Hassprediger ohne Bart

Hasst Schwule nicht, kanns aber nicht so richtig ausdrücken: SVP-Gemeinderat Daniel Regli.
«… dass sich promiske Homosexuelle zwischen 30 und 40 das Leben nehmen, weil der Analmuskel nicht mehr hält, was er verspricht» – das sind nicht die Worte eines salafistischen Dorf-Imams aus dem Hindukusch (obwohl der wahrscheinlich zustimmend nicken würde), das sind Worte, die am Samstag im Gemeinderat vom SVP-Parlamentarier Daniel Regli auf die Menschen losgelassen wurden. Neben vielen anderen sexistischen und einfach erstaunlichen Sachen: Vom in der schulischen Aufklärung thematisierten Analsex sei es dann ein kurzer Weg zur Homosexualität.
Als ich den Artikel las, traute ich zuerst meinen Augen nicht. Ich dachte, der Mann sei so zynisch, dass man ihm das als schwarzen Humor abbuchen könnte. Aber nein, der Herr Regli meint das ernst. Er organisiert auch den «Marsch fürs Läbe» mit, die M-Budget-Version des Abtreibungskliniken-Anzündens. Er spricht also den Frauen ihre Selbstbestimmung über den eigenen Körper ab.
Er fürchtet sich zudem offenbar davor, dass Kinder zu früh aufgeklärt werden, weil sie so schwul werden könnten. Das ist die Gedankenwelt, in der der Mann lebt. Sicherlich würde er von sich sagen, dass er Homosexuelle nicht hasst, sondern nur die Sünde. Also nicht Schwule, sondern nur schwule Schwule.
Die CVP forderte letzte Woche in ihrem Positionspapier die Überwachung von Moscheen, um bei Hasspredigten sofort Massnahmen ergreifen zu können. Ich denke, die CVP sollte den Zürcher Gemeinderat mit auf die Liste nehmen. Denn nichts anderes als eine Hasspredigt hat der SVP-Mann vom Stapel gelassen.
Inzwischen fordert die JUSO den Rücktritt Reglis. Nun, da bin ich anderer Meinung. Solche Figuren müssen sichtbar bleiben, um uns daran zu erinnern, dass es noch genug Menschen mit menschenverachtendem, bösartigen Weltbild gibt, um so jemanden in den Gemeinderat zu wählen.
Es ist Weihnachtszeit – und wir besinnen uns auf die christlich-abendländischen Werte. Das fällt aber gerade ziemlich schwer, wenn man die Berichte über die Übergriffe des CVP-Buttets liest und solche Worte im Parlament einer Stadt fallen, die weltweit für ihre gesellschaftsliberale Haltung bekannt ist. Irgendwie sind mir da diese christlich-abendländischen Werte plötzlich suspekt.
Wir haben Fundamentalisten unter uns. Und sie tragen keine Bärte und rufen auch nicht «Allah akbar!», sie gehen brav am Sonntag in die Kirche und in ihren Köpfen hats weder Platz für einen Grundrespekt noch für die in der Verfassung festgeschriebene Trennung von Religion und Staat.
Ich bin Regli dankbar für die klaren Worte. Er hat mich daran erinnert, warum ich jeden Tag für eine offene, humanistische, empathische und soziale Gesellschaft einstehe.
28 Kommentare zu «Hassprediger ohne Bart»
Liebe Leser,
ich schliesse hier die Kommentarfunktion, um gewissen fundamentalistischen Kommentatoren keine weitere Bühne zu geben.
Ich musste diverse Kommentare zum Thema Homosexualität, Recht auf den eigenen Körper und grundsätzliche andere Fragen löschen, weil sie schlichtweg böse waren.
Ich wünsche Ihnen schöne Weihnachten.
