Out of Aargau

Das Nachtleben in der Kiste Baden dauert nur die halbe Nacht.
Würden von heute auf morgen die Gäste aus dem Aargau ausbleiben, etliche Zürcher Clubs müssten wegen Besuchermangels schliessen. Die Aargauer Behörden stellen sicher, dass diese Gefahr gebannt bleibt und sorgen mit Nachtleben-verhindernden Massnahmen und Regulierungen dafür, dass ihre Jugend ihr Gesellschaftsleben weiterhin nach Zürich auslagert.
Die Konkurrenzfähigkeit unterbindenden Öffnungszeiten für Clubs nur bis 4 Uhr in der Früh, die Verschleppung von Bewilligungsverfahren und zusätzlich hat Baden das altertümliche Tanzverbot an christlichen Feiertagen erst Anfang März endlich aufgehoben.
Bei ihrem Tun können die Behörden seit jeher auf den Rückhalt eines Grossteils der, traditioneller- und vergleichsweise konservativ eingestellten, Bevölkerung zählen. Der legitimiert auch die engstirnigsten Erlasse, wie der Fall «Hotel Linde gegen Kiste Baden» beweist.
Die Badener Kiste ist der einzige Club in der Aargauer Stadt mit überregionalem Bekanntheitsgrad. Hier spielen international bekannte elektronische Artisten wie Marek Hemmann, national renommierte wie Matija sind hier gross geworden. Das Hotel Linde nebenan ist ein die Umgebung dominierendes und von der Zeit überholtes Hochhaus.
Der Kanton hat nun eine Beschwerde des Hotels Linde gutgeheissen und der Kiste Baden die vom Stadtrat bereits erteilte Bewilligung für einen Betrieb bis morgens um 6 wieder gestrichen – die Lärmbelästigung durch die Partygäste sei zu gross.
Nun dürften die Hoteliers an der Zürcher Langstrasse kichern wie die Kinder. Sie, die damit werben, Teil von Zürichs lebendigster Strasse zu sein. Dort geben sich an den Wochenenden unzählige Jugendliche dem Leichtsinn hin. Die Kiste hingegen ist ein kleiner Laden für eine Handvoll Clubber und wäre in Zürich von nur durchschnittlicher Grösse. Und diese paar Partygäste sollen den Betrieb der Linde empfindlich stören, derweil Zürcher Hotels mit abertausenden umgehen können?
Das ist provinzieller Verhältnisblödsinn der lächerlichsten Sorte, ein Brüller ersten Ranges. Den verantwortet das Aargauer Departement Bau, Verkehr und Umwelt, das entschieden hat, dass Baden nicht den Regeln einer Stadt sondern jenen eines Dorfes zu gehorchen habe und das den Beschwerdeführern Recht gibt. Die Kiste darf weiterhin nur bis um 4 Uhr in der Früh öffnen, angesichts der Betriebszeiten der Clubs im nahen Zürich höchst geschäftsschädigend.
Die Zürcher Clubmacher dürften mit der Kiste Baden mitfühlen. Andererseits sind sie bestimmt nicht unglücklich, dass im Kanton Aargau unterschiedliche Bedürfnisse ungleich gewichtet werden: Die Aargauer Jugend wird ihrem Kanton an den Wochenenden weiterhin den Rücken kehren und dorthin gehen wo sie das Gewünschte findet.
Hallo Zürich, adieu Baden.
19 Kommentare zu «Out of Aargau»
Aber bei euch in Zürich wirds ja auch immer übler, ich meine Gentrifizierung und so. Da können Sie genau so argumentieren: Wer gegen Gentrifizierung ist, ist bünzlig, provinziell und sogar reaktionär. Wer gegen Gentrifizierung ist, will anderen (den Gentrifizierern) die Freiheit verbieten, das ist diskriminierend und so weiter. Man kann ja tatsächlich gegen jeden Sachverhalt so leer und trivial argumentieren. Sorry, aber diese Argumentation ist wirklich dermassen abgelutscht und inhaltlich leer.
