Was war das schon wieder für ein Abzeichen?

Rekruten bei einem Marsch mit leichter Packung. (Keystone/Martin Ruetschi)
Der Sonntagabend ist für den Rekruten immer eine schwierige Zeit. Dann muss er einrücken. Es gilt: Wer bis Mitternacht nicht in der Kaserne ist, wird eingelocht. Am HB finden kleinere und grössere Dramen statt. Manche Freundinnen schluchzen, andere umarmen ihre Rekruten, wieder andere winken, bis der Zug abfährt. Ihre Männer müssen nun eine Woche lang Schuhe und Sturmgewehre putzen.
Ich hatte in der RS stets das Gefühl, dass ich der Einzige bin, um den niemand weint. Die Kollegen um mich herum schrieben ihren Freundinnen noch im Zug SMS mit Durchhalteparolen. Nur ich guckte blöd aus dem Fenster. Keine Fränzi oder Sabrina vermisste mich. Manchmal nahm ich mein Nokia 3210 zur Hand und versuchte meine eingebildete Freundin zu beruhigen: «Mösi, jetzt wein doch nicht wieder! Am Freitag bin ich zurück.»
Ich sitze in der Brasserie Federal. In diesem riesigen Restaurant in der Bahnhofshalle. Eine kleine Servierdüse stellt mir zwei Stangen auf den Tisch. Es ist Happy Hour, und jedes zweite Bier ist gratis. Mir gegenüber sitzen zwei Freunde. Der eine ist seit einem Jahr arbeitslos, der andere seit zwei Wochen. Wir trinken an diesem Abend viele Gläser leer. Dabei gucken wir den jungen Rekruten zu. Mir fällt auf, dass die meisten Soldaten hochdekoriert sind. Überall blitzen Abzeichen.
Ich habe mir während der Aktivzeit nur ein Abzeichen verdient. Aber ich weiss nicht mehr, wie es hiess. Ich musste einen anderen Soldaten zehn Meter weit herumschleifen und einen Dreiecksverband knoten. Das quadratische Abzeichen hatte ein Blumensymbol. Immerhin.
Das liegt schon so lange zurück. Ich kann mich auch nicht mehr erinnern, wie lange meine Rekrutenzeit dauerte. Gegen Ende hatte ich irgendwie keine Lust mehr. Dieser Frass und dieses ewige Herumstehen! Die letzte Woche sollte besonders eklig werden: «Überlebenswoche». Mit besonders viel scharf: Die Soldaten mussten im Freien übernachten und erhielten weniger Essen. Das haben mir Kollegen später erzählt. Ich habe die Überlebenswoche nämlich nicht persönlich erlebt, denn ich bin zum Leutnant gegangen und habe ihm gesagt: «Leutnant Wiedmer, ich muss unbedingt ins Krankenhaus. Meine Blase! Ich muss alle zehn Minuten auf die Toilette. Ich habe Angst, dass ich schwer krank bin.» Leutnant Wiedmer wollte Oberleutnant werden und deshalb kein Risiko eingehen – er schickte mich also ins Spital.
Dort verbrachte ich dann das Ende der Rekrutenzeit. Die Pflegerinnen waren sehr lieb zu mir. Sie gaben mir jeden Tag einen Zettel. Darauf musste ich die Uhrzeit und Menge Urin notieren: «10.05 Uhr – 30 ml / 11.23 Uhr – 40 ml / 12.45 Uhr – 35 ml». Ich weiss jetzt gar nicht mehr, ob ich ehrlich war oder einfach etwas hingekritzelt habe. Wahrscheinlich Ersteres.
Die Zeit im Spital war eine sehr schöne Erfahrung. Draussen regnete es wie blöd, und meine Kollegen marschierten im Schlamm. Wohlig streckte ich mich im Bett und genoss die Aufmerksamkeit von Frauen.