Der Autor
Hassprediger ohne Bart – ja gut, im Babyface spriesst eben noch kein Bart…
Herr Arbi: Wie kann Ihre Welt eine humanistische sein, wenn vollentwickelte Kinder umgebracht werden dürfen? Meine Zwillinge kamen verfrüht auf die Welt. Vom ersten Moment, in meinem Arm liegend, interessierten sie sich um meine Stimme und versuchten die Augen zu öffnen. Hätte ich diesen Neugeborenen das Genick gebrochen und ein Messer durchs Herz gestochen, wäre ich lebenslänglich im Gefängnis gelandet. Hätte ich jedoch eine Stunde vor der Geburt die Abtreibung verlangt, da ich nun doch lieber Mädchen statt Jungs möchte, dann hätte der Arzt „legal das Genick der Zwillinge gebrochen und deren Herz durchgestochen. Mit diesen Worten wünsche ich Ihnen humanistische Weihnachten….humanistisch aus der Sicht des „starken Erwachsenen“ und leider nicht aus Sicht des „hilflosen Ungeborenen….“
Ja, wahnsinnig dramatisch. Nur sollten sie vielleicht unser Abtreibungsrecht lesen, bevor Sie so einen Müll schreiben.
Abtreibungen sind zeitlich klar begrenzt.
Schön, wenn das Leben so einfach schwarz-weiss ist!
In den letzten 100 Jahren haben viele, heute angesehene, atheistische Menschen ihre eigene „Bibel“ zu analysieren versucht. Es hiess „Das Kapital“. Man soll sich nicht vorstellen, was dabei für Unsinn herausgekommen ist und wieviele Menschen deswegen starben. Da ist christlicher Fundamentalismus ein Kinderspiel dagegen.
Es gibt seit kurzem ein Unterhaltsrecht. Progressiv, stärkt die Rechte der Frau. Schwängere ich eine Frau, zahle ich jetzt etwa 3000 statt 1000 pro Monat. Seitdem verzichte ich auf Frauen mit geringem Verdienst als Freundin, zu gefährlich (Anreizproblematik).
Bei Daniel Regli ist’s offensichtlich. Aber auch linke Politik kann schneller zu Menschenverachtung und Diskriminierung führen als einem lieb ist, leider!
Müsste natürlich „neues Unterhaltsrechtsrecht“ heissen. Fällt mir dazu grad nochmals etwas ein: Man ist ja für das Abtreibungsrecht, ich inklusive. Aber man ist auch gegen die selektive Abtreibung weiblicher Föten in gewissen Ländern. Diskriminierend, weil den weiblichen Föten das Recht auf Leben vorenthalten wird? Das Argument geht leider nicht, weil man als Abtreibungsgegner eben gerade kein Recht auf Leben von Föten anerkennt, weder männlichen noch weiblichen.
Also weil die Frauen „zur Abtreibung gezwungen“ werden? Wirklich? Was wäre die Alternative? Kinder machen, bis die gewünschte Anzahl Söhne da ist? Bin nicht sicher, ob da aus frauenrechtlicher Sicht die selektive Abtreibung nicht die bessere Lösung ist.
Also: Ist man auf linker Seite wirklich so viel besser und aufgeklärter?
Nun ja, ich sehe die „Rechts/Links“ Frage nicht. Selbstbestimmung über den Körper. Fertig. Kein Zwang. Frauen entscheiden selbst. Ihre Gründe dafür müssen sie niemandem gegenüber rechtfertigen. Wo ist das Problem?
@Réda El Arbi
das Problem liegt bei den Entscheidungsgrundlagen welche den Betroffenen zur Verfügung stehen. Eine ungeplante Schwangerschaft wird in den meisten Fällen erst mal eine heftige Erschütterung auslösen, völlig verständlich. Ist das Umfeld dann eher für Abtreibung und werden den Betroffenen keine Unterstützungsmöglichkeiten/Rechtsansprüche aufgezeigt, sich Zeit genommen in der meist sehr kurzen Zeitspanne welche zur Entscheidungsfindung überhaupt zur Verfügung steht, mit allen pro/kontras auseinanderzusetzen, dann fallen die Entscheide nicht unbedingt weil frau das ganz unabhängig-selbstbestimmt so will; sondern weil sie die Wahl eben gerade nicht hat.
Nun ja, das Gesetz und eine Mehrheit der Menschen in diesem Land, darunter sehr viele Frauen, sehen das anders.
Echt jetzt? Christlicher Fundamentalismus ein „Kinderspiel“? In der menschlichen Geschichte, seit dokumentiert, waren christliche Fundamentalisten die grössten Massenmörder von allen. Von ALLEN. Es gibt keine Gruppe, Religion, Ideologie, die für mehr Tote verantwortlich ist als das Christentum. Nicht einmal die Nazis.