Ja ich weiss das ist nicht „zeitgemäss“ aber trotzdem… Wer ein Problem damit hat, dass um 4 Uhr morgens (!) halt langsam Feierabend ist, der hat ernsthafte Probleme im Leben… Dieses Verhalten sollte man vielleicht mal seriös hinterfragen… Nein es geht nicht darum, dass ich anderen das nicht gönnen mag. Sollen sie doch ihren „Spass“ haben. Aber alles muss irgendwo mal Grenzen haben und man sollte nie übertreiben… Freiheit heisst eben nicht dass ich immer alles und überall darf worauf ich gerade Lust habe. Meine Meinung…
Nun… ich weiss nicht genau wie sehr Sie es schätzen, wenn Ihnen Aussenstehende in die Freizeitgestaltung reden, aber genau das tun Sie hier. Zudem urteilen Sie über die Lebensführung anderer, derweil andere an Ihrer sicher auch nicht alles tadellos finden (respektive der Ansicht sind, man kann ein Leben besser leben). Urbanes Ausgehen hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. Daytimer (sonntägliche Tagespartys) sind aufgekommen, viele Clubs öffnen erst um Mitternacht… Die Menschen wollen auch zu unüblichen- und zu Randzeiten feiern und ihrer Definition einer „guten Zeit“ nachkommen. Wer sind wir, dass wir diesen Leuten vorschreiben wollen wie sich eine solche Zeit zu gestalten und zu welchen Tageszeiten sie stattzufinden hat. Freiheit sollte für alle gelten.
Ich persönlich gehe vor Mitternacht ins Bett, auch am Wochenende. Ich sage nicht, dass andere das auch tun sollen. Aber 4 Uhr morgens ist nicht nur ein bisschen sondern viel länger… Es muss Grenzen geben sonst fällt unsere Gesellschaft irgendwann komplett auseinander. Konsumbedürfnisse alleine machen noch lange nicht alles legitim! Sonst könnte man nämlich wirklich ALLES legal kaufen. Nicht zu letzt… Arbeiten Leute um diese Uhrzeit alle Leute zu 100% freiwillig? Ich denke nicht…
@Kuster – Sie machen hoffentlich Witze, oder? Ich hoffe, dass ich wegen meines Schlafmangels vom Partywochenende ihre Ironie nicht verstehe. Falls Sie das aber wirklich ernst meinen. Junge, Junge, ich brauch ´nen Shot.
Da ich noch niemanden an der Bar, der Garderobe oder der Tür gesehen habe der da angekettet seinen Job hätte machen müssen… doch… die arbeiten freiwillig da. Niemand der für einen Club zu Betriebszeiten arbeitet geht davon aus, dass er einen .8 to 5-Job zu machen hat.
Ach hören Sie mir bitte auf… Es ist allgemein bekannt, dass in den Clubs oft junge Leute arbeiten, die sonst keine Möglichkeit hätten, das Studium zu finanzieren. Freiwilligkeit sieht anders aus. Und ich kenne zwei Securitas, die eigentlich auch lieber tagsüber arbeiten würden, wenn sie denn könnten… Nicht zuletzt gibt es noch ganze Heerscharen von „öffentlichen Dienstleistern“ (Verkehr, Gastronomie, Polizei, etc.), die gerade nachts am härtesten arbeiten müssen. Und das nicht, weil es ihnen „Spass“ macht, sondern weil es ihre Existenzgrundlage ist. Intaktes Familienleben? Träum weiter! Aber menschliche Schicksale interessieren nicht. Nein, der vollgedröhnte Partygänger glaubt, dass sein Kleingeld (unterbezahlt werden die genannten Leute nämlich auch) das alles legitimiert…
Wenn ich Ihre Kommentare lese wird mir schlecht… Sie tun ja grad so, als ob die Menschen die sich für den Beruf des Polizisten, Securities, Bartenders (Gastronomen allgemein) entscheiden(!!!) ausgebeutet würden wie Kinderarbeiter in Indien. Sie haben diesen Beruf frei gewählt. Niemand hat sie gezwungen ihn zu ergreifen. Und JEDER in diesem Land weiss worauf er sich einlässt wenn er einen bestimmten Beruf ergreift. Dass die Arbeitslosenquote in diesem Land so tief ist, ist was positives. Aber sie tun grad so als ob man mit Berufstätigen in diversen ehrbaren Berufen Mitleid haben müsste. Oh wow… ich denke da würden nun die Menschen in Ländern mit einer Arbeitslosenquote von 15% und mehr mal gerne ein ernsthaftes Wörtchen mit Ihnen reden.
