Migros und Coop mischen im Nachtleben mit

Mit ihren Franchising-Systemen können Coop und Migros nachts Alkohol verkaufen und von Zürcher Partygängern profitieren.

Ein 24-Stunden-Shop an der Langstrasse. Bild: Patrick Hürlimann

Wer an der Langstrasse oder im Niederdorf nach Mitternacht noch einkaufen möchte, braucht nicht lange zu suchen. 24-Stunden-Shops machen das städtische Leben nicht nur bequemer, sie sind auch ein Herd für Probleme: Mit dem Verkauf von günstigem Alkohol bis spät in die Nacht sorgen sie dafür, dass vor allem im Sommer viele Langstrasse-Besucher nicht in Clubs oder Bars gehen, sondern auf der Strasse feiern. Mit entsprechenden Folgen für die Anwohner: Während Clubs gesetzlich verpflichtet sind, Lärmschutzvorrichtungen zu installieren, werden die Betreiber von 24-Stunden-Shops nicht in die Pflicht genommen. Gleich verhält es sich mit dem Littering.

Die rechtlichen Anforderungen an diese Shops sind sehr locker. Um Alkohol verkaufen zu dürfen, braucht man ein Klein- und Mittelverkaufspatent. Um eines zu erhalten, braucht man nur handlungsfähig im Sinne des Gesetzes zu sein. Zudem: Nachtarbeit zwischen 23 und 6 Uhr und Sonntagsarbeit sind zwar untersagt, dieses Verbot gilt aber nicht für Familienbetriebe. Wer nun denkt, dass somit nur Private vom 24-Stunden-Detailhandel profitieren, liegt falsch: Auch Coop und Migros mischen mit ihrem Coop-Pronto-respektive Migrolino-Franchising kräftig mit. Migros und Coop bezahlen die Einrichtung, stellen den Betreibern Marke und Konzept zu Verfügung, bilden den Franchisenehmer aus und bieten Unterstützung im Geschäftsalltag. Der Franchisenehmer braucht bloss Geld auf den Tisch zu legen und für seinen Betrieb sämtliche Produkte beim Grossverteiler zu beziehen. Dank dieses Systems können auch Coop und Migros beim nächtlichen Alkoholverkauf mittun.

Neustes Beispiel für diese Praxis ist der Migrolino an der Löwenstrasse 2. Die Betreiber wollen offenbar von ihrer Lage zwischen den Clubs Kaufleuten, Jade und Vior profitieren. Bereits jetzt überschreiten sie die vorgeschriebenen Schliessungszeiten um 23 Uhr und stellen am Wochenende Alkohol ins Schaufenster. Nun haben die Chefs dieses Migrolino eine Bewilligung für einen 24-Stunden-Betrieb beantragt. Ein gefährliches Spiel: Dadurch könnte an dieser sensiblen Adresse ein Teil des nächtlichen Trubels nach draussen verlagert und Langstrasse-Verhältnisse im Kleinen geschaffen werden. Der orange Riese sieht sich (noch) nicht in der Pflicht: Gemäss Migrolino-Pressestelle will man erst einmal abwarten.

5 Kommentare zu «Migros und Coop mischen im Nachtleben mit»

  • Grob sagt:

    Alles unnötig. Tragisch für die Anwohner
    Lärm und Dreck

  • Peter Chylewski sagt:

    Wieso wurde mein Kommentar blockiert?

  • Peter Chylewski sagt:

    Gottlieb Duttweiler dreht sich im Grab um.

  • Dani Meiner sagt:

    Zu einer lebendigen Stadt gehören auch 24-Stunden-Shops. Nur weil ein paar der nächtlichen Kunden Probleme und Lärm machen, ist dies kein Grund für Stimmungsmache gegen liberale Öffnungszeiten. Hier strengere Regel einzuführen (ausser solche zum Schutz der Mitarbeiter) ist lediglich Symptombekämpfung und bestraft die falschen Leute. Nämlich alle anständigen Kunden, die z.B. auf dem Nachhauseweg vom Ausgang noch ein Sandwich oder ein Bierchen kaufen wollen, oder im Sommer draussen mit einer Flasche Wein das schöne Wetter geniessen! Ich kann es zwar nachvollziehen, dass die Clubbetreiber keine Freude haben, wenn vor der Clubtüre billige Getränke verkauft werden. Zu einer richtigen Stadt gehört dies aber halt einfach dazu und hat genauso seine Daseinsberechtigung wie Clubs.

    • Kurt Pohl sagt:

      @D. Meiner: Leute, „die auf dem Nachhauseweg vom Ausgang noch ein Sandwich oder ein Bierchen kaufen wollen, oder im Sommer draussen mit einer Flasche Wein das schöne Wetter geniessen“ hat leider nur wenig mit der Realität der 24-Stunden-Shops zu tun. Die allermeisten Leute decken sich dort mit sehr viel günstigem Alkohol ein, trinken diesen im fremden Wohnquartier, bevor sie in die Clubs verschwinden oder gleich wieder nach Hause gehen. Den zum Teil enormen Müll lassen Sie meist liegen. Wenn wir am Sonntag durchs Quartier gehen, haben diese Läden zu und wir sehen, was von „liberalen Öffnungszeiten“ übrig geblieben ist. Dass Alkohol über die Nacht verkauft wird, gehört selbstverständlich zu einer Stadt. Dass Coop, Migros+Co aber nur für die Einnahmen verantwortlich sind, stört trotzdem.

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