Aber eben. Ich mache weltoffene und der Nächstenliebe verpflichtete Christen von heute nicht für die Taten der religionswahnsinnigen Verantwortlich, Genausowenig, wie ich Atheisten für Stalins Wahnsinn verantwortlich mache.
Regli wird nicht angegriffen, weil er Christ ist, sondern weil er menschenverachtend ist und das mit seinem Christsein begründet.
Regli hat zu tief ins Buch geschaut, darum ist er ein Fundamentalist. Klar, einverstanden!
Aber er ist eben nicht der einzige. Das ist, was ich sagen wollte. Die linken Studenten 1968 mit ihrem Marx, Lenin, Stalin, Trotzki und Mao brüteten auch sektiererisch über ihren heiligen Büchern. Noch heute gibt es in Frankreich trotzkistische Parteien. Die Linke glaubt immer noch an Stamokap.
Sektierertum unterliegt Moden und kann sozial sehr anerkannt sein. Res Stehle durfte auch „Kapital und Krise“ schreiben und später dennoch TA-Chefredaktor werden. Und das ist gut so!
Sektierertum entsteht immer dann, wenn Leute zu lange zu tief in heilige Bücher schauen. Fundamentalismus ist nicht die Ursache, sondern die Folge der Beschäftigung mit heiligen Büchern.
Zwei Entgegnungen:
Erstens: Die Trennung von „Religion und Staat“ ist nicht in der Verfassung festgeschrieben, zumindest nicht im Kanton Zürich.
Zweitens: Nicht jeder, der „brav am Sonntag in die Kirche“ geht, ist ein Sonderling wie Herr Regli. Und Wirrköpfe gibt es überall, nicht nur unter Gläubigen.
Offenheit und Toleranz sollten nicht nur für Atheisten und Religionsgegner gelten.
Natürlich nicht. Ich wurde als Atheist eingeladen, in diesem Jahr die Pfingstpredigt in einer reformierten Kirche im Aargau zu halten. Wir haben uns in den Grundwerten problemlos verstanden, auch wenn wir spirituelle Unterschiede aufweisen.
Die Trennung von Kirche und Staat ist übrigens in der Bundesverfasssung, die übergeordnet auch für die Kantone gilt.
Ich bin kein Religionsgegner. Ich bin ein Idiotiegegner. Und viele meiner atheistischen Mitbrüder sind missionarischer als selbst militante Freikirchler. Nur gehts halt heute nicht um die.
Sorry, gerade nachgelesen. Stimmt. Trennung von Kirche und Staat fällt in die Kantonsverantwortung und ist in Artikel 15 BV nicht explizit erwähnt. Danke für den Hinweis.
Es gibt Leute, die machen sich Gedanken über andere Hinterteile, weil sie selber den eigenen nicht sehen können.
„Ich bin Regli dankbar für die klaren Worte. Er hat mich daran erinnert, warum ich jeden Tag für eine offene, humanistische, empathische und soziale Gesellschaft einstehe.“
Einverstanden, ich auch. Kann das sofort unterschreiben.
Ein paar Anmerkungen trotzdem:
– Es gab und gibt in der CH keine Anschläge von Abtreibungsgegnern auf Kliniken, Abtreibungsärzte etc.
– Wer sich das Gefasel gestern zu Gemüte führte, erkennt, der Mann ist ein Sonderling mit sektiererischem Gedankengut. Das macht ihn mehr lächerlich als gefährlich. Gemäss neuster Umfrage ist ja sogar die SVP-Basis mehrheitlich für eine Ehe für alle.
– Wie viele homophobe Extremisten scheint er ein gespanntes Verhältnis zur eigenen analen Fixation zu haben. Auch das dürfte er mit den salafistischen Brüdern im Geist teilen.
Er wurde gewählt. Wenn er auf einer Kiste an einer Strassenecke seinen wirren Sch*** erzählen würde, wär ich Ihrer Meinung. Der Mann sitzt aber im Stadtparlament.
