MacGyver und Kugel-Werni

Wie eine perfekte Cervelat schmecken muss – und was das mit MacGyver und einem Kindergeburtstag zu tun hat.

Kugelstosser Werner Günthör bei der Weltmeisterschaft 1993. (Foto: Imago)

Der Junge hatte am Sonntag Geburtstag. Zum Fest hat er nur einen Freund eingeladen. Das hat mich sehr gefreut. Weniger Gäste bedeuten weniger Kosten. Und weniger Kinder bedeuten weniger Lärm. Wir haben sogar einen kleinen Gewinn gemacht: Der Gast hat ihm ein Lego-Geschenk im Wert von 21.90 Franken gemacht. Die Auslagen für die Geburtstagsparty beliefen sich aber nur auf 15 Franken.

Um die Kosten tief zu halten, haben wir nämlich auf einen Clown verzichtet. Stattdessen bin ich mit den beiden Jungs an die Sihl gegangen und wollte dort grillieren. Die Sihl ist häufig braun und schmutzig. Erst hinter dem Platzspitz mündet der Fluss in die klare Limmat.

Wer grilliert, steht immer unter Beobachtung. Alle Männer gucken zu und denken sich: So ein Schwachkopf, das wird nie ein Feuer. Ich habe darum eine Packung Anzündwürfel und viel Holzwolle mitgenommen. Wer damit kein Feuer hinkriegt, ist tatsächlich dämlich. Ich bin nicht dämlich. Ich habe auch noch Hurrican Matches mitgenommen. Das sind Streichhölzer, die immer brennen. Immer. Im Sturm, im Wasser. Immer. Auf Youtube habe ich einen Film gesehen, wie ein Abenteurer damit Feuer macht.

Ich will, dass mein Sohn zu mir hochschaut. Ich habe ihn und seinen Freund zum Fluss geschickt und sie gebeten, einen Fisch zu fangen. In der Zwischenzeit habe ich Holzwolle und Anzündwürfel in Papier verpackt. Dann habe ich meine Hurrican Matches genommen und ein riesiges Feuer gemacht. Die Flammen schossen nur so in die Höhe. Schnell warf ich die Cervelats in das Feuer. Innert Sekunden wurden sie schwarz, und es duftete herrlich nach Fleisch.

In der Zwischenzeit kamen die Jungs wieder zurück: Es gibt keine Fische in der Sihl, nur kleine Frösche. Nicht so schlimm, sagte ich ihnen. Essen ist fertig. Wo? Da, im Feuer! Vorsichtig kickte ich die Würste aus dem Feuer.

Achtung, heiss, sagte ich ihnen. Mit dem Plastikmesser schmierte ich viel Mayonnaise auf die Wurst und biss herzhaft hinein. Herrlich! Aussen war der Cervelat superheiss, aber innen angenehm kühl. So müssen Cervelats schmecken. Zuerst ohne Hilfe ein Feuer entfacht und dann tolle Würste gebraten – ich fühlte mich wie der Bruder von MacGyver.

Fröhlich ging ich zum Fluss und schaute den vielen Kindern zu, wie sie vergnügt im Wasser tobten. Sie warfen Steine auf die Frösche. Frösche werden von vielen auch Froschlurche genannt. Ich schüttelte den Kopf. Mit so kleinen Steinen trefft ihr die Tiere niemals, dachte ich. Wie würde wohl MacGyver Frösche töten? Da bemerkte ich einen Stein, so gross wie der Unspunnenstein. Den könnte nicht einmal MacGyver aufheben; höchstens mithilfe einer Klo-Rolle, einer Sicherheitsnadel und eines Kaugummis.

Werner Günthör schon. Der könnte den Stein sogar bis zum anderen Ufer werfen. Werner Günthör! Das ist mein anderes Jugendidol aus den 80er-Jahren. Vielleicht bin ich heute MacGyver und Werner Günthör! Vorsichtig fasste ich den Stein an. Mit martialischem Geschrei – wie Werni – schmiss ich das Ungeheuer einen Meter in den Fluss.

Mein Sohn guckte mich verzaubert an. Mein Vater! Ja, dein Vater.

Die Stadtblog-Kolumnisten sind vom 16. Juli bis am 26. August in den (leicht verlängerten) Sommerferien. Während dieser Zeit erscheint hier ein Best-of von bereits publizierten Blog-Beiträgen.

4 Kommentare zu «MacGyver und Kugel-Werni»

  • Philipp M. Rittermann sagt:

    gut. da ist jetzt bei mir persönlich die schmerzgrenze erreicht, herr frenkel. man tötet vorsätzlich keine tiere, ausser man isst sie. das gilt auch für frösche. NICHT lustig, und schon gar kein grund darauf stolz zu sein. sie sollten ihre „vorbildfunktion“ überdenken, definitiv.

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