Leimbach finanziell unterstützt

Um nach Leimbach zu gelangen, muss man nur die Verkehrsmittel richtig kombinieren.
Ich halte Vorworte für eine Literaturform des Überflüssigen. Sehr selten steht im Vorwort etwas Wichtiges. Die beiden beliebtesten Bücher, die Bibel und das Telefonbuch, kommen gleich zur Sache: «Am Anfang war das Wort», bzw. «AAAAAAAAAAAA24h-Master-Key 24 Std. Schlüsseldienst».
Eine Ausnahme sind die alten «Lustigen Taschenbücher». In «Hallo… hier Micky!» steht im Vorwort ein wunderschöner Satz: «Beim Lesen der folgenden vier Geschichten werden Euch die Augen übergehen!» Doch bei allen anderen Büchern darf man das Vorwort sorgenlos überspringen.
Letzten Sonntag wollten wir einen Ausflug ins schöne Leimbach unternehmen. Ich ging zum Bücherschrank und pickte die Stadtkarte «Zürich zu Fuss, mit ÖV und Auto» hervor. Alt-Stadträtin Ruth Genner schrieb dazu ein Vorwort. Auf dem Bild grinste sie mich an, wie es nur Ruth Genner kann. Was kann man Wichtiges in einem Vorwort zu einer Stadtkarte schreiben? Mir fällt da nichts ein. Ihr schon: «Die vielen Mobilitätsinformationen zeigen Ihnen auf, wie Sie die verschiedenen Verkehrsmittel am besten kombinieren.»
Wir kombinierten Velo und Bus, um Leimbach zu erreichen. Von der Migros aus führte ein sehr steiler Weg nach oben. Die Mädchen jammerten ab Meter 50. Der Junge schlug mit einem Stecken auf den Boden. Ab Meter 100 musste ich drei Rucksäcke tragen.
Im Wald zeigte ich immer wieder auf die Schachtelhalme: «Die sind älter als die Dinosaurier!» Das habe ich an der Pädagogischen Hochschule nämlich gelernt. Der Kursleiter, ein ausgebrannter Ex-Primarschullehrer, gab uns damals den Tipp, die Kinder mit schlauen Informationen zu unterhalten. Der Junge haute die Schachtelhalme mit seinem Stecken tot.
Dann kamen wir beim GZ Leimbach an. Eine russische Festgesellschaft mietete den Raum. Atemberaubend schöne Frauen wirbelten herum. Ich musste aufpassen, dass mir die Augen nicht übergingen. Ich wollte gerne noch ein bisschen bleiben, aber die Frau zog mich weiter.
Unser Ziel: der Leimbihof. Dort gibt es Bier und Glace. Wir benötigten etwa 90 Minuten, um den Bauernhof zu erreichen. Die Mädchen schrien vor Entzücken. Vor drei Wochen kamen mehrere Dutzend Hasenkinder auf die Welt. Wirklich süss. Das grössere Mädchen fragte die Bäuerin, ob sie eins abkaufen dürfe. Nein, war die Antwort, die werden später alle geschlachtet.
Ich habe das nicht richtig mitbekommen, ich trank schon mein Bier. Ein alter Mann wollte mit mir reden. Halt so eine Plaudertasche. Er sei begeisterter Gleitschirmflieger, meinte er stolz. «Guck, da oben!» Ja, was ist dort? «Da kraxle ich jetzt hoch und springe runter!» Ich wünschte ihm alles Gute.
Die Mädchen rannten heulend auf mich zu: «Bäh. Hasen, tot. Bald. Soooo süss. Weltuntergang!» Ich dachte an den ausgebrannten Ex-Lehrer und kaufte ihnen ein zweites Glace. Mädchen wieder glücklich, Weltuntergang abgewendet, Leimbach finanziell unterstützt.
2 Kommentare zu «Leimbach finanziell unterstützt»
Hallo Beni Frenkel
Toller Text! Wollte ihre Kids nicht erschrecken. Aber so ist auch das Landleben hier in der Stadt.
Hoffe ihre Kinder besuchen den Leimbihof trotzdem wieder einmal…
Herzliche Grüsse „die Bäuerin“
leimbach ist aber nicht schön. aber ich wusste nicht, dass es dort wald gibt. dann habe ich gegoogelt. es gibt einen friedhof. der jüngste innerhalb züri. und die reihenhausteile sind genossenschaftswohnungen. also wohnen dort sozis und sonstige hippies. immerhin gibt es noch zwei (christliche) kirchen. die sind aber wahrscheinlich schlecht besucht. bewohner von genossenschaftswohnungen gehen nicht in (christliche) kirchen. bez. infrastruktur gibt es nur die sihltalbahn. die ist dann auf diesem abschnitt wahrscheinlich auch voll von hippies. bööh. das gibt ja alles bloss depressionen.