Das ist richtig, Herr El Arbi. Wobei auch noch andere Freaks gewählt wurden, und immer wieder gewählt werden. Es soll ja auch Politiker geben, die jede Frau, die gerade über den Weg läuft, quasi zwangs ihrer Natur begrapschen müssen, und sich wegen ihres Fendantspiegels grundsätzlich nie an etwas zu erinnern scheinen. Es soll aber auch solche geben, die sich zu Straftaten im In- und Ausland hinreissen lassen, und mit Terroristen sympathisieren.
Aber wenn Sie der Ansicht sind, dass der Mann als Politiker eigentlich nicht mehr tragbar ist, dann pflichte ich Ihnen auch da bei.
Ja, das Parlament ist ein Spiegel des Volkes. Idioten überall 🙂 Und ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie auf andere schwarze, rote braune und völlig blaue Schafe hinweisen. Für die gibts dann auch vor den Latz, wenns mir ins Auge fällt.
„Für die gibts dann auch vor den Latz, wenns mir ins Auge fällt.“
Darauf freue ich mich schon jetzt. 🙂
Ihnen wünsche ich ganz herzlich frohe Festtage!
Super Text. Bin überhaupt nicht links, es geht aber um mehr als links/rechts Schema, sondern um Anstand gegenüber anderen Menschen. Und dieser Hetzer namens Daniel Regli passt nicht in unsere wunderschöne Stadt. Es ist sehr zu hoffen, dass dieser Hetzer zukünftig im Parlament isoliert wird. Nein echt, es macht wütend wie ein von mir durch Steuergelder mitfinanzierter Politiker einen solchen Schrott in einer Budget-Debatte rauslassen kann.
Interessant. Nur haben uns die Worte „… Er hat mich daran erinnert, warum ich jeden Tag für eine offene, humanistische, empathische und soziale Gesellschaft einstehe…“ auch nicht weiter gebracht und geholfen.
Naja, das wissen Sie nicht. Da Sie nicht wissen, wo und mit wem ich mich für diese offene und empathische Gesellschaft einsetze und wie es aussehen würde, wenn wir das nicht tun würden.
Aber was ist eigentlich der Punkt des Kommentars?
Vielleicht versteht Martin einfach nicht, wie Empörungsbloggen und das Einstehen für eine offene, humanistische, empathische und soziale Gesellschaft wirklich zusammenhängen. Der unbedarfte Leser empfindet solche Texte, die immer ein, zwei Tage nach der eigentlichen Berichterstattung zu solchen Ereignissen erfolgen, halt vielleicht doch primär als Clickbaiting (Neudeutsch für Effekthascherei)…
Naja, ich war nicht im Gemeinderat und hab erst gestern von dem Vorfall erfahren. Und natürlich könnte man meine Art des Schreibens als Effekthascherei verstehen. Oder man könnte sehen, dass jemand mit Namen und Gesicht in der Öffentlichkeit gegen etwas aufsteht. Ist eine Frage der persönlichen Perspektive. Aber grundsätzlich: Was lässt dich glauben, dass ich mit Einstehen für eine offene Gesellschaft meinen Blog hier meinte? So, keine Ahnung von meinem Leben und meinen Aktionen haben. Aber eine Meinung dazu 🙂
PS: Ich brauch kein Clickbaiting
Es isch ae mal en tubel gsii….brutal ist nur das die bevoelkerung, einige davon, ihm glauben. Dein artikel ist wieder wunderbar geschrieben…hoffendlich machst du so das bewusstsein vieler wach.
Es zeigt sich wie Nahe sich Extremisten und Faschisten sind, nur noch das Bauch aus dem man predigt muss man austauschen.
Jede Art dieser Hassprediger gehört bekämpft. Wenn die SVP nur einen Funken Anstand hätte, würde sie sich von Reglis Aussage distanzieren und sich öffentlich entschuldigen.
Mir läuft eine kalte Schauer über den Rücken. Da wird Gift versprüht, das ist ein Brunnenvergifter, leider fühlen sich so denkende Menschen in Sicherheit, ist ein so radikal menschenverachtender Standpunkt salonfähig geworden. Das ist beängstigend. Es ist ein kollektives aktuelles Problem. Seien wir wach und mutig, um dem entgegenzutreten……