Die Swiss-Music-Bubble

Nemo räumte ab.
Facebook lehrt uns, dass wir alle in Bubbles leben. Unsere Ansichten, Meinungen und Vorlieben teilen wir meist nicht mit allen anderen, sondern eben nur mit unserem Bekanntenkreis. Da uns dieser die eigene Sicht auf die Welt aber täglich bestätigt, sei es nun in den sozialen Medien oder Angesicht zu Angesicht, fallen wir oft dem Trugschluss anheim, es handle sich um die allgemein gültige.
Menschen, die diesen Reflex tagtäglich ausblenden müssen, sind jene, die von Berufes wegen eine Menschenmenge erreichen müssen, die ihre Bubble zahlenmässig um ein Vielfaches übersteigt. Politiker in Spitzenpositionen beispielsweise oder Musiker, die möglichst viele Tonträger und Konzerttickets verkaufen möchten, die also ihre Songs auf Charts- und Airplay-tauglichkeit trimmen und dabei bereit sind den künstlerischen Ausdruck (etwas) hintenan zu stellen.
Ob diese Berufsethik verwerflich ist, ist Ansichtssache und vielleicht hat der vierfache Swiss Music Awards-Preisträger Nemo die Textpassage «Obwou i keni ha verlüri ständig mini Uhr. Doch öppis bliibt für immer und i gloube das bisch, I gloube das bisch du» ja tatsächlich aus dem Innersten seines Herzens geschürft.
Die Macher des Swiss Music Award empfinden Dinge wie der künstlerische Ausdruck seit jeher tendenziell lästig und fokussieren sich bei der Vergabe ihrer Steine lieber auf den ökonomischen Erfolg der Musiker und nicht auf den Gehalt von deren Output. Auch das ist legitim und war während der Awardshow auch kein Thema. Ganz im Gegensatz zur Gleichstellungsfrage in der Schweizer Popszene, die bereits im Vorfeld zum SMA heiss diskutiert wurde. Jedenfalls erklärten alle Interviewten zwischen zwei Cüplis, dass man da dringend was ändern müsse und haben dabei möglichst nüchtern auszusehen versucht. Das war nett.
In meiner Bubble herrschte derweil Totenstille was den SMA anbelangt. Vielleicht mal ein Selfie mit Bligg wie jenes von SRFs Rosanna Grüter, aber kein informativer Post zu Gewinnern oder zur Show – es hätte genauso gut der Prix Walo sein können. Das mag daran liegen, dass in meiner Bubble die Clubmusik im Rampenlicht steht und die wird am SMA nicht einmal stiefmütterlich behandelt.
Nur an der Aftershow-Party fand dieser Bereich der Schweizer Musik statt. Dabei sind in diesem wohl mehr Schweizer Kreative aktiv als in jedem anderen, darunter etliche international Erfolgreiche wie Adriatique, Definition, Kellerkind oder Jimi Jules. Man ehrt am SMA lieber ausländische Acts, die hierzulande viele Platten verkaufen wie Ed Sheeran oder die Imagine Dragons, die ihre Preise dann aber nur selten persönlich abholen kommen. Ist das ein Anbiedern bei der grossen, weiten Musikwelt?
Würde es einem Award, der ein Swiss im Namen trägt nicht besser zu Gesichte stehen, wenn er sich in Ausschliesslichkeit auf die Schweizer Szene konzentriert?
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