Zürich braucht neue Ideen

Das Nachtleben muss in Bewegung sein, um faszinierend zu bleiben. (Foto Dominique Meienberg)
In diesen Wochen begeht das Hive seinen dreizehnten Geburtstag, der Supermarket hat den zwanzigsten gefeiert, und auch die Zukunft muss nicht mehr lange warten, bis die jüngsten Gäste gleich alt sind wie der Club selbst. Das Kaufleuten gibts seit über zwanzig Jahren und das Mascotte, der Methusalem des Zürcher Nachtlebens, kann auf über hundert Partyjahre zurückblicken. Die letzte nennenswerte Cluberöffnung im House- und Techno-Bereich war jene des Spacemonki vor einem Jahr. Klaus, der zweitjüngste Zürcher Electronica-Club, wurde vor drei Jahren eröffnet.
Wer sein eigenes Tanzlokal eröffnen möchte und sich zwecks Evaluation bei erfahrenen Clubmachern umhört, darf nicht auf ermutigende Worte hoffen. Wer erwarte, das erste Jahr in den schwarzen Zahlen abzuschliessen, sei ein Fantast. Die Konkurrenz sei riesig, egal, auf welches Musikgenre man sich spezialisiere. Social Media habe das Anbandeln im Club abgelöst und sowieso: Die Leute würden heute lieber Quorn essen und im Fitnessstudio schwitzen als Alkohol trinken und im Club tanzen.
Der Alkoholkonsum ist tatsächlich seit Jahren rückläufig. Handkehrum kommen ständig neue Gins und Wodkas auf den Markt, und für die meisten ist die Wahl zwischen Fitnessstudio und Club kein Entweder- oder: Irgendwo muss man den trainierten Body ja vorführen. Zudem: Der grosse Hype um Facebook, Tinder & Co. scheint sich dem Ende zuzuneigen, und solange man im Netz nicht essen, trinken und Sex haben kann, bleibt das echte Leben unschlagbar.
Da wäre aber auch noch das Hindernis «Behörden». Die würden das Nachtleben regulieren, wos nur geht, und dabei öfter übers Ziel hinausschiessen. Etwa mit der verschärften Bewilligung für Betriebe mit Öffnungszeiten nach Mitternacht. Aber eigentlich ist alles halb so wild. Mit Zürcher Beamten kann man reden. Die Stadtverwaltung hat eingesehen, dass die Nachtruhe nicht das erste Qualitätsmerkmal urbanen Lebens ist.
Der Stadt fehlen aber die Newcomer, eine neue Generation Nachtlebender mit dem Faible für akribische Planung, Wille und Mut, ihren Traum trotz (vermeintlicher) Widrigkeiten in einen Club zu verwandeln. Dies ist der wahre Grund, warum es auf Club-Ebene statisch geworden ist und weshalb die Zürcher Partygesellschaft nur noch selten überrascht wird.
5 Kommentare zu «Zürich braucht neue Ideen»
Trifft’s!
Das Leben der jungen tendenziellen Clubgänger findet doch immer mehr im Internet statt – man zeigt sich, so man gewesen ist, man hat seine Fotso von sich selbst bei Instagramm, man hört seine Musik über die Streamingdienste – was soll man da noch in Clubs ? Zumal bei den meisten Eintritt gefordert wird und die Getränkepreise auch nicht günstig sind.
Um mit den Freunden irgendwo abzuhängen, dazu braucht es keine Clubs. Für mich ganz entscheident – es gibt keine neuen Musikrichtung, die einen neuen Club rechtfertigen würden.
Ich glaube, die Clubszene ist am aussterben. Die neuen Clubs sind die Fitnessbuden und vielleicht eine Weile die Escaperrooms.
Jedes mal wenn Alex Flach einen Blog betreffend dem Nachtleben schreibt, ist irgendwie das Hive, das Supi oder ein anderer Club für den Flach arbeitet in den Zeilen. Wenn man ernsthaft das Thema aufwerfen will, sollte man mal das Gesamtbild ansehen. Das Nachtleben in Zürich dreht sich nicht nur um Clubs wo Flach die Finger im Spiel hat. Früher war es viel besser, was das Thema Nightlife angeht. Es kann auch nicht nur der Stadt und den Anwohnern die Schuld gegeben werden. Im Fall des Club Q haben mehrere Personen (Namen egal) den Club an die Wand gefahren. Da gibt es auch noch andere Beispiele über solche Fälle. Das Problem ist, dass heute alle nur noch an die Langstrasse rennen. Schliesst mal alles an der Langstrasse und das Volk wird sich verteilen.
Wenn man keine Ahnung hat, haten…
Hi Alex
Neben den von dir beschriebenen Schwierigkeiten, gibt es wohl ein weiteres Problem in Züri: das Angebot an passenden Locations. Leider gibt es in Zürich kaum leerstehende Fabrikhallen oder ähnliches. Unsere Stadt hat seine wenigen Industrieruinen, welche sich halt doch für tolle Clubs anbieten würden, lieber abgerissen und baut darauf teure Wohntürme oder saniert sie für ausländische Firmen. Wird wohl auch bei den frei werdenden SBB-Arealen so herauskommen. Das heisst, die junge Generation braucht viel Kapital, um mit anderen Mietern/Käufern konkurrenzieren zu können und die Anfänge zu überstehen, oder muss sich vermehrt in die Agglo zurückziehen, was ja für die ZH-Clubszene bekanntlich auch als eine Sünde angesehen wird. Wie siehst du das?