Gut gemetzget

Die Städter sind aufs Schwein gekommen. Und dies nicht erst, seit kürzlich in Sissach eines öffentlich geschlachtet wurde. Tout Zurich zelebriert das Landleben, einmal jährlich an eine Metzgete zu gehen, gehört zur Pflicht.
Da will man als Unwissende mitreden können, Schnörrli, Blutund Leberwurst wollen gekostet werden. Der Geeren in Gockhausen, die Landbeiz vor den Toren der Stadt, scheint für das erste Mal die geeignete Adresse. Seit Jahren pflegen die Wirtsleute die Metzgete-Tradition mit Fleisch von der Metzgerei Buffoni in Illnau. Einsteiger wie Stammkunden pilgern jeden Herbst nach Dübendorf (obwohl auf den Bildern im Netz kein Gast vor den vollen Gläsern sitzt). Doch: Die Neugierde ist an diesem Sonntag grösser als die kulinarische Lust.
Ein Glück, dass eine befreundete Familie mitkommt und die Mutter ebenso wissenshungrig ist, wie so eine Schlachtplatte schmeckt. Der Mann, sonst dem Fleischigen zugewandt, kann mit dem «gruusigen Fülscher-Zeugs» nichts anfangen. Die Kinder haben schon bei der Vorstellung von Gemetzgetem das Gesicht verzogen.
Nach einem stündigen Marsch von der Tramstation Burgwies durch das Stöckentobel – wegen des steinernen Elefanten als Elefantenbach bekannt – ist der Hunger für ein Mittagsmahl gross genug. Den braucht es, wie sich in der vollen Gaststube zeigt. Landbeiz heisst: Üppigkeit und Währschaftes.
Ein Glas Wiisse Suuser (13.50 Fr./5 dl) hilft beim Angewöhnen, die Kuckucksuhr macht Musik, ein Salat vorab dient als Frischekick. Sowohl Nüsslisalat mit Ei (9.50 Fr.) als auch gemischter Salat (8.80 Fr.) werden ungefragt mit französischem Hausdressing gereicht. «Gut und echt gilt als recht» steht auf einem Schild, das an Eisenketten von der Holzdecke baumelt.
Echt, aber optisch wenig ansprechend wirkt die Schlachtplatte (ab 2 Pers., 34.50 Fr.). Keine Spur von farblicher Knackigkeit. Das macht das Reinbeissen schwer. Das Gewohnte bekommt den Vorzug. Kartoffeln und Kraut sind gut gewürzt, Rippli und Speck nicht trocken. Dann die Leberwurst: bekömmlich, exzellent gewürzt und lässt die Schweinsbratwurst fad daherkommen. Die Schnörrli: schmecken zwar, aber die Konsistenz ist gewöhnungsbedürftig. Übrig bleibt nur ein Stück Blutwurst: zu blutig ihr Geschmack. Auch mit einem Schluck Huuswyy, einem Chablais rouge (20.50 Fr./5 dl), lässt sie sich nicht hinunterspülen. Dennoch überwiegt der Stolz über die gewonnene Schlacht, die lobenden Worte des Mannes für die Chäs-Bölle-Wähe mit Speck (22.80 Fr.) gehen unter. Und die Kinder sind glücklich mit Chicken Nuggets und Frittli (15.80 Fr.), Buntstiften und Büchern der aufmerksamen Bedienung und erst recht mit einem Coupe Dänemark (9.80 Fr.) zum Nachtisch.
Zur Routine dürfte die Metzgete dennoch nicht werden. Das Wissen über die Wurstzutaten – sie werden hier anstandsweise verschwiegen – lässt sich nicht mehr verdrängen.
Geeren, Obere Geerenstrasse 72, 8044 Gockhausen
Telefon: 044 821 40 11
Mittwoch bis Samstag, 10.30 bis 23 Uhr, So 10.30 bis 22 Uhr
Metzgete: bis 26. Nov.
Dez. bis Feb.: Spätzli-Festival und Fondue-Plausch
Website
6 Kommentare zu «Gut gemetzget»
Optisch sieht es so aus, die Kartoffeln aus dem Wasser gezogen, das Fleisch warscheinlich auch, wichtig ist dass die Bratwurst Rostabdrücke hat…nein danke, man muss das eben auch können..
Als gäbe es Metzgete nur im «Geeren» und dann noch die vor kurzem im gleichen Verlag erwähnte Designer-Sause in Schwamendingen. Und wenn das nächste Mal ein veganer Mensch darüber schreibt: Das hilft neugierigen Liebhabern des schweinischen Schmauses leider nicht weiter. Bitte entdeckt doch die «Köchlistube», das «Kornhaus» … Lustvolle Empfehlungen, statt lustlose Verrichterstattungen. Danke.
Die „Köchlistube“ wurde der Leserschaft exakt eine Woche davor ans Herz gelegt, werter Herr Linder …
O, verpasst. Danke Herr Wyss.
Wer keine Metzgete mag soll sie eben nicht essen. Im Vergleich mit anderen ist die Geeren-Metzgete eine der Besten … by the way Schlachtplatte ist dann doch ein wenig sehr deutsch ….
No, Mister Hobbes, die Schlachtplatte ist nicht „ein wenig sehr deutsch“, sondern sehr schweizerisch. Völlig deutsch ist hingegen der „Nachtisch“. Korrekt müsste es Dessert heissen.