50 Shades of #MeToo

Warum ist eine BDSM-Schnulze über männliche Dominanz gerade in Zeiten von #Metoo ein Kassenschlager? Der dritte Teil von «Shades of Grey» kommt jetzt in die Kinos.
Frau lässt sich von einem älteren, narzisstisch gestörten, wirtschaftlich und sozial überlegenen Mann dominieren.

Frau lässt sich von einem älteren, narzisstisch gestörten, wirtschaftlich überlegenen Mann dominieren.

Rechtzeitig zum romantischen Valentinstag kommt der dritte Teil der BDSM-Schnulze «50 Shades of Grey» in die Zürcher Kinos. Und meine Kollegin hat sich gefragt, was wir in Zeiten von #MeToo-Übergriffen von der Sadomaso-Romanze lernen können. Und sie hat richtig geschlossen, dass wir von der BDSM-Szeme mitnehmen können, wie Erwachsene auf Augenhöhe eine Vereinbarung über ihre sexuelle Beziehung eingehen.

Was mich aber mehr beschäftigt, ist die Gleichzeitigkeit der Phänomene: Warum ist ein Film über Dominanz genau dann ein Kassenschlager, wenn sich gleichzeitig so viele Frauen gegen Übergriffe wehren?

Versteht mich nicht falsch, ich finde «50 Shades of Grey» in keiner moralischen Weise verwerflich und ich kann mir vorstellen, dass Rollenspiele mit Dominanz durchaus ihren Reiz haben. Was ich nicht verstehe, ist, warum gerade DIESE Geschichte so gut läuft, wenn Frauen gleichzeitig weltweit über den Missbrauch von Macht und Übergriffe sprechen. Und es ist nicht ein Film über einen jungen Mann, der sich von einer reichen, älteren Frau dominieren lässt. Es ist ein Film über eine naive, dumme Pute, die sich von einem narzisstisch gestörten Machtmenschen manipulieren und dominieren lässt.

Schauen wir uns den Plot doch einmal an: Da ist ein eher widerlicher Kerl mit schweren psychischen Problemen, der eine junge, naive Frau in eine Situation manipuliert, in der sie sich völlig unterwirft. Natürlich machen sie einen Vertrag. Aber eben nicht auf Augenhöhe. Er Milliardär (!), sie kleine Studentin. Der Typ ist ihr an Weltgewandtheit, an wirtschaftlicher Macht und an Selbstbewusstsein so weit überlegen, dass sie absolut keine Chance hat, eine souveräne Entscheidung zu treffen. Sie widersetzt sich pro forma, er geht darüber hinweg. Echt jetzt? Ein «Nein» ist eigentlich ein «Ja»?

Sie wird manipuliert, dominiert und benutzt. Die Faszination, die er ausstrahlt, könnte durchaus auch von einem Harvey Weinstein ausgehen. Im Laufe der Geschichte entwickelt sie sich, ist aber durch ihre emotionale Abhängigkeit, die hier verkitscht als Liebe interpretiert wird, weiter an den Idioten gebunden.

Und zum Schluss, im letzten Teil, schafft die Kleine es, den Vollidioten soweit zu zähmen, dass er Haus, Hund, Kind und den ganzen «normalen» Müll über sich ergehen lässt.

Was wir haben, ist die älteste und frauenfeindlichste Schnulze aller Zeiten: Mädchen trifft Bad Boy, Bad Boy behandelt Mädchen emotional schlecht, Mädchen leidet, aber kann nicht von Bad Boy lassen und lässt sich weiter emotional und psychisch misshandeln und ausbeuten. Aber Mädchen zähmt mit ihrer Mädchenart schlussendlich Bad Boy und der wird ein anständiger Familienvater. Und sie lebten glücklich bis ans Ende …

Ich hab in meinem Leben viele Gespräche mit Frauen geführt, die sich auf Bad Boys eingelassen haben, auf Männer, die psychisch und manchmal auch körperlich übergriffig wurden, auf narzisstische Egomanen, auf machtgeile Idioten. Ich hab beobachtet, wie diese Frauen manchmal über Jahre mit den Ar********n zusammen blieben, in der Hoffnung, diese ändern zu können. Es hat nicht ein einziges Mal geklappt.

Am Ende standen Geschichten von körperlicher Misshandlung, Psychoterror, Betrug, Schmerz.

Also, warum ist ein einer Zeit von #MeToo eine Frau, die einem machtbesessenen, egomanen und emotional manipulativen älteren Mann verfällt, eine Heldin? Gerade jetzt?