26 Kommentare zu «Was war das schon wieder für ein Abzeichen?»
Grossartige Glosse, lieber Beni. Noch mehr als ueber diese. habe ich ueber die total humorbefreiten Kommentare lachen muessen. Die haben ueberhaupt keinen Sinn fuer Chuzpe. Schrecklich!
ich denke das sportabzeichen war es nicht…. -;)
Leider einmal mehr ein Artikel aus der Tagi-Redaktion, der aufzeigt, was Sie von der Schweizer Armee halten. Und dann halten Sie ihre Drückebergerei auch noch für cool. Und wenn es – Gott bewahre – mal knallt in der Schweiz sind Sie vermutlich die ersten, die nach Hilfe rufen. Ich überlege mir seit einigen Tagen, ob ich mir wieder ein Abo vom Tagi oder von der NZZ hole – dieser denkwürdige Artikel lässt das Pendel klar in Richtung alte Dame rauschen.
ich habe meinen dienst bei der gebirgsinfanterie geleistet. wenn ich mir die heutige miliz-armee anschaue, ist das ein mies organisierter, führungsschwacher und total überholter sauhaufen. es braucht eine armee. aber eine richtige in form einer berufsarmee. da hätte man dann auch eine überzeugte und motivierte mannschaft.
Ich hatte Krater von Wunden an den Fersen, weil ich nach genau 25 Kilometer Fussmarsch, immer riesige „Blasen“ auf der Haut meiner Füsse bekam, in den von uns „Geranienkisten“ genannten Militärschuhen. Mir gab nie ein Militärarzt frei deswegen. Wär schön gewesen, auch so clever lügen zu dürfen. Vermutlich ist der Autor des Artikels Oberschicht. Als Reaktion auf diese Folter habe ich alle Linke Iniativen gegen das Militär angenommen und tu das immer noch. Einem Dünnen Kleinen haben sie dort noch übler mitgespielt, der immer gleiche Sadist von Leutnand rammte dem, wenn er ohnmächtig geworden war, eine riesige Nadel in den Arsch. Meistens wurde er danach wieder für eine kurze Marschstrecke wach, bis zur völligen Regungslosigkeit und wurde dann endlich abgezogen. & Gewehrputzzeugfolter !
Rolf Hefti – ein Pseudonym von Beni Frenkel? Auf jeden Fall gratuliere ich beiden von ganzem Herzen – grossartige Satire!!
Ich habe da offenbar eine ganz ander Wahrnehmung. Die meisten Soldaten haben so ca. 1-3 abzeichen. Mehr als 4 ist für einen normalen Soldaten fast nicht möglich. Gerade gut finde ich den Artikel aber nicht. Folgende Elemente sind einfach nur doof oder abgedroschen: Gleichsetzung „Militär = Schuhe/Gwehr putzen“, „Ich weiss nicht mehr und es ist mir egal“-Attitüde, Mahlzeiten im Militär als „Frass“ bezeichnen (das Essen ist in Wahrheit ziemlich gut, ausser man ist völlig verwöhnt) und sich von der Durchhaltewoche drücken und darauf noch stolz sein. Den Kopf schütteln musste ich ab dem Leutnant, der kein Risiko eingehen wolle weil er angeblich Oberleutant werden wolle: nur zur Kenntnis, als Leutnant wird man automatisch irgendwann Oberleutnant! Für diesen Artikel gits die Note 2-3.
Ein zweites Abzeichen haben Sie vergessen – das Kameraden-Schwein-Abzeichen. Man trägt es nicht auf der Uniform, sondern es ist auf die Stirn tätowiert – rund, mit einem grossen Loch in der Mitte … das ist ein Abzeichen für’s Leben! Eines habe ich in der Armee auf jeden Fall gelernt – die Menschen dort sind genauso wie im zivilen Leben, nur sieht man’s besser, weil sie mehr an ihre Grenzen kommen. Zum Glück kann die Armee heute auswählen und auf Leute wie Sie verzichten!
Beni Frenkel und das Militär…….:::)))))) aber ihr schreiben haut ein wie eine Bombe!!!
Beni Frenkel’s sinnfremder Artikel zeigt paradigmatisch, dass die Armee nur ein Abbild unserer Gesellschaft darstellt.
Ha! Ich freue mich immer, wie sich ein paar verklemmte Spiesser über Beni Frenkel aufregen.
Redaktioneller Wert gleich Null und nicht einmal ansatzweise komisch. Wer versucht Zusammenhänge im Artikel zu erkennen, scheitert kläglich.
Wie es bereits erwähnt wurde, sind auch Formulierungen wie „Mösi als imaginärer Frauenname, Servierdüse als Bezeichnung für weibliche Restaurantmitarbeiter“ alles andere als zeigemäss!
Jedenfalls für mich fraglich, wer einen solchen Beitrag zur Publikation frei gibt.
Logisch, dass so seiner nun für den Tagi schreibt.
Passt.
gnadenlos, witzig, provokant? keines von alledem… nur dumm.
