Eine Glacegeschichte (Ende¹)

Im heutigen Beitrag dieser städtischen Gebrauchsanleitung gehts (womöglich) um ein Psychogramm und (zweifellos) um eine Erklärung, um monotone Titel und olympische Ideen – in erster Linie aber geht es um Experimente.

Genau wie diese artifizielle Glace auf der Piazza Mauritius in St. Moritz (Aufnahme vom März 2016) schmolz auch die textliche Glace in der Geschichte mehr und mehr dahin … bis sie schliesslich in zwei Episoden gar nicht mehr präsent war. Foto: Keystone

Man könnte es kühl «Diagnose» oder emotional «Geständnis» nennen. Was wäre mit «Making-of»? Sicher passen würde der Begriff «Psychogramm». Doch letztlich ist es egal, wie man das nun Folgende nennt, wichtig sind allein die Fakten, anhand derer heute sowie am 6. Jänner erklärt wird, was es mit dieser Glacegeschichte tatsächlich auf sich hatte.

Das mit dem nächsten Samstag ist mir übrigens etwas peinlich… es war schliesslich von langer Hand geplant, im alten Jahr einen sauberen Schlussstrich zu ziehen. Dass das Zeug nun auch 2018 noch nachhallt, ist nicht die erste, aber wahrscheinlich die blödeste aller Pannen (äxgüsi). Voilà, los gehts.

1. Das Beste für einmal nicht zum Schluss, sondern gleich vorneweg: Diese Sache, die am 1. Juli begann, im September drei Wochen pausierte und jetzt mittels doppeltem Ende unangenehm unelegant ins Ziel torkelt, war ein Versuch. Oder sagen wir lieber: ein Experiment (klingt imposanter und passt besser zum Scheitern) – und zwar sowohl ein medial-soziales als auch ein persönlich-persönliches, wobei das erste das zweite stark beeinflusste.

2. Anhand des medial-sozialen Experiments sollte vorab aufgezeigt werden, dass der Titel und der Inhalt einer Zeitungsstory heutzutage nicht mehr zwingend miteinander korrespondieren müssen; dass man also mehr oder weniger folgenlos drüberschreiben kann, was man will, egal, was unten drin berichtet wird. Und es glückte! Der Glaceanteil an dieser Geschichte schmolz nämlich mitunter so dramatisch, wie inzwischen allüberall die Gletscher schmelzen, in zwei Episoden tauchte das süsse Thema gar nicht mehr auf. Dennoch hat sich niemand (bei mir) darüber beschwert.

3. Im Normalfall wird das in Punkt 2 genannte Phänomen dazu genutzt, um eine Headline zu kreieren, die a) einen Tsunami an Aufmerksamkeit (und Klicks!) generiert und die b) das real Beschriebene an Brisanz meist ganz tief in den Schatten stellt. Ich tat das pure Gegenteil (notabene sehr gezielt, mehr dazu dann in Punkt 5) – viel monotoner, als Samstag für Samstag mit der selbst im Hochsommer bald einmal anödenden Schlagzeile «Eine Glacegeschichte» zu titeln, geht kaum mehr.

4. Zwei journalistische Prinzipien lauten: Es gilt stets der olympische Wettkampf der Ideen («möge die beste gewinnen»), und man halte sich immerzu ans Credo «Kill your darlings» (also: Man streiche zum Wohle der Story jene Passagen raus, die man für besonders gelungen hält). Der andere Aspekt des medial-sozialen Experiments war, diese zwei Regeln für einmal ins Gegenteil zu wenden: Statt also lang nachzudenken, akzeptierte ich jede Woche denjenigen Einfall, der mich als Erster ansprang (egal, wie beknackt er war), und liess mir von ihm den Text diktieren. Und wenn ich am Ende einer Kolumne Überlänge hatte, blieb all das nerdig-nischige Zeugs, das mir diebisch Spass machte, unangetastet drin.

Dass dieser Irrweg, der meinen professionellen Kompass (und damit bald mal auch mich) beinahe in den Wahnsinn trieb, ins Chaos führen musste, war klar: Kaum je konnte ich das einlösen, was ich in der Folge davor angekündigt hatte. Dennoch hielt ich strikt am «System» fest – wieso, erfahren Sie im letzten Ende.

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