Aargauer Nächte sind kurz

Nachdem der Club «Kiste» in Baden schon um Vier schliessen muss, geben die Betreiber auf. Zürich mit seiner Nonstopp-Clubkultur ist eine zu grosse Konkurrenz.

Die Kiste-Macher geben auf und schliessen auf Ende Juni.

Letzten Montag war hier zu lesen, dass dem Club Kiste in Baden die Bewilligung für einen Betrieb bis morgens um 6 Uhr, durch das Aargauer Departement Bau, Verkehr und Umwelt wieder entzogen wurde. Die Betreiber des Clubs um Jorin Schmitz dürfen also weiterhin nur bis um 4 Uhr in der Früh Gäste empfangen. Schmitz und Kollegen haben daraufhin beschlossen, ihren Club auf Ende Juni zu schliessen. (20minuten hat berichtet)

Der Aufschrei in den sozialen Medien war enorm. In die Wut auf die Aargauer Behörden mischte sich auch Unverständnis über den Entscheid der Kiste-Macher: «Warum aufgeben? Bis 4 Uhr offen ist doch lang genug».

Ist es nicht. Die Ausgehgewohnheiten haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert: Herrschte früher in den Clubs bereits um 23 Uhr Hochbetrieb, so öffnen heute etliche erst um Mitternacht. Insbesondere in House- und Techno-Locations sind die Tanzflächen erst ab 2 Uhr in der Früh bevölkert.

Zudem sind sogenannte Daytimer stark im Aufwind. Tagespartys die am Samstag- oder Sonntagmorgen nahtlos an die Clubnacht zuvor anschliessen und die sich dennoch stark von den Afterhours früherer Jahre unterscheiden: Ab Mittag tanzen dort mehrheitlich Ausgeschlafene, die sich vor ihrem Clubgang ein ordentliches Frühstück gegönnt haben.

Heute kann man in Zürich häufig ab Freitag- bis Sonntagabend durchfeiern. Irgendein Lokal ist meistens offen und im Sommer steigt immer irgendwo eine Outdoor-Party. Nun liegt Baden gerade mal 20 Minuten von Zürich entfernt. Warum also in die Kiste traben, wenn dort bereits um 4 die Lichter angehen, derweil das nahe Zürcher Clubbing-Schlaraffenland mit liberalen Öffnungszeiten lockt? Die Kiste vermochte sich trotz dieser widrigen Rahmenbedingungen national gültiges Renommee zu erarbeiten. Jedoch blieb am Ende für die Betreiber wegen der verkürzten Öffnungszeiten nie viel mehr als eine schwarze Null stehen – auf Dauer tötet das jede Motivation.

Die Aargauer Behörden könnten die Jugend im Kanton halten, wenn sie in den Städten deren Kultur dem Ruhebedürfnis lärmempfindlicher Anwohner gegenüber stärker gewichtet. Nicht nur die Macher der Kiste ächzen unter der repressiven Haltung der Aargauer Behörden gegenüber der kantonalen Nachtgastronomie. Ob Baden, Wohlen, Aarau oder Wettingen: Überall erklingt dasselbe Klagelied und das hört man auch in Zürich, Luzern, Bern und Basel.

Nicht eben das beste Standortmarketing, das die Aargauer Offiziellen da kultivieren. Aber vielleicht gehen sie davon aus, dass der Ort,in dem man lebt, nicht mehr bieten muss als «ä tüüfa, gsundä Schlaaf». Wach sein kann man dann ja in anderen Kantonen.

12 Kommentare zu «Aargauer Nächte sind kurz»

  • Peter sagt:

    Na ja. Hive, härterei gonzo sind ultra komerzielle langweilige clubs. Dahin gehe ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr hin. Zürich ist partymässig mehr als tot. Was eine coole Party-Stadt ausmacht ist die Diversität und nicht der Mainstream. Gute Livekonzerte etc sind mehr als rar oder non-electro-techno partys…

    • Züricher sagt:

      Zürich ist Partymässig mehr als tot? Wann warst du das letzte Mal in Zürich im Ausgang?1995? Die Party und Clubszene in Zürich boomt wie noch nie zuvor in der Geschichte des Nachtlebens. Die einzige Aussage die ich dir zustimmen kann ist , dass Zürcher diese Clubs meiden, aber die kommerziellen Clubs wie das Hive, Zukki, Büxe ,Supi und Gonzo werden von Besuchern aus der ganzen Schweiz sehr sehr stark besucht.