Ich verstehs nicht.

14 Kommentare zu «50 Shades of #MeToo»

  • Claude Fontana sagt:

    Der Prinzessinnenkomplex ist halt weit verbreitet. Und wenn sich eine Frau dann an den „Höchstbietenden“ hängt, (Er kann sich alles leisten, sogar mich) kommt es unausweichlich zum Abhängigkeitsverhältnis, aus dem Sie dann erst wieder austritt, wenn sie Ihn als Täter gebrandmarkt hat.Oder überhaupt nicht, denn das Geld, der Luxus, Die Sicherheit, sind genauso vergänglich wie das „knistern“ am anfang.Natürlich ist Mann ja immer schuld, denn die Entscheidung überlässt man Ihm. Wenn sich Frau dann selbst entscheiden soll, muss es 5er und Weggli sein, weil mit echter einteilung setzt sie sich erst auseinander, wenn vor allen Heulen keine spende bringt.Aber selbst gerne das Stolze und unnahbare wesen geben. wenn Ihr wer nicht Passt.

  • Tatjana sagt:

    Es ist ganz einfach: Ein Missbrauch und ein Übergriff geschieht ohne gegenseitige Einwilligung. Das hat mit Sex nichts zu tun. Das ist ein reiner Gewaltakt. Dominanzspiele mit gegenseitigem Einverständnis sind aber sexueller Natur. Das ist Erotik, bzw. was die Beteiligten darunter verstehen. Ich störe mich eh am Ausdruck „sexueller Übergriff“ – Sex findet nur dann statt, wenn alle einverstanden sind. Sonst ist und bleibt das ein brutaler Angriff.

    • Claude Fontana sagt:

      Ein sexueller übergriff muss nicht brutal sein. Es kann auch einfach frech sein,(grapschen) oder gar heimlich,(KO-tropfen, komasaufen, Drogen, Medis) Brutal ist in der regel eine klare Vergewaltigung. Wer vor den SM-Spielchen kein Passwort ausmacht, oder sich Partner nicht an dieses halten. gehts halt schnell zu weit. Die Beweislage wird schwierig, da man dem Spiel in einem gewissen Mass zugestimmt hat.Ich kenne eine Frau, die steht zum beispiel auf Verhörspiele. Das turnt sie so richtig an. Wenn sie dann wen ausgequetscht hat. Muss sie danach schnell aufs klo, um sich noch einen darauf rauszureiben.
      Das Opfer weiss dann noch nicht mal, was da vor sich geht. aber eigentlich ist das auch schon ein übergriff, oder nicht?

  • EmmA sagt:

    Es gibt so viele schlechte Filme und das ist eben auch einer davon. Den Bezug zum Missbrauch sehe ich da gar nicht. Aber es ist schon komisch, dass das so gut ankommt. Ich hätte da für meinen Teil lieber einen Vampir, der NUR für mich lebt und NUR mich begehrt. Und dazu noch die ganze Vampirfamilie und den Werwolf, der mich wiederum vor den Vampiren retten möchte … Solche Filme darf/sollte man/frau einfach gar nicht ernst nehmen. Das Thema Missbrauch allerdings schon.

  • Nina sagt:

    Die Antwort ist wohl recht trivial: Es ist eben ein Film (bzw. Buch) und zwischen dem, was man auf der Leinwand unterhaltsam und vielleicht faszinierend findet und dem, was man im realen Leben dann auch wirklich möchte, besteht ja wohl ein himmelweiter Unterschied. Ich schaue auch gerne Filme wie Collateral, ohne dass ich dem Mörder danach tatsächlich begegnen möchte. Zwischen einem „Hausfrauen-Kitschroman“ und der realen Me-Too-Bewegung eine Verbindung herstellen zu wollen, führt meines Erachtens zu weit.

    • Réda El Arbi sagt:

      Natürlich will niemand dem Mörder begegnen. Aber man identifiziert sich mit den Helden.

      Die Frage ist, warum soviele Frauen Macht und Unterwerfung geil finden. Es geht um Selbstreflexion über eine psychosoziale Mechanik.

      Die Erregung ist nämlich nicht im Film, sondern im Kinositz.

