Bitte liebt mich

Auf der Suche nach Kontrolleuren: Der Blick aus dem Fenster gerichtet. (Bild: Keystone/Manuel Lopez)
Für das kommende Jahr habe ich mir drei Dinge vorgenommen: Ich will endlich einmal das Zehnfingersystem lernen. Mein Schwachpunkt ist die Umschalttaste. Ich erwische die mit meinen Wurstfingern nie und lande auf der Feststelltaste. Ich schreie dann im Büro. Wenn ich in der Nacht von zu Hause arbeite, wecke ich meine Frau und brülle sie an. Im nächsten Jahr will ich weibliche Comedians und generell Schweizer Komiker lustig finden. Ich will lernen, wo sich der Witz befindet und an welcher Stelle gelacht werden muss.
Für 2019 habe ich mir auch vorgenommen, nicht mehr schwarzzufahren. Dieses Jahr habe ich das nämlich gemacht, liebe VBZ. Tagein, tagaus. Ich guckte immer aus dem Fenster und habe die Menschen an der Haltestelle analysiert: Befindet sich da ein Kontrolleur-Pärchen?
Ich will hier keine Anleitung für Schwarzfahren geben. VBZ-Kontrolleure erkennt man aber am besten an ihrer Unscheinbarkeit. Sie tun so, als wären sie normale Menschen. Ich kenne diesen teilnahmslosen Blick sehr gut. Ich setze ihn dann auf, wenn ich am frühen Morgen an einem Fenster vorbeilaufe, wo sich eine Frau entkleidet. Mein Kopf sagt: «Lechz», mein Gesichtsausdruck sagt: «Billettkontrolle!»
Generell will ich mehr geliebt werden. Ich habe nämlich nicht so viele Freunde, müssen Sie wissen. An meinem 40. Geburtstag habe ich nur von meiner Frau Glückwünsche bekommen. Die Kinder haben mir irgendetwas Unpraktisches gebastelt. Ja, ich erinnere mich. Ein Holzbild mit Nägeln. Von meiner Frau habe ich Chips und zwei Kinogutscheine bekommen. Wie schaffen das die anderen? Manchmal sitze ich im Tram neben dem Fenster (um Kontrolleure zu erspähen). Neben mir ist noch frei. Aber die Leute stehen lieber dicht gedrängt, als sich neben mich zu setzen.
Was ist los mit euch? Ich dusche mich abends mit Seife. Ich habe nur ein bisschen Mundgeruch und fummle nicht herum. Auch in der Synagoge sitze ich häufig alleine. Dabei singe und bete ich lautstark mit. Manchmal lauter als der Vorbeter. Auf Facebook habe ich fünf Freunde. Und die habe ich nur gekriegt, weil sie mir von Facebook empfohlen wurden. Mein bester Freund ist Mohd Asri Pelah aus Kota Kinabalu. Ich verstehe ihn kaum, aber das macht wahre Freundschaft aus. Habe ich mal gelesen, irgendwo.
7 Kommentare zu «Bitte liebt mich»
Lieber Herr Frenkel,
bin ich die Erste, die schreibt, dass wir Sie immerfort und immerzu lieben werden? Sie haben eben sehr diskrete Freunde, die es kaum wagen, zu dieser ihrer grossen Liebe öffentlich zu stehen. Frau Schneider tut es nun…
Wenn Sie 2019 Schweizer Comedians lustig finden wollen, steht Ihnen ein trauriges Jahr bevor. Ich habe das längst aufgegeben und lese lieber Ihren Blog.
Liebe ist eh nur die Projektion dessen was er/sie als solches versteht. auf ein fixiertes Ziel. Diese Illusion ist im besten Fall eine unerfüllte hoffung, im schlimmsten eine Wahnvorstellung mit Realitätsverlust. Nicht so tragisch wenn man davon verschont bleibt. Man muss Prioritäten setzen, und das geniessen was man durch das nicht-erfüllen müssen geniesst. Freiheit.
tja. Man braucht sich bloss die dümmlich-feindseligen-„ich darf alles und kann alles“-Texte dieses Herrn durchzulesen, um zu verstehen, weshalb nicht mal seine Frau was mit ihm zu tun haben will. Die Kinotickets waren wohl für 2x Kinobesuch für ihn allein gedacht, nicht etwa mit ihr zusammen.
Wenn ich Sie im Tram sehe, werde ich mich neben Sie setzen. Ich wünsche aber, dass Sie mindestens so weit fahren, wie ich fahre, damit ich mich nicht Ihretwegen erheben muss. Ich denke, das sei nicht zu viel verlangt.
Lieber Beni Frenkel, ich bin eine Freundin Ihrer Kolumnen. Sie bringen mich mit Ihrem kruden, originellen und bisweilen skurrilen Humor immer wieder zum Schmunzeln. Darum freue ich mich auf weitere ungewohnte Gedankenstränge mit entsprechend unerwarteten Rückschlüssen. Ein gutes 2019!
Lieber Beni, also hier, ich würde mit einem wie dir schon noch ein Bier trinken gehen! Also nur ein Bier… nicht das noch denkst und so! Muss man heute vorsichtig sein. Ich heisse auch nicht wirklich Peter. Das ist nur mein Pseudonym hier. Weil die Leute sind manchmal seltsam und jemand sagte mir, nenne im Internet nie deinen richtigen Namen. Aber wir kommen vom Thema ab. Ja, ein Bier. Du meldest dich, wenn du mal über Gott, die Welt und Kolumnen quatschen magst! 😉 Dein Peter… oder so ähnlich irgendwie.