Mayonnaise und Gurken

Zuerst kam die Kündigung, anschliessend der Abschiedsapéro und dann die Idee vom Männer-Kochbuch. Mit einfachen, gesunden Zutaten.

Mit dem 200-Franken-Gutschein zu Jelmoli. (Foto: Tages Anzeiger)

Als ich vor zwei Jahren die Kündigung kriegte, ging ich durch ein Wellenbad der Emotionen. Ich war am Boden zerstört und bekam Existenzängste. Wie soll ich nun Miete und Krankenkasse bezahlen? Nicht nur um mich hatte ich Angst, sondern auch um meine Frau und die vielen (drei) Kinder. Bei meiner Frau war ich zudem unsicher, wie sie auf die Entlassung reagieren wird. Würde sie mich bei allfälligen Rollenspielen überhaupt noch ernst nehmen, wenn ich den erfolgreichen Boss spielte?

Andererseits freute ich mich auf den letzten Arbeitstag. Da erhalten die Entlassenen immer ein Couvert mit Geldnoten. Ich arbeitete in einem Grossraumbüro mit 50 Angestellten. Wenn jeder 10 oder 20 Franken in das Couvert steckt und der Chef vielleicht 100, dann kommt da viel zusammen.

Am letzten Tag habe ich dann Salznüsse und Orangensaft gekauft und einen kleinen Apéro organisiert. Ständig habe ich an die vielen Geldnoten gedacht. Der Chef kam auch noch vorbei und hielt eine kleine Rede. In der Hand hielt er das Couvert. Am Ende der Rede mussten wir alle klatschen. Ich bekam noch eine Whiskyflasche und endlich das Couvert. Ich sagte: «Das wäre doch nicht nötig gewesen!» Dann zog ich eine Karte hervor: 200 Franken Gutschein beim Jelmoli.

Ich lächelte tapfer und ging im Kopf die Namen der Kollegen durch. Jeden einzelnen verfluchte ich. 200 Franken? Jelmoli? Was soll ich dort?

Am Dienstag ging ich zum ersten Mal in den Jelmoli. Als Erstes sind mir die vielen Verkäuferinnen aufgefallen. Sie stehen Spalier und verkaufen Parfüms. Die armen Geschöpfe lächeln die Kunden an und reiben sich ihre Handrücken mit den Wässerchen ein.

Ich nickte ihnen zu und versuchte sie aufzuheitern. Dann bin ich mit der Rolltreppe runtergefahren. Ich wollte mich nämlich verwöhnen.

Mir ist aufgefallen, dass ich zu Hause nie murre, wenn die Frau kocht. So war das auch schon, als ich noch bei meiner Mutter gegessen habe. Ich kenne viele Männer, die gleich ticken wie ich. Wir trinken Smoothies und essen Rohkost. Weil es uns schmeckt? Nein, weil wir nicht streiten wollen.

Mir schwebt schon lange ein Männer-Kochbuch vor. Einfache, gesunde und frische Zutaten. Lecker zubereitet, mit viel Liebe und Komplimenten. Mein erstes Rezept stelle ich heute schon vor. Ich kenne mich nicht so gut aus in der Kochsprache. Ich glaube, man muss vor allem im Konjunktiv schreiben:

Man nehme einen Teller und lege ihn auf den Tisch. Mit der Hand sortiere man Chips aus, die nicht beschädigt sind. Etwa zwölf Stück. Dann spritze man Mayonnaise auf die Chips. Anschliessend lege man vorsichtig eine Essiggurke auf die Chips. Ich empfehle die kleinen, dünnen Cornichons.

So, Essen ist fertig. Um das Ganze abzurunden, kann man noch eine Serviette dazulegen. Ich habe übrigens ein Blatt Papier genommen und hingeschrieben: «Für einen sehr lieben Menschen». Als ich die Widmung gelesen hatte, musste ich mit den Tränen kämpfen.

Vielleicht kann man den Teller noch in die Mikrowelle oder in den Ofen stellen. Zum Essen empfehle ich kaltes Bier oder eine Cola. En Guete!

Die Stadtblog-Kolumnisten sind vom 16. Juli bis am 26. August in den (leicht verlängerten) Sommerferien. Während dieser Zeit erscheint hier ein Best-of von bereits publizierten Blog-Beiträgen.

Ein Kommentar zu «Mayonnaise und Gurken»

  • KMS a PR sagt:

    …..rollenspiele….?! 🙂
    sie dürfen mein paraderezept zur vermeidung von gästen an feiertagen hiermit offiziell verwenden:
    zur vorspeise salzstangen gefolgt von einem blutigen steak und einer flasche jack. danach die obligate zigarre mit 1/2 liter armagnac. vorzugsweise auf dem wc zu geniessen. (um die frau nicht zu verärgern).

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