Ist nicht so wichtig

Die kleine Weggabelung unweit vom Friedhof Hönggerberg wirkt unspektakulär, und doch wird rundherum geschossen – auf Zielscheiben, auf Tore und aus den Schrebergärtenböden. Foto: Thomas Wyss
Übrigens: Von der Kreuzung Kappenbühlstrasse/ Holderbachweg in Höngg ist man in 4 Stunden und 50 Minuten in Baden! Zu Fuss! Klar, nur wenn man keine schlurfenden «Iisches noo wiiit?»-Goofe im Schlepptau hat, die an der Feuerstelle Gubrist unbedingt Cervelats bröötle und danach plötzlich im Chatzensee statt in Baden baden wollen – was einen happigen Umweg bedeutet.
Ach ja, unmittelbar neben dieser Gabelung wird auch emsig geschossen – erstens auf Zielscheiben (von Frühling bis Herbst immer am Dienstagund Mittwochabend von 17 bis 19 Uhr von den Mitgliedern der 1933 ins Leben gerufenen Standschützen Höngg, notabene ein Zusammenschluss der 1864 gegründeten Feldschützen Höngg mit den 1876 gegründeten Militärschützen Höngg), zweitens auf Tore (von den Fussballern des SV Höngg; das Fanionteam spielt in der 1. Liga Gruppe 3 und traf letzte Saison auf den damals noch bei Wettswil-Bonstetten kickenden Gold Omotayo, der inzwischen – siehe Gebrauchsanleitung vom letzten Samstag – beim Whitehawk FC zum Topskorer avancierte) und drittens aus dem Boden (all die gesunden Gemüse, welche die hiesigen Schrebergartengärtner angesät haben).
Und da wir grad dabei sind: Vergessen wir nicht die stattliche Prominenz, die auf dem wenige Schritte vom Wegweiser entfernten Friedhof Hönggerberg den ewigen Schlaf schlummert; seien es Sexualreformerin Paula Brupbacher-Raygrodski und ihr Gatte Fritz, der libertäre Sozialist, sei es Bildhauer Karl Geiser (sein Züri-Leu geht seit 1939 vor der Walche auf und ab, ohne vom Fleck zu kommen), sei es Radiosprecher Otto Steiger, der ab Kriegsausbruch bis 1943 die offizielle «Stimme der Nation» war und somit beim Einmarsch einer fremden Armee die Echtheit der Radionachrichten garantiert hätte, später jedoch, als er schriftstellerisch wirkte, jahrelang als Kommunistenspezi diffamiert wurde.
Sie haben sich eben gefragt, warum dieses periphere Kreis-10-Zeugs hier ausgewalzt wird, als wärs der Teig für ein Weltrekordbrot? Immerhin war doch Trump zu Besuch, GC und der FCZ befinden sich in der heissen Vorbereitungsphase, es droht No Billag, die bürgerliche Wende – interessante Themen gäbe es definitiv zur Genüge.
Sie haben recht: Ist echt nicht so wichtig, was da oben steht. Und genau darum gehts! Pausenlos hecheln wir in Zürich dem Superlativ hinterher: Wo gibts die teuerste Pizza? Das beste Fondue? Das höchste Sprungbrett? Die hippste Party? Das reinste Dope? Aber wieso eigentlich? Rund drei Viertel der Menschen in dieser Stadt sind nüchtern betrachtet ziemlich durchschnittlich – also müsste Ihnen doch das viertbeste Moitié-Moitié, eine stinknormale Fete oder ein Möckli Hasch vom Konradstrasse-Dealer vollauf genügen!
In diesem Sinn ist auch die heutige Gebrauchsanleitung zu verstehen (und zu gebrauchen): Dimmen Sie in jedem Lebensbereich mal ein wenig runter. Dann, so neobescheiden und frisch entschleunigt, zotteln Sie von Höngg nach Baden. Habs ausprobiert – definitiv das achtgeilste Feeling seit langem!
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