      • hans sagt:

        Da haben Sie recht. Real am Film streng genommen ist nur seine Materialität. Der Rest kann geradesogut real wie irreal sein. Am wenigsten von Irrealität spricht man wohl bei den Sinnesorganen wie der Haut, der taktilen Sinnesorgane. Problematisch sind natürlich Augen, Ohren, sogar olfaktorische Sinnesorgane. Aber schon die taktilen sind problematisch. Wäre der Zuschauer als realer Dritter im Raum bei Ihrem Beispiel, wäre die Sache eine andere. Ich vermute aber, der Zuschauer würde sich dann lediglich als Voyeur/in vorkommen (und nichts mehr). Aber biologische Fragen sind damit nicht gelöst, sondern nur Vermischungen gezeichnet (dh Sinnesorgane + Geschlecht). Falls Sie eine Biologin zu Hause haben lassen Sie sich das Beispiel vom siamesischen Kampffisch erklären (Männchen vor Spiegel)

      • hans sagt:

        Einige Frauen sind fasziniert vom Tier im Mann und einige Männer von Frauen als kleine beschützenswerte Häschen. Das ist natürlich total neurotisch ud bescheuert. Durch psychologische Prägung bedingt und kulturell bedingt wenn nicht vollumfänglich künstlich dann zumindest total übersteuert. wirklich völlig bescheuert.

        • hans sagt:

          und dann gibts noch die mischformen, im selbsterleben (eigentlich…) als double-binds erkennbar. einerseits vom tier im mann und doch nicht begeistert zu sein und andererseits vom kleinen beschützenswerten häschen und doch nicht begeistert zu sein (beides gibt es bei beiden geschlechtern). das wird unbewusst durch psychologische prägung/konditionierung erzeugt und ist negativ betrachtet wohl die potenteste form, ein leben lang unglückliche beziehungen zu führen. der/die psychoanalytiker/in Ihres Herzens weiss wohl am ehesten rat…

      • hans sagt:

        und 3. , was den milliardär und aschenbrödel betrifft: ein spielsüchtiger glaubt auch, das nächste spiel werde ich gewiss gewinnen, dann kann ich alle meine schulden zurückzahlen und mir ein grosses haus kaufen, und dann werde ich von der ganzen welt geliebt. kapitalismus entzieht den menschen systembedingt-bewusst ständig anerkennung, die holen sie sich zurück durch konsumsedierung, ermöglicht durch versklavung (lohnarbeit). da aber im heutigen kapitalismus lohnarbeit nicht mehr garantiert ist, stellt man ein „selfie“ ins netz im glauben als star diesem kaputten system zu entkommen oder man wird sozialarbeiter.

  • Philipp M. Rittermann sagt:

    ….weil der westliche wohlstands-feminismus heuchlerisch ist und die opferrollen meist teil einer strategie zur zielerreichung des „fünfer-weggli-und-no-dä-sohn-vom-beck-prinzips“ darstellen. heute gilt das motto „ich bin eine moderne frau. ich kann tun und lassen was ich will. sei es auch noch so widersprüchlich.“ zeitgeist.

  • Malin sagt:

    Ich verstehs auch nicht. Hab auch keine Ahnung, warum das Buch so berühmt wurde. Es ist wirklich grottenschlecht geschrieben. Sex sells i guess…

  • geezer sagt:

    das ganze #MeToo-getue wird doch langsam aber sicher zum rohrkrepierer (zum leidwesen all derer, die unter tatsächlichem missbrauch zu leiden haben). die extremistinnen, die am lautesten rufen, sind wohl die am wenigsten betroffenen. sobald ich #MeToo nur schon sehe, nimmt mein interesse an der thematik dramatisch ab; das gegenteil sollte zwar der fall sein, aber bei der art, wie diese ‚diskussion‘ geführt wird, bekomme ich mehr als nur kopfschmerzen. und ja: warum dieses softpornöchen 50 Shades bei gewissen damen dermassen erfolgreich ist, steht wohl in den sternen. sehnen die sich im 21. jahrhundert echt ’nach einer harten hand‘ im macho-sinne?

  • Irene feldman sagt:

    Keine selbstverantwortung uebernehmen, ganz einfach. Wenn frauen, mit ausnahmen natuerlich, ein ruderboot betaetigen muessen ziehen doch die meisten ein sport-cruiser boot vor. Das cruiser boot verkoerpert den sogenannten dominanten mann nur das dominanz in diesem sinne von schwaeche zeugt denn wenn dem boot:) der sprit ausgeht dann schwimmen alle ans land, solange dies erreichbar ist, oder sie ersaufen. :)))

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.