Besuch im Hooters

Wie sich unser Autor mit 42 Jahren bei der Stange hält.

Beni Frenkel gefielen die inneren Werte: Jedes Mal, wenn die Blondine an seinem Tisch vorbeikam, lächelte sie supersüss. (Symbolbild: Sophie Steiger)

Gestern bin ich 42 Jahre alt geworden. Ich mache mir nichts vor: Der grosse Wurf wird mir nicht mehr gelingen. Ich nehme geistig ab. Hören, Sehen, Schmecken – alles wird bei mir schlechter. Die alten Menschen, über die ich mich früher lustig gemacht habe, werden mir immer ähnlicher.

Am Sonntag habe ich mich im Ganzkörperspiegel angeguckt: Sogar meine Brust- und Sackhaare sind grau geworden. Das ist mir früher gar nicht aufgefallen.

Die ORF-Sendung «Wer will mich? – Tiere suchen ein Zuhause» ist mir in den Sinn gekommen. Die mittlerweile verstorbene Moderatorin Edith Klinger suchte in der Sendung für den 15-jährigen Minusch eine kinderfreundliche Familie. Den Kater hatte Klinger schon die Woche zuvor vor die Kamera gesetzt. Aber leider fand der schwarze Minusch kein neues Zuhause. Vielleicht lag es daran, dass er sich nicht streicheln liess.

Wer will mich? Wer will einen 42-jährigen Misanthropen? Früher hätte ich zur Flasche gegriffen. Um mich abzulenken, suchte ich diesmal nach etwas anderem. Im Kosmos trat der grosse Literat Max Küng auf. Ich erhoffte mir Ablenkung und ging in der Pause.

Der Abend war noch jung. Ich lief die Langstrasse runter und kehrte im Hooters ein. Eine Blondine trat an den Tisch und fragte, ob ich eine grosse Stange möchte. Ich nickte ihr zu. Ich trank ein Bier nach dem anderen.

Am Nebentisch sass eine Gruppe Jugendlicher. Sie erhoben sich und johlten draussen weiter. Einen grossen Teller Pommes hatten sie nur zur Hälfte leer gegessen. Ich schnappte mir den Teller und legte ihn zwischen meine Bierstangen. Der Teller mit den kalten Pommes sah aus wie 42.

Bei mir wirkt Alkohol ziemlich schnell. Meine Laune wurde deswegen immer besser, und ich guckte der Blondine beim Arbeiten zu. Am meisten bewunderte ich ihre inneren Werte. Mir schien, dass sie mich im Restaurant von allen Männern am sympathischsten fand. Denn jedes Mal, wenn sie an meinem Tisch vorbeikam, lächelte sie mich supersüss an.

Plötzlich dachte ich an meine Frau. Sie hat mir verboten, ins Hooters zu gehen. Auch will sie nicht ständig hier erwähnt werden. Ich gab der Blondine ein Zeichen. «Noch eine Stange?», fragte sie mich mit grossen Augen. Ich schüttelte den Kopf und drückte ihr einen Fünfziger in die Hand.

Ein Kommentar zu «Besuch im Hooters»

  • Ronny Schürch sagt:

    Das Hooters ist auch mein Lieblingsrestaurant. Ich finde dort stimmt einfach alles. Gutes Essen, gute Musik und ein Publikum, das mit zusagt. Manchmal wird gemunkelt, das sei sexistisch. Ich finde nicht, die Mädels tragen ja Kleider. Von mit aus könnte die Dekolletés auch ruhig etwas tiefer sein. Das macht doch den kleinen Bunnies Spass zu zeigen was sie haben. Hey, wir leben im 2019 und nicht mehr im Mittelalter!

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