«Bonne nuit, Bonsoir!»

Ein Club hat eine natürliche Lebenszeit. Irgendwann ist Lichterlöschen.
Das Berner Bonsoir ist nicht mehr. Kein anderer Club hat das Image des Hauptstadt-Nachtlebens in diesem Land emsiger poliert, als dieses kleine Lokal an der Aarbergergasse 10.
Das scheint auch dringend nötig: «Ach Bern… entweder bist du ein vermummter Steineschmeisser oder ein beminirockter Kardashian-Abklatsch – für alle dazwischen gibt’s da keine Ausgehmöglichkeiten.» Schickimicki oder autonom, also. Oder zuhause bleiben.
Stimmt natürlich nicht. Das Bonsoir war nur ein Berner Club, der sich an unterschiedliche soziale Gruppierungen gewandt hat. Andere, beispielsweise das Kapitel Bollwerk, tun dies weiterhin. Bonsoirs Arci Friede war am Donnerstag bei SRF 2 zum Interview und hat für die Hauptstadt-Nächte Düsteres prognostiziert: «Wer heute in Bern überleben will, ist fast gezwungen, kommerziell zu programmieren».
Deshalb ziehe es heute Clubgänger nach Zürich in den Ausgang, wo das Angebot vielfältiger sei. Aber nicht nur das Berner, sondern das Nachtleben im ganzen Land habe mit enormen Problemen zu kämpfen: Zu hohe Gagen für ausländische DJs, Lärmklagen in immer stärker gentrifizierten Stadtteilen, steigende Mieten, eine Jugend die lieber Yoga macht anstatt sich die Nacht um die Ohren zu schlagen, etc. Selbstverständlich ist der Beitrag bei SRF 2 Kultur schlussendlich auch noch beim Clubsterben-Gespenst gelandet. Das wird ja jedes Mal aus dem Schrank gelassen, wenn ein Club dichtmacht.
Es wird langweilig. Nein, halt… es ist längst langweilig. Clubs eröffnen, Clubs schliessen. Dass die Öffentlichkeit Closings viel intensiver mitschneidet als Eröffnungen, liegt einzig und alleine daran, dass ein Lokal am Ende seines Weges eine Community hat, eine Geschichte. Es geht nicht «nur» ein Gastrobetrieb, es geht ein Ort an dem Erinnerungen generiert wurden. Jedoch: Geht einer, geht ein anderer auf. Das war schon immer so, das ist das „Leben“ in Nachtleben.
Dem Schweizer Nightlife geht es gut, viel besser als noch vor zwanzig Jahren. Auf der Langstrasse toben die Massen und einige Clubs schreiben Rekordzahlen. Alles ist freier geworden und Bewilligungen werden grosszügiger erteilt. Der Szene geht es gar so gut, sodass sie auf ein gemeinsames Miteinander wider die behördliche Gängelei verzichten und sich stattdessen in Grabenkämpfen mit der Konkurrenz und Gartenzaundenken verheddern kann.
Selbstverständlich ist es schade, wenn ein Club wie das Bonsoir schliesst. Viele Berner werden ihm nachtrauern, wie auch viele Zürcher der Dachkantine, dem Sensor, dem Oxa oder dem Aera nachtrauern. Ebensoviele werden in 15 Jahren wohl dem Hive, der Zukunft oder der Friedas Büxe nachtrauern. Nur gut wird es auch dann genügend andere geben, die wissen, dass man sich nur auf das Neue einlassen kann, wenn man das Alte loslässt. Und auch genügend Junge, die halt doch lieber auf den Dancefloor gehen als zum Yoga.
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