Die Agglo hat ein Problem

Eigentlich verhält es sich mit unserem Verhältnis zu Weihnachten genau umgekehrt wie mit unserem Verhältnis zur Agglo.

Nährt die Weihnachtsimagination: Der geschmückte Baum vor dem Rockefeller Center (Keystone/AP Photo/Andres Kudacki).

Es gibt Dinge, die sind in unserem Assoziationsuniversum unzertrennlich mit der Agglo verbunden: Ikea-Fachmärkte zum Beispiel. Oder Occasionshändler. Oder Strassenkreisel mit sogenannter Kunst in der Mitte. Andere Dinge bringen wir ebenso eindeutig nicht mit Agglo in Verbindung: Ferien zum Beispiel. Oder Trudi-Götz-Boutiquen. Oder… Weihnachten.

Der Fall Weihnachten lohnt eine genauere Betrachtung. Beziehungsweise den Versuch, das Klischee von der Realität zu trennen. Das Klischee geht so: Wer Weihnachten hört, denkt entweder an herzerwärmend geschmückte Altstädte mit Glühwein, Marroni und Märlitram. Vielleicht denkt er sogar an festtagsmässig aufgebrezelte Grossmetropolen, im Fall Londons unvergesslich verewigt im lustigsten und rührendsten Weihnachtsfilm aller Zeiten («Love Actually»).

Oder er denkt an eine tief verschneite Berghütte mit anheimelnd goldenem Licht hinter dem Sprossenfenster, Christbaum, Kachelofen und einer fröhlich-friedlichen Familie beim Fonduerühren. So irgendwie.

Weihnachten in der Dazwischenwelt namens Agglo, in Dietlikon oder Opfikon: Das ist in unserer von Sehnsüchten gesteuerten Vorstellungswelt dagegen nicht vorgesehen. Muss uns Fürsprechern der Agglo, die sich in diesen Spalten ausbreiten, das betrüben?

Muss es nicht, denn im Grunde verhält es sich mit unserem Verhältnis zu Weihnachten genau umgekehrt wie mit unserem Verhältnis zur Agglo – und das heisst unter dem Strich: Vorteil Agglo. Sie hätten es gern etwas weniger kryptisch? Bitte sehr: Unsere Weihnachtsimagination ist – siehe oben – genährt von Träumen: Schlittschuhlaufen beim Rockefeller Center. Eisblumen in der Romantikhütte. Oder wenigstens eine gemütlich-friedliche Familienrunde um den heimischen Christbaum. Die Realität ist dann oft etwas weniger idyllisch: Für New York und den Tiefschneezauber fehlen das Geld beziehungsweise die Hütte beziehungsweise beides zusammen. Und mit dem Frieden innerhalb der Familienrunde ist es jeweils spätestens nach der Vorspeise vorbei. Kurz: Die Weihnachtszeit krankt an ihrer Überhöhung, an überschiessenden Erwartungen – beziehungsweise an der Fallhöhe zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

Die Agglo hat derweil das gegenteilige Problem: Sie ist unterbewertet – was definitiv das komfortablere Problem ist. Mit anderen Worten: In der Agglo ist die Realität besser als die Vorstellung davon. Nehmen wir, exemplarisch, den Fall Agglo-Weihnachten. In unserer Vorstellungswelt: nicht existent. In der Realität: Haben Sie jemals einen schöneren Weihnachtsbaum gesehen als jenen von Erlenbach? Ein Baum, dicht behängt mit goldenen Kugeln. Ebenfalls eine Wucht: der farbig geschmückte Baum beim Lindt-&-Sprüngli-Areal in Kilchberg. Oder das Eisfeld bei der Schiffsstation in Küsnacht. Natürlich gibt es in der Agglo auch das, was beim Nicht-Agglo-Menschen reflexartig das «Typisch Agglo»-Verdikt weckt: quadratisch geschnittene Buchsbäume mit einem Mäschli rundherum. Tafeln, über die zwecks «Verschönerung» eine Samichlausmütze gestülpt worden ist. Wer aber glaubt, es gebe in der Agglo nur solches – der kennt die Agglo nicht.

11 Kommentare zu «Die Agglo hat ein Problem»

  • Rolf Hefti sagt:

    Ich wohne in Niederglatt. Unsere Weinachsbeleuchtung ist neu und für meine Ansprüche genügend. Natürlich gibt es angesagtere Wohnlagen, weshalb aber reiche Gemeinden nicht auch Agglomeration sein sollen, haben Sie nicht genügend erklärt.

  • Marge sagt:

    Wissen Sie überhaupt was eine Trudi Götz Boutique ist? Diese finden Sie nicht in der Agglo, sondern im Kreis 1.

    Weihnachten ist ein Stubenbrauch. Vorstellungen vom idealen Fest sind bei den meisten Menschen ortsunabhängig . Es braucht eine Stube, ein Baum, Geschenke, Kerzenschein, Essen und Menschen. Ob Chalet oder Agglo spielt bei diesem Brauch kaum eine Rolle.

  • Etienne sagt:

    Erlenbach, Kilchberg, Küsnacht, als Beispiele für die Agglo ??
    War vor kurzem in Niederglatt, das ist Agglo !

    • Maiko Laugun sagt:

      Sie haben leider nichts verstanden (unabhängig davon, dass der Beitrag schwach ist), Agglo hat nichts mit ländlichen Gemeinden zu tun.

      • Lichtblau sagt:

        Da man ja oft liest, dass Zürcher zähneknirschend in die Agglo abwandern, weil sie sich die Mieten in der Stadt nicht mehr leisten können: Die teuren Seegemeinden sind damit kaum gemeint – die gelten eher als „Aufschwung“.

  • Othmar Riesen sagt:

    Die Zürichsee-Gemeinden bezeichne ich nicht als Agglo, jene der Goldküste schon gar nicht.

  • Bela Summermatten sagt:

    Wieso müssen sich eigentlich immer Proleten aus der Agglomeration negativ über die Agglo äussern. Die eigene Herkunft verleugnen ist auf Dauer ungesund.

  • Oliver Eschler sagt:

    Was schreiben Sie hier eigentlich zusammen?

  • Reto sagt:

    Orte wie Dietlikon und Opfikon sind Agglo nach Lexikon. Zu Gemeinden wie Kilchberg, Erlenbach und Küsnacht passt der Begriff irgendwie nicht.

  • Hans von Gunten sagt:

    Der Beitrag ist langatmig.

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