Hey, mach Platz!

Eine gigantische Turbinenbräu-Buddel auf dem Turbinenplatz (hier in einer Aufnahme von 2006), aus der man Tag und Nacht Bier zapfen kann? Eines der möglichen Schreckensszenarios, die in diesem Beitrag thematisiert werden. Foto: Keystone
Dieser Beitrag kommt zu spät. Etliche Wochen. Was daran liegt, dass er mir erst letzten Freitag einfiel, vier Zeilen vor Schluss des damaligen Beitrags. Sorry! Wäre er zeitig erschienen, hätte er die Abstimmung um den Sechseläutenplatz markant beeinflusst, in die eine oder in die andere Richtung (eine präzisere Prognose ist in einer Epoche, da wir selbst wegen einer inexistenten Sihlflutwelle reagieren wie ein überhitzter Aktienmarkt, leider schier unmöglich).
Anyway, jedenfalls ist es jetzt zu spät, da der Anteil der Briefabstimmer wegen des befürchteten Renn-Chaos diesmal besonders hoch sei, wie man hört. Eine blümerante Erklärung, wie ich finde, gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die meisten von uns am Knabenschiessen oder sonst einer Kirmes schon mal voller Spass Tütschiauto gefahren sind – und diese Dinger sind faktisch ja nichts anders als die ungelenken Vorläufer der Boliden, die nun bei diese E-Sause herumkurven.
Damit zum Thema: Es geht um die Frage, was andere städtische Plätze «empfinden», wenn auf allen Kanälen über den Sechseläutenplatz debattiert wird. Klar, dass Plätze tatsächlich in einem quasi-menschlichen Sinne betrübt oder fröhlich sein können, müsste erst noch bewiesen werden – doch sie besitzen, in ethischer Betrachtungsweise, eine Art Integrität. Oder im esoterischen Jargon: eine Aura.
Diese wird durch die Initiative «Freier Sechseläutenplatz» havariert. Auf legitime Weise, das steht ausser Debatte. Doch was, wenn das Beispiel Schule macht? Und andere engagierte Menschen für andere wichtige Plätze andere eigenartige Ideen entwickeln?
Die Freunde des Tessinerplatzes fänden plötzlich (und zu Recht!), Piazza Ticinese klänge doch viel mondäner. Eine Horde ZSC-Lions-Fans würden fordern: «Bei jedem Titel gibts fortan ein dreitägiges Fest auf dem Löwenplatz, gesetzlich verankert!» Die IG Hirschenplatz hätte den Plan, die nationale Jagdsaison fortan ebenda zu lancieren, wobei sich, ähnlich wie der Gastkanton am Sechseläuten, ein Weidmannstrupp näher vorstellen dürfte (beginnen könnte ja der Jägerverein Piz Grisch mit dem «beliebten öffentlichen Munggenschiessen», das er gemäss seiner Website seit 1960 alle vier Jahre durchführt).
Irgendwann schlägt der Turbinenbräu-Typ vor, auf dem Turbinenplatz eine gigantische Bierbuddel aufzustellen, aus der, wie früher das Mineral aus dem Aqui-Brunnen, rund um die Uhr «Sprint» gezapft werden kann. Der Bergclub Rigiplatz verlangt: «Wo Rigi draufsteht, muss Rigi sichtbar sein!» – und initiiert einen Aussichtsturm mit freiem Blick zur Innerschweiz.
Und zu unguter Letzt würde eine demofreudige Gruppierung mit Balkanhintergrund den radikalsten Vorschlag machen und mit dem (von einem lustigen Jungwerber kreierten) Slogan «Hey, mach Platz!» vom Volk den Bau einer asphaltierten Freizone verlangen, die sie exklusiv für ihre plus-minus politischen Kundgebungen nutzen kann.
Hat was, dieses Szenario, nicht? Doch eben, doof, es kommt zu spät.
Ein Kommentar zu «Hey, mach Platz!»
Züri mit Ts zu schreiben ist affektiert originell. Ohne Bezug zur Realität – von nichts abgeleitet, kein Slang, kein Swing. Auch keine Association löst das aus. Oder am ehesten erinnert mich das an Sackgumpen. Irgend etwas unnatürlich behinderndes. Etwas das nicht rollt, sondern stürchelt. Aber hey klar. Immerhin ist es anders.