Keine 24-Stunden-Geselligkeit

Auch ohne Gesetze ist die 24-Stunden-Partygesellschaft noch weit entfernt. Darum heisst das Nachtleben auch Nachtleben.

 

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Gefeiert wird in Zürich (von Ausnahmen abgesehen) erst ab Donnerstag. (Bild: Plaza)

Das Gespenst der 24-Stunden-Gesellschaft hat etwas von seinem Grauen eingebüsst. Letztmals sorgte es im Frühjahr 2016 für ordentlich Angst und Schrecken, als der Nationalrat eine moderate Anpassung und Vereinheitlichung der Ladenöffnungszeiten beschlossen hat. Zwar hinkt die Schweiz den meisten europäischen Ländern bezüglich der Freiheiten des Detailhandels bei den Öffnungszeiten noch immer weit hinterher.

Aber jedes Mal wenn die Politik versucht, diese aufzuweichen oder gar den heiligen Sonntag anzutasten, dann wird umgehend auf die vielfältigen Gefahren der 24-Stunden-Gesellschaft verwiesen: Bald werden wir nur noch arbeiten, bald haben wir alle Burnouts, bald hockt unsere Jugend auch am Mittwochmorgen noch in den Clubs.

Wenn alle dürfen, heisst das noch lange nicht, dass auch alle tun. Die Zürcher Restaurants könnten alle am Montagabend Gäste empfangen, und doch muss man einiges an Recherche aufwenden, will man dann seinen Partner ausführen. Auch wer zwischen Montag- und Mittwochabend in Zürich einen Club besuchen möchte, wird nicht gerade mit Angeboten überhäuft.

Am Montag kann man an die Cool Monday im Mascotte, am Dienstag an die Costa Del Soul im Kaufleuten und am Mittwoch ins Gonzo. Wer aber auf House und Techno steht, guckt in die Röhre: All diese Events sind grösstenteils frei von elektronischer Musik (lediglich an der Cool Monday hat sie ihre Nische) und abseits davon finden beinahe nur Salsa-Anlässe statt, die mehr Tanz-Workshops als Partys sind – sie sind für die Clubbetreiber meist gerade mal kostendeckend, da die Gäste dieser Salsa-Events in der Regel keinen Alkohol konsumieren.

Die Liberalisierungsschübe der letzten 20 Jahre hatten im Zürcher Nachtleben lediglich Auswirkungen auf die Wochenenden: Tagespartys an Samstagen und Sonntagen, sogenannte Daytimer, sind hip geworden. Aber auch die finden nicht an allen Wochenenden statt und auch längst nicht in allen Clubs. Wochenenden an denen man in Zürich von Freitag- bis Sonntagabend durchtanzen kann, sind nach wie vor eine Seltenheit.

Sonntägliche Daytimer, wie beispielsweise die gestrige Wundertüte-Party im Hive, sind ihren samstäglichen Pendants gegenüber stark in der Überzahl. Dass die Gastronomie trotz entsprechender Freiheiten immer noch weit davon entfernt ist, einer 24-Stunden-Gesellschaft gerecht zu werden, liegt am fehlenden Publikum. Was bringt es einem Club häufiger zu öffnen, wenn dann niemand davon Gebrauch macht? Ein Paradebeispiel ist das gescheiterte Experiment mit den Lunch-Partys: Trotz mehrmaliger Anläufe konnten für diese Feten nicht genügend Gäste erwärmt werden und sie alle wurden nach zwei, drei Versuchen wieder eingestellt.

Zürich ist zu beschaulich um jemals zur Heimat einer tatsächlichen 24-Stunden-Gastronomie zu werden. Es bedarf keiner gesetzlichen Vorschriften, um einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken: Das erledigt bereits eine zu geringe Nachfrage zu den Randzeiten.

6 Kommentare zu «Keine 24-Stunden-Geselligkeit»

  • Pancho sagt:

    AF: Weil nicht sein kann, was Ihrer Meinung nach nicht sein darf, oder?

    Dies ist übrigens nicht der Kommentar eines „Ausserirdischen“ , sondern von einem, der sich (noch, aber zum Glück nicht mehr lange) mit den Auswüchsen der sogenannten „Partyszene“ Zürichs zu befassen hat, der Szene nämlich, die in Tat und Wahrheit den Begriff „Party“ längst nicht mehr verdient, weil im Laufe der Zeit etwas daraus wurde, das genauso verkommen ist, wie das Volk beider Geschlechter, welches sich vollgekifft, versoffen, pöbelnd und verhurt darin bewegt und welches sie erst zu dem Horrorszenarium werden liess, das es heute ist.

    • Alex Flach sagt:

      Da ich nicht davon ausgehe, dass Du dich mit irgendwas befasst, das Du von Beginn weg so verabscheust: Dein Engagement im Zürcher Nachtleben scheint nicht gerade erfolgreich verlaufen zu sein…. 🙂

  • E.T. sagt:

    Gestern Abend kam ich mit dem Zug im Zürcher-HB an. Eine Horde 18-jähriger voll alkoholisierter Jugendlichen stiegen aus dem Zug aus und pöbelten wie die Hölle. Die Partystadt Zürich zeigte ihr Gesicht. Mit diesem Beitrag macht Herr Flach nur Werbung für die Clubs, die ihn dafür bezahlen. Je mehr Gäste kommen, desto mehr verdient der Autor. Er scheint wirklich alles Negative, das vom Zürcher Nightlife kommt, weg zu wischen. Warum ist klar. Man verdient mehr damit. Die Polizei Brennpunkt an der Militärstrasse hat genau wegen dieser Partygäste mit unglaublich viel Gewalt etc. zu tun, wie mir meine Kollegen auf dem Kosten wöchentlich erzählen. Die Medien berichten nicht darüber, weil sonst die Party zu platzen droht. Zürich ist durch Drogen und Alk zu einer gefährlichen Stadt geworden.

    • Alex Flach sagt:

      Das ist aber mal ein schöner Mix aus Unterstellungen, Vorurteilen aus Unwissenheit, Schreibfehlern, „vom hören sagen“, Kulturpessimismus und Schwarzmalerei. 🙂

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