafür ist er in den Charts zu präsent. Das Genre hat es stets verstanden, sich neu zu erfinden, wenn es mal in eine Sackgasse geraten ist. Lediglich als Solo-Unterhalter in Schweizer Clubnächten nimmt er sich eine Auszeit. Aber jedes Sabbatical endet irgendwann: Eventuell wächst gerade demnächst wieder eine Party-Generation heran, die der Auffassung ist, dass Rap eine Partynacht auch alleine tragen kann.

2 Kommentare zu «Ein Genre, das sich stets neu erfindet»

  • Christian Weber sagt:

    E geili Rap-Party wer scho wieder mal was! Danke allen (v.a. aus dem elektronischen bereich) Veranstaltern die mir zeigen dass hiphop nicht tot ist! Danke

  • Bordy Dee sagt:

    Grüezi Herr Flach, vielen Dank für den Artikel.

    Es wäre auch spannend gewesen, eine Erörterung über die Entwicklung des Hip Hop zu lesen – und was man heute noch als Hip Hop kategorisieren kann und was nicht. Im Hinblick auf die ursprüngliche Form von HH als Kultur, welche durch das Nachtleben als solche genährt und gepflegt wird (Soziologie der „Szene“), würde mich interessieren wo wir in der Schweiz stehen und was die öffentliche Perzeption ist – und was Sie als „alter Hase“ der Nachtszene davon halten.

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