      • Stabilo sagt:

        Logo ein riesiger Boom. Darum Zahlungsrückstände bei der Bezahlung von Lieferanten oder Löhne der Securitas. Setze mal deine rosarote Brille ab. Schon mal was von SUISA und andere Ausgaben gehört? Es gibt neben den Einnahmen AUCH Ausgaben in einem Club.

  • Peter sagt:

    Ansonsten könnte man die Sache wissenschaftlich angehen und D. Rossi im Sinne von Feldforschung in anvisierte Gebiete schicken um den möglichen Widerstandspegel im Sinne einer Vorabklärung zu bemessen:
    https://www.youtube.com/watch?v=fhKUhaeyb18

  • Peter sagt:

    Wenn ich es richtig verstanden habe, ist der Ort der Kiste problematisch, das ist doch direkt in einem bürgerlichen Quartier. Die verdienen zwar sehr gerne mit, aber nur solange sie nicht von dem betroffen sind, was nicht zu ihrem Lebensstil passt. Ist das wirklich so, ich bin da nicht mehr so up to date, dass es in solchen Kantonen keine Orte, Areale und so weiter gibt, wo man einen durchgehenden Clubbetrieb von Donnerstag- /Freitabend bis Montagnacht führen kann?

  • Danijela sagt:

    Ich sehe nur Vorteile an er veränderten Situation in Zürich. Vor einigen Jahren war eine lange Schlange die absolute Norm, heute ist es die absolute Ausnahme. Egal ob Klaus, Supermarket ,Friedas Büxe,oder die Zukunft .Im Gegensatz zu früher keine Schlangen mehr und absolut lockeres reinkommen. Nur das Hive bereitet mir immer wieder Kopfschmerzen. Je nach Event eine Schlange vor dem Eingang wie zu den Clubs besten Zeiten. Noch ein Vorteil: Die extrem hohe Clubdichte erlaubt mir bei Unfreundlichkeit der Türsteher oder Personal sofort auf einen anderen Clubs auszuweichen. Für Freunde der elektronischer Musik herrschen in Zürich momentan die besten Zeiten. Soviel Auswahl an Clubs und all die unzähligen Alternativen Events , für die Leute die keine Clubs mögen gab es noch nie.

  • Adi sagt:

    Wieder ein Mal ein super Text von Alex. Meist bin ich anderer Meinung als du, macht aber nichts, da ich deinen Argumentationen folgen kann. Dieser Text trifft den Nagel auf den Kopf und ich bin vollkommen einverstanden, soll es ja auch mal geben… 😉
    Hoffe deine Kolumne noch lange lesen zu können .
    Lg

  • Philipp M. Rittermann sagt:

    werter ali – nun hacken sie doch bitte nicht immer auf den arme aargauern rum. wer nach 4 a.m. noch rumtorkeln will, kann ja getrost auf züri. ist ja auch keine weltreise. (und soo toll ists ja in züri bei gott auch nicht).

    • Alex Flach sagt:

      Ich hacke doch nicht auf den Aargauern rum Nur auf dem Aargauer Amtsschimmel. Der wiehert ja an vielen Orten.

  • DoDo sagt:

    An der Uhrzeit wird es wohl kaum gelegen haben. War in den letzten Monaten in einigen stadtbekannten Zürcher Clubs unterwegs. Bei den meisten war um 6, 7 Uhr morgens gähnende Leere oder sehr schlechte Auslastung vorhanden.Die meisten sind schon nach Hause gegangen. Zustimmen muss ich dir bei den Tagespartys an einem Samstag oder Sonntag. Momentan der letzte Schrei in Zürich.

    • Szeni sagt:

      @DoDo Der Peak ist zwischen 2 und 4 , da ist es meistens voll.Danach leert es sich kontinuierlich. Was übrig bleibt sind die Schnapsdrossel, diese wiederum bescheren den Clubs das meiste Geld;)

    • Alex Flach sagt:

      Unterwegs sein heisst leider nicht am „richtigen“ Ort unterwegs sein, auch wenn man sich an die „stadtbekannten“ Clubs hält – auch die erfolgreichsten haben Abende die super laufen und solche die das nicht tun. Wenn man sich erkundigt und weiss wo man sich erkundigen muss, dann läuft man in Zürich nicht wirklich Gefahr morgens um 6 alleine unter der Discokugel zu stehen.

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