Essen gut, alles gut

Nach ein paar Gläschen Primitivo ist das Interieur vergessen.

Von aussen sieht der Freihof noch genau gleich aus wie vor 40 Jahren, als man noch jung war und in einer Musiker-WG in der Agglo hauste. Ab und zu landeten dann die Wohngenossen im Spunten im alten Dorfkern von Oberengstringen. Das Interieur von Ömi’s Freihof, wie das Lokal heute heisst, ist pseudomodernisiert. Man hat das Alte nicht alt gelassen und das Neue nicht wirklich neu gemacht. «Dem Lokal fehlt einfach das Ambiente», meint der Begleiter etwas gar streng. Eine kleine Lektion in Bild-Montage hätte fürwahr nicht geschadet. Die Bilder an der Wand hängen auf gleicher Höhe wie die aus dreieckigen Kupferimitatplättchen gefertigten Lichtquellen, sind also praktisch unsichtbar. Wenn man die Romantik nicht selber mitbringe, meint der Gestrenge, werde sie sich hier an der Dorfstrasse kaum einstellen. Auch wenn Bob Seger aus den Boxen mit «We’ve Got Tonight» den Schmus bringt. Doch genug der Klagen, man ist schliesslich zum Essen gekommen.

Am Stammtisch sitzen ein paar Altrocker vor ihrem Bier. Der Chef persönlich serviert uns ein Amuse-Bouche, ein Rindfleischbälleli an einer raffinierten Sauce. Der Versuch, dem Patron das Rezept abzuluchsen, scheitert kläglich. Auch ein Patron hat Geheimnisse. «Es isch alles überbaut worde», meint die ältere Dame am Nebentisch zu ihrem Sohn. Früher sei da herum gar nichts gewesen, «nur grosse Wiesen». «Ja, ja», seufzt der Begleiter, «das verlorene Dorf.»

Als die Salate serviert werden, ein grüner (7.50 Fr.) und ein Nüsslisalat mit fast zu viel Speck (13.50 Fr.), erfährt man, dass man, trotz Stofftischtüchern, im Fumoir sitzt und im Säli hinten noch rund dreissig weitere Gäste essen. Familien mit Kindern, die sich nach dem Essen mit Würfelspielen die Zeit vertreiben, während die Erwachsenen reden.

Die Salatsauce wie auch das Sesambrot schmecken fantastisch. Das Interieur ist fast vergessen. Die Rocker haben an Lautstärke zugelegt, reden von früher, über den Schwarzwald und den Titisee. «Affengeil», ruft einer. «Bisch au so en langhaarige Sauhund gsii?», der andere. «Ich liebe Deutschland», ruft der Erste, «da kostet das Bier 2 Euro 90 und die Schnipo 12.» Man müsse ja nicht immer in die Alpen verreisen. Prost!

Der Begleiter ist von seinen Scaloppine di Vitello (34.50 Fr.) begeistert, auch hier hat es ihm die sämige Sauce angetan, und der Rest des Sesambrotes ist schnell weg. Die Involtini di Pollo, gefüllt mit Blattspinat und Gorgonzola, sind zart und gut gewürzt, aber wie die Pommes frites etwas zu salzig. Also viel Wasser und ein paar Gläschen Primitivo (6 Fr./dl), und das Interieur ist komplett vergessen. Zum Dessert noch ein kühlendes Zwetschgensorbet mit Wodka (12.50 Fr.), und zum Espresso (4 Fr.) offeriert der Patron noch einen Ramazzotti – flüssig.

Restaurant/Pizzeria Ömi’s Freihof
Dorfstrasse 49
8102 Oberengstringen
Mo–Sa 10–24 Uhr, So 11–24 Uhr
Website

Ein Kommentar zu «Essen gut, alles gut»

  • Nora Martinek sagt:

    Die Zeiten verändern sich – ich kenne das Lokal lediglich von seinem Essenskurierdienst. Qualitativ anständig, man könnte auch sagen traditionell bürgerlich, nicht herausragend, aber ein gutes Essen für immer mal wieder. Zumindest beim Kurierdienst sind die Portionen für den verlangten Preis allerdings eher mickerig.

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