Die Schlacht am Tresen

Nicht nur hinter der Bar sollte Anstand herrschen. Auch der Gast soll sich benehmen.
Nicht nur hinter der Bar sollte Anstand herrschen. Auch der Gast soll sich benehmen.

Nicht nur hinter der Bar sollte Anstand herrschen. Auch der Gast soll sich benehmen.

Vergangene Woche habe ich an dieser Stelle das Nachlassen der Freundlichkeit beim Zürcher Barpersonal beanstandet. Anhand diverser Beitragsreaktionen auf Facebook, ist ein solches aber nicht nur beim Barpersonal festzustellen, sondern auch auf der anderen Seite der Theke.

Die Gäste seien unanständiger und herablassender als noch vor 15 – 20 Jahren. Der nette Austausch, das ehrwürdige Gespräch zwischen Mixer und Trinker, findet nur noch selten statt. Der Umgangston sei ruppiger geworden, die Nettigkeiten rarer.

Alex Armbrüster, Chef der Zürcher Barfachschule und seit vielen Jahren am Tresen seiner Bar A Dox, hat das auch beobachtet. Einen Hauptschuldigen an der Kommunikationsmisere hat er auch ausgemacht: «Es ist mit dem Aufkommen der Smartphones tatsächlich anonymer geworden. Gäste die sich früher mit dem Bartender unterhalten haben glotzen heute nur noch auf den Bildschirm ihres iPhones. Unflätige gab es hingegen schon immer. Ich denke nicht, dass es mehr geworden sind.»

Susan Peter, seit bald 20 Jahren an der Hauptbar des Supermarkets, widerspricht: «Ich bin schon der Ansicht, dass sich das Benehmen der Leute geändert hat und zwar nicht zum Guten. Es kommt heute immer wieder vor, dass Gäste an meine Bar platzen und ein: ‚Hey!‘ über den Tresen schmettern, egal wie viele vor ihnen bedient werden wollen. Das gab es früher nur selten. Ich mache den Betreffenden dann klar, dass es bei mir schön brav nach der Reihe geht. In den allermeisten Fällen zeigen sie sich einsichtig und entschuldigen sich sogar. Es sind vornehmlich junge Männer, die sich nicht benehmen können. Mit Frauen gibt’s weit weniger Probleme. Wenn aber mal eine dumm tut, dann richtig».

Das bestätigt Nicole Brack, die seit den 90ern Drinks mixt und seit einem Jahr die Geschäftsleitung des 4. Akt in Zürich West innehat: «Erst neulich gab’s an meiner Bar Probleme mit einem weiblichen Gast – das war richtig wüst». Auch dass die Umgangsformen nachgelassen haben, kann Brack bestätigen. Die Wurzel des Übels verortet sie vor allem beim gestiegenen Konsum von gebrannten Wassern: Früher hätten die Gäste nicht in so oft Hochprozentiges geordert.

Sie alle schliessen nicht aus, dass die Schuld für unangenehme Zwischenfälle zumindest teilweise beim Barkeeper liegt. Valerie Caminada vom Hive: «Ich gucke immer wieder mal welchen zu, bei denen ich mich frage, was die in der Gastronomie zu suchen haben. Kollegen, die den ganzen Abend lang griesgrämig aus der Wäsche schauen. Ich würde nicht an der Bar stehen, wenn ich es nicht lieben würde. Ich denke das merkt man mir auch an. Dadurch gelingt es mir brenzlige Situationen zu entschärfen».

Vielleicht sticht Armbrüsters Empfehlung also doch, selbst wenn sie aufs erste Hören ziemlich abgedroschen klingt: «Es muss wieder lockerer werden. Gilt für beide Seiten des Tresens».

10 Kommentare zu «Die Schlacht am Tresen»

  • Karl Hugentobler sagt:

    Es würde mich ja wundernehmen, was die Bartender über die Herkunft der „jungen Männer“ sagen….

    • Robert Bührer sagt:

      Ach, der braune Hugentobler treibt sein Unwesen auch schon in diesen Spalten.
      Marsch zurück zum Stiefel polieren.

      • Karl Hugentobler sagt:

        Nicht ich betreibe Unwesen, sondern die jungen Männer. Um die geht es ja. Sie aber, Herr Bührer, lenken von der Sache ab, indem Sie nur über meine unwichtige Person reden.

    • tststs sagt:

      Das können nur Schweizer sein. Wie sonst wären sie am Türsteher vorbeigekommen….?
      🙂

      • Darrien sagt:

        Über die Herkunft der jungen Männer lässt sich wohl nur spekulieren. Die meisten dürften wahrscheinlich direkt von zu Hause kommen oder allenfalls bereits bei Freunden oder in einer Bar vorgeglüht haben.

      • jane marple sagt:

        das könnte sogar stimmen, was sie da sagen. nur leider haben schweizer männer sowenig eigene identität, dass sie ausländer nachahmen. dabei orientieren sie sich jedoch nicht an jenen, die gutes benehmen haben, sondern an denen, die auch in ihren eigenen ländern als abschaum bezeichnet werden.

  • Sportpapi sagt:

    Brav nach der Reihe wäre ja gut. Vielfach ist es aber gerade nicht so.
    Dass es mit Frauen weniger Probleme gibt, liegt auf der Hand. Vermutlich sind sie doch deutlich seltener an der Bar, und wenn, werden sie vielfach bevorzugt bedient.

    • tststs sagt:

      Nei, es ist noch viel einfacher. Wir nehmen die Dummköpfe einfach aus und lassen sie für uns an die Bar gehen und bezahlen…
      So sind wir Frauen nämlich… 😉

  • geezer sagt:

    wie man in den wald hineinruft, so schallt’s heraus. das ist eine alte weisheit.

    was mich als kunde zur weissglut treibt sind barkeeper, die sich nicht merken können, in welcher (ungefähren) reihenfolge die gäste an die bar gekommen sind. die bedienen konstant an der gleichen stelle und ignorieren eisern die andere seite der bar. da bin ich dann definitiv schon ziemlich grantig, wenn ich nach einer ewigkeit vielleicht doch mal bedient werde.

    manchmal frage ich mich schon, ob die barbesitzer ihren angestellten überhaupt je schon mal über die schulter geschaut haben. nett zu sein schadet natürlich nie……aber eben: manchmal wird’s dem kunden echt schwer gemacht.

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