Die falsche Entscheidung

Die Rechnung mag den Abend auch nicht retten: Der Preis ist zu hoch für das Gebotene im Restaurant Toscano.

Der Eingang zum Restaurant Toscano im Kreis 1. (Foto: Ev Manz)

Das Drehbuch für den Abend ist geschrieben. Und es ist perfekt. Nach dem Termin in Wollishofen an den See vor der Roten Fabrik, später an der Theke des Ziegel oh Lac etwas aus der Genossenküche holen, direkt am See verspeisen und den Frühlingsabend geniessen.

Der Anfang klappt. Bier, Gazosa und jede Menge Unterhaltung. Alle sind glücklich. Dann geschieht das Unerwartete. Ein Kind vom Piratenschiff gefallen? Platzregen? Ein unerwarteter Anruf? Nein, nein, nein. Der Gemahl kommt nach einer Ewigkeit mit einem zweiten Becher zurück und mit einem hochroten Kopf dazu. «Um keinen Preis esse ich heute hier. Genug gewartet. Selbstbedienung muss besser funktionieren», wettert er. Alle Beschwichtigungen von Kultur und Kolonnenbildung helfen nicht. Die Stimmung ist im Keller, der Hunger nagt. Heimwärts? Ein neuer Plot muss her!

Am Limmatquai schlendern die Leute, als wäre es ein Lungomare von Weltrang. Ein Aussenplatz an der Sonne zu finden, der allen passt, ohne Störung, dafür mit Bedienung – aussichtslos. Doch dann steht da in der Schmidgasse der freie, weiss gedeckte Tisch vor dem Toscano. Daneben ein Kellner, der in die Sonne blinzelt. Über ihm prangt das gemalte Schild mit einer Barke am Strand. Wie vorgestellt, zwar mit Blick auf die Polizeihauptwache statt auf den See, und die Karte bietet Pasta statt Bio. Es stimmt – noch.

Beim Bestellen hat es die Kellnerin so eilig, dass sie den ohnehin schon Erzürnten nicht nach dem Essenswunsch fragt und sich dafür nicht einmal entschuldigt. Doch: Die lauwarmen Calamari (18 Fr.) schmecken ihm. Er isst auch das Auberginenpüree, obwohl er Stampf nicht ausstehen kann. Die gegrillten grünen Spargeln mit Spinat (17 Fr.) sind gut im Biss, aber geschmacklich so eintönig wie die Farbkombination. Die Kinder putzen die hausgemachten Pappardelle an Wildschweinsugo (gr. Portion 28 Fr., kl. 24 Fr.) weg wie selten etwas zu Hause. Ähnlich gierig verschlingen Touristen in der Gasse die gegrillte Dorade (45 Fr.) und die Paccheri (26 Fr.) an Steinpilzsauce mit den Augen. Das nervt.

Dann setzt sich auch noch ein Junkie an den Tisch und erzählt von «Tschuggen», die ihm das «Coci» weggenommen hätten. Die Kindern staunen, der Gemahl kocht. Da hilft nur ein Schluck Rocca Rubia (8.50 Fr./dl).

Drinnen wäre das wohl nicht passiert. Stattdessen hätte man da eng neben Zürichbergklientel gesessen, hätte den Frittiergeruch aus der Küche eingeatmet und sich über stillose Einrichtung ausgelassen. Die Rechnung mag den Abend auch nicht retten: Der Preis ist zu hoch für das Gebotene. Auf das lassen sich nur Gutbetuchte und Touristen ein. Kleinlaut bemerkt der Gemahl, das Kolonnenstehen wäre ihm doch lieber gewesen. Das nächste Mal.

Toscano
Schmidgasse 3
8001 Zürich
Mo bis Fr: 11 bis 15 Uhr, 18 bis 24 Uhr, Sa: 18 bis 24 Uhr,
So geschlossen
Website

3 Kommentare zu «Die falsche Entscheidung»

  • Jeannette und Edi Zehnder, Greifensee sagt:

    Eine so unprofessionelle Gastrokritikerin hat das Toscano nun wirklich nicht verdient – und auch kein anderes Restaurant. Am Essen hat sie nichts auszusetzen, im Gegenteil, Gemahl und Kinder essen mit Appetit – aber auch das kann nerven wenn man so richtig muffig ist. Dass es im Niederdorf Touristen gibt, und hie und da auch einen Junkie, dürfte nicht erstaunen. Nerven tut es offenbar trotzdem.
    Jedenfalls ist das Toskana eines unserer Lieblingsrestaurants, authentisch gekocht und ausgezeichneter Service. Für uns stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Übrigens sind wir (in Zürich) keine Touristen und auch nicht vom Zürichberg.
    Der Tagi sollte uns bitte in Zukunft solch unqualifizierte, schon fast bösartige Rundumschläge ersparen und keine so genervten Kritiker auf Restaurants loslassen.

  • Oliver Eschler sagt:

    Man kann einfach allen Gastgebern wünschen, dass sie nie von Gästen wie Ihnen heimgesucht werden. Abgesehen davon, dass Sie keine Ahnung vom Essen und Essen gehen haben, sind Ihre Mutmassungen genauso überflüssig wie Ihre Vorurteile gegen Bewohner eines Stadtkreises: „Wären wir drinnen gesessen, hätten wir über das Ambiente gemeckert und die Leute, die dann möglicherweise auch dort gegessen hätten, jetzt wo wir draussen sitzen, meckern wir sonst“. Dass es am schönsten Abend des Jahrs auch andere gibt, die Lust verspüren am See zu Essen, und es deshalb möglicherweise etwas Wartezeit gibt, verstehen „soziale“ Menschen wie Sie natürlich nicht. Den Verriss, den Sie hier als Restaurantkritik tarnen, ist peinliche Wichtigtuerei – und logisch soll der Kellner gratis arbeiten…

  • Tiziano Q. sagt:

    Da bezahlt man Premium-Preise und dann besitzt noch ein Junkie die Frechheit, am Nebentisch Platz zu nehmen! Und drinnen wimmelts von Bonzen. Zum Verzweifeln! Man könnte meinen, man sei in Zürich!

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