Hupets?!

Dem eigentlich Pfauen-stolzen Land Argentinien (dieses Prachtsexemplar lebt übrigens in einem Zoo in Rumänien) geht es schlecht, und der Fussball ist daran mitschuldig … dafür entstehen aus dieser Melancholie heraus viele erschütternde Tango-Nuevo-Melodien. Foto: Keystone
Es war Donnerstag um 21.37 Uhr – also kurz nach dem ebenso historischen wie traurigen Moment, in dem durch das 2:0 von Kroatiens Mittelfeldstar Luka Modric mit würgender Wahrscheinlichkeit besiegelt wurde, dass einer der grössten Fussballer der Geschichte niemals eine bedeutende Trophäe für sein Land würde gewinnen können; ein Land, eigentlich stolz wie ein Rad schlagender Pfau (wobei gewisse Zoologen ja anzweifeln, dass dieses Getue… halt, sorry, das hat hier nichts verloren) wieder einmal im Staub liegt wie ein ausgeknockter Jahrmarktsboxer und in dem nun, da die bekanntlich zuletzt sterbende Hoffnung bereits im Koma liegt, die melancholischsten Tango-Nuevo-Melodien komponiert werden, die diese Welt seit dem Tode von Astor Pantaleón Piazzolla, dem «Godfather» des Genres, gehört hat –, als ich in der Calvados-Bar, wo ich im Kreis von Kumpels den argentinischen Untergang mitverfolgte, am rechten Pissoir stand und gedankenleer die Wand anstarrte.
Ich hatte enorm Wasser getrunken, weshalb das Geschäft an der Schüssel dann etwas länger dauerte. Und ich unversehens die Möglichkeit hatte, die Klebebilder auf der Wand zu studieren. Und da sich die Farbenpsychologie niemals austricksen lässt, blieb mein Blick logischerweise am roten Chläbi hängen. Darauf war zu lesen: «600 Franke Lehrlingslohn? Hupets?! Lernendenkollektiv.ch».
Als Erstes dachte ich: «Lernendenkollektiv? Nie gehört.» (Ich hab nachgeschaut: Junge Lernende setzen sich für bessere Arbeitsbedingungen während der Lehre ein, e Supersach!) Dann dachte ich: «Hupets?! Jugendslang, I like!» Und direkt danach dachte ich: «Dammisiech, stimmt! Die hupen ja gar nicht mehr!» Also die Fussballfans, mein ich, nach den WM-Siegen ihrer Teams… jedenfalls nicht in Wiedikon.
Klar, in Wollishofen tun sies auch nicht. Doch da war das auch nie Usus, genau wie in Albisrieden, Schwamendingen, Unter- und Oberstrass, Höngg, Hottingen oder am Züriberg. Und in Altstetten, hört man, hätten sie Schiss, ein SVP-Naher könnte eine Ladung Schrot auf ihre Karre abfeuern oder nachts deren Pneus meucheln. Aber hier bei mir in Wiedikon, wo ich schon mehr als 20 Lenze lang Heim und Herd habe, da war das Tradition!
Liegt es an all den fancy Bars und Restaurants, an der hippen Gelateria und den gmögigen Biolädeli, die das «Drüü» vor allem in den letzten paar Jahren «bereichert» haben? An der Verkehrsberuhigung, die eine andere (nein, ich habe nicht gesagt «bessere»!) Mieterqualität nach Wiedikon brachte? Haben Kroaten, Portugiesen, Spanier usw. einfach keinen Bock, ihre überbordende Freude in diesem merklich aufgebrezelten Stadtteil rauszuhornen?
Keine Ahnung. Was ich aber weiss: Mir fehlt was. Und so flehe ich ihn nun an, den gemeinen WM-Sieg-Huper, und sage mit einer Songzeile von Stephan Eicher: «Oh bitte, bitte komme zurück, komm zu mir zurück!» (Ideal wäre ein kleiner Corso rund um den Chindsgi an der Zurlinden- und Sihlfeldstrasse, da würde ich es ausgezeichnet hören.)
2 Kommentare zu «Hupets?!»
Fakenews vom Profi . Danke Geschichte !
Also der Kalkbreitestrasse entlang hats gehörig gehupt!