Clubs müssen Volkszorn ernst nehmen

Zürcher Clubnächte sind für junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren oft unerschwinglich. Ein Grossteil der Massen deckt sich deshalb günstig mit Alkohol in Shops ein.

Ausgang am Wochenende: Jugendliche im Langstrassen-Viertel. (Foto: Urs Jaudas)

Zürcher Clubnächte sind für junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren oft unerschwinglich: Mit dem Eintritt und Longdrinks für 17 Franken kommt man schnell auf 100 Franken. Lange geisterte die Forderung herum, auch Menschen unter 25 Jahren müssten feiern können. Deshalb führte die Stadt die Jugendbewilligung für Outdooranlässe im öffentlichen Raum ein. Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren können eine entsprechende Bewilligung beantragen.

Seit der Genfer Attacke auf eine Frauengruppe Anfang August hat sich viel geändert. Nun werden Statistiken präsentiert, die besagen, dass die Gewalt an Frauen zwischen 15 und 24 Jahren im öffentlichen Raum seit 1996 stark zugenommen habe (bei Frauen über 24 stagniert sie) und dass man die Clubs und Bars in die Pflicht nehmen und den Alkohol verteuern soll. Ein guter Ansatz, aber man sollte erst die 24-Stunden-Shops ins Visier nehmen, die just in dem Zeitraum aufgekommen sind. Und nicht nur die: In Zürich-West und an der Langstrasse bietet Coop Pronto auch samstags bis abends um 23 Uhr günstig Spirituosen an. Selbst die Migros hat in ihren Migrolino-Shops die Abstinenz über Bord geworfen.

Vor allem an den Sommerwochenenden geht ein Grossteil der Massen an der Langstrasse gar nicht in die Nachtlokale, sondern deckt sich günstig in einem dieser Shops ein und feiert dann auf der Strasse. Oder trinkt sich vor dem Bar- oder Clubbesuch einen billigen Schwips an. Jedoch ist das Nachtleben für viele ein einziger, grosser Brei, und was da gut sichtbar obenauf schwimmt, sind die Bars und Clubs. Sie wären gut damit beraten, den aktuellen Volkszorn ernst zu nehmen und wieder mal klarzustellen, dass sie bei Gewalt Nulltoleranz pflegen und Zivilcourage fördern. Insbesondere bei jener Frauen gegenüber haben sie in letzter Zeit und mit dem Luisa-Projekt entsprechende Schritte unternommen.

Aber eventuell gehen die nicht weit genug: Die grosse Mehrheit der Bevölkerung unterscheidet nicht zwischen Gewalt im öffentlichen Raum und Gewalt im Clubbing. Sollte sich die Stimmung weiter aufheizen, sind es die von Securitys überwachten Clubs, die keine Männer unter 21 Jahren reinlassen und den Longdrink für mindestens 15 Franken verkaufen, die als Erstes unter die Räder kommen.

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