Auch das mit den Menschen in den armen Ländern ist ein billiger Trick. Und dann noch die obligate CH-Arbeitslosenstatistik! Stramm, stramm! Mein Gott, ist das geil! Nagut, von Bildungsfernen kann man wirklich nicht mehr erwarten. Aber Herr Flach, konkret: warum nicht den 24/7 Club im Merker-Areal? Den gibts doch dort gar nicht? Wenn nicht, wissen Sie warum? Kennen Sie das Quartier, in dem das Merker-Areal liegt?
Die 24/7 Clubs bei euch gibts doch heutzutage nur weil sie ein elementarer Planungsteil innerhalb der Stadplanung sind innerhalb der dafür vorgesehenen Zonen, aber doch nicht wegen kulturellen Gründen. Das ist auch grössenabgängig, auch im wirtschaftlichen Sinn. In Baden, weil auch sehr viel kleiner, ist das auch auf dem ABB-Campus nicht vorgesehen („Campus“). Am ehesten in der Industriezone am östlichen Rand Wettingens. Aber das wäre 90-er, d.h. zu weit weg vom Zentrum/Zentren… (Shuttlebuszeit ist doch vorbei…), zu „schmuddelig“, und wäre aus heutiger Oekonomieperspektive (nicht nur wegen Bauvorschriften) doch sinnwidrig. Dort lohnt sich Aufwertung/Gentrifizierung nicht, zumindest für die nächsten Jahrzehnte, vermutlich, kein „urbanes Zentrum“.
Und das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass sie diese Berufe deskriditieren nur um dann zu einem Pamphlet gegen das Nachtleben anzusetzen. Das ist lachhaft. Wenn sie Dampf gegen die Clubs ablassen wollen, dann schieben sie nicht erst hehre Ab- und Ansichten vor (die armen, armen Gastromitarbeiter…), sondern stehen Sie einfach dazu und sagen Sie was Sie denken und zwar dass das Nachtleben das moderne Sodom und Gomorrha ist. DANN haben wir wieder eine Diskussionsgrundlage.
Ich (65jährige nonna ) denke , dass solche Menschen ( wie Frau Kuster ) immer zu mekkern haben und es nicht passt ( NEID ???), wenn man glücklich und gesellschaftliches Zusammensein pflegt . Die Zeiten haben sich geändert und Tolleranz ist doch ALLES ❤️ La vita è bella lasciamo vivere
Liebe nonna, Toleranz ist keine einbahnstrasse, die man nach gusto mit dem partymobil befahren kann. Tatsächlich haben das viele, welche sie fordern, auch in 2018 noch nicht begriffen..
„Und ich kenne zwei Securitas, die eigentlich auch lieber tagsüber arbeiten würden, wenn sie denn könnten“ – ich würde eigentlich auch gerne lieber am Tag in der Hängematte liegen, wenn ich denn könnte. Geht aber nicht, weil man mit „nur tun, was man eigentlich will und Spass macht“ meistens kein Geld verdient. Nennt man Arbeit, Frau Kuster und hat nichts damit zu tun, ob es Nacht oder Tag ist.
Wenn Sie lieber am Tag in der Hängematte liegen als abends/nachts, suchen Sie sich doch einfach einen Nachtjob. Wo ist das Problem? Sie argumentieren ja selber so.
hallo Frau Kuster, ich teile ihre Ansicht, obwohl ich selber in der eventbranche tätig war und auch die ansichten von herr flach verstehen kann. das problem besteht für mich darin, dass unsere gesellschaft in einer montag-freitag/neun-fünf-kategorie denkt. all diese, die so denken und arbeiten, sind der ansicht, dass alle welt „verständnis“ für ihre party-exzesse haben muss, die dan bevorzugt freitag/samstag nacht stattfinden. die menschen, die an diesen tagen arbeiten (müssen) und demzufolge nachts schlafen können sollten, gehen dabei vergessen! ich glaube man sollte viel mehr in den medien, diese berufe in den focus stellen und dann wird der eine oder andere schon mal sein rest-hirn einschalten und einsehen, dass eine gesellschaft auch aus anderen menschen und bedürfnissen besteht.
wie wär’s denn mit einem kompromiss? – macht einen club auf in fisibach!
Die Begründung der Hotel-Leitung würde ich ja auch wissen, denn Club Kiste ist ja doch ein paar Laufmeter vom Hotel entfernt, und es ist ja nicht gerade so, dass der Club gleich nebenan oder im gleichen Haus tätig ist. Aber sicherlich gleich so wie in Aarau, wo ein Anwohner, der gar nicht vis a vis des Flössers lebt, einfach Freude am prozessieren hat.