… und jetzt schreiben Sie für den Tagesanzeiger.
…ich stell mir jetz mal lebhaft vor, dass Sdt. Frenkel der einzige der ganzen Tagiredaktion ist, der überhaupt einige Diensttage bei der Swissarmy absolviert hat ….. sonst dürften Verweigerer, Arztzeugnisbesitzer und Zivildienstler den Rest der Redaktionsstube füllen. Gut, es braucht ja schon etwas Mut, ein solches Thema aufzugreifen, denn seit dem Generalstreik haben die Zürcher wahrscheinlich eben nur Soldaten bemerkt, die am HB umsteigen oder sich verabschieden. Aber Züri und Armee passt etwa so gut zusammen wie Bögg und Waggis, nämlich überhaupt nicht!
Aha. Danke. Bin jetzt 3min ärmer aber kein bisschen gescheiter. Irgendwie eine schräge Geschichte und der Einschub mit der Happy-Hour hab ich nicht ganz verstanden. Das war ja kein Rückblick, warum wurden dann die zwei arbeitslosen Kollegen erwähnt? Alles irgendwie verwirrend.
Die Abzeichen sind mir egal. Weder in der Pfadi noch im Schwimmkurs noch sonst wo interessierten sie mich. Bei der Aushebung, damals, bekam ich das Sportabzeichen. Einer von einigen. Wie lustig. Insbesondere, weil ich verweigert hatte. Der arme Oberst. General? Offizier? Wer ist an einer Aushebung gegen Schluss für die Verteilung der Zeichen zuständig? Keine Ahnung. Ich erinnere mich, dass er mir das ziemlich zerknirscht in die Hand gedrückt hatte. Ich hatte gelächelt, mich bedankt. Man wird kein besserer Mensch durch ein Abzeichen. Und wer etwas kann, kann es, egal ob dekoriert oder nicht. Umgekehrt, so habe ich es erlebt und erlebe ich es regelmässig, bedeutet ein Abzeichen, ein Fähigkeitsausweis nicht, dass man das Bescheinigte auch zuverlässig umzusetzen weiss. Nein. Leider.
Erwartet der Autor jetzt Applaus für seine „Schlauheit“? Einfach ein Drückeberger, der seine Kameraden im Stich lässt.
Was soll dieses Geschwurbel? Es wäre angebacht, wenn Sie sich vielleicht einen Ausspruch vom Henry Kissinger über die Soldaten zu Gemüte führen würden: „Soldaten sind dumme,blöde Tiere, die wir als Bauern auf dem Schachbrett nutzen um unsere Aussenpolitik durchzusetzen“. In der Schweiz in etwas „milderer“ Form.Aber im Prinzip die gleiche niederträchtige Indoktrination.
Mösi als imaginärer Frauenname, Servierdüse als Bezeichnung für weibliche Restaurantmitarbeiter… Uiuiuiui, zu welcher Zeit sind denn Sie aufgewachsen?
Holmes, zurück auf Feld 1!
das ist jetzt eben „gnadenlos, witzig und provokativ“ – nicht gemerkt?
Wirklich lange scheinen Sie nicht in der RS mitgemacht zu haben. Sie haben wahrscheinlich das Kameradenhilfe-Abzeichen gemacht. Mit einer Blume hatte und hat das auch heute nicht zu tun. Hochdekoriert sind die wenigsten. In der Regel kann ein sehr guter Soldat vier Abzeichen haben. Sport, ABC, Kameradenhilfe, Schützen, dann gibt es noch wenige Spezialisten-Abzeichen. Kaum jemand hat 3 oder 4 oder noch mehr. Ich nehme an, sie verwechseln diese mit den neuen Rangabzeichen.
Nein, Herr Brunner, Herr Frenkel hat schon recht! Die „Sugus“ gibt es schon lange nicht mehr… Heute trägt der Soldat von Welt so Legosteinchen am Ausgänger… so wie bei den Amis.. Abzeichen bekommen Sie übrigens auch schon nur für das absolvieren einer bestimmter Anzahl von Diensttagen…
Wenn mich nicht alles täuscht, haben Sie das KaHi-Abzeichen erhalten. Kameradenhife. Sie schlimmer Finger! Einfach die Kollegen im Schlamm alleine lassen. Ich darf ihnen versichern, die Durchhaltewoche ist wie Strandferien, einfach ohne diese nervige warme Sonne, den zu weissen Strand und den zu starken Caipi. Aber sonst, alles 1:1.