Das Wunder vom Seefeld

Das Beständige im wandelnden Quartier: Das Restaurant Miracle. (Bild: Thomas Egli)
Das Seefeld hat sich in den letzten 20 Jahren derart verändert, da grenzt es an ein kleines Wunder, wenn man im Quartier noch etwas Beständiges findet. Dieses kleine Wunder gibt es. Und es heisst – oh, Wunder – Miracle. In diesem Lokal aber serviert die Wirtin nicht etwa französische oder – Gott bewahre – englische Gerichte, wie man vom Namen her meinen könnte. Sondern italienische. Und auch dabei bleibt das Miracle herrlich konservativ: Seit der Schreiberling das erste Mal im Lokal war – das war wohl so um die Jahrtausendwende –, hat sich die Karte kaum gewandelt. Zugegeben: Die Preise waren damals etwas günstiger. Aber: Auch heute noch gehört das Miracle zu den eher günstigen Speiselokalen in Zürich. Vor allem, wenn man die Lage im Seefeld mit einrechnet, wo die Zinse für Mietwohnungen sich in der gleichen Zeit verdoppelt haben dürften. Was heisst: Eine Pizza im Miracle kann man sich problemlos leisten, von einer Wohnung träumt man besser nicht mal mehr.
In der guten Beizenstube ist es schummrig wie eh und je, wer etwas Mühe hat mit den Augen, kriegt wohl auch ein wenig Schwierigkeiten, die Karte zu entziffern. Stammgästen – und von denen hats im Miracle viele – ist das aber egal, sie wissen, was zu bestellen ist. Wir entscheiden uns zur Vorspeise für ein klassisches Rindscarpaccio (19.50 Fr.) sowie einen saisonalen Nüsslisalat mit Eierschwämmli (17.50 Fr.). Das Fleischgericht überzeugt vollends: Das Verhältnis von rohem Rindfleisch zu gehobeltem Parmesan ist perfekt. Die Begleitung lobt derweil die sautierten Pilze, die für einmal eine recht stattliche Grösse aufweisen.
Mit Spannung warten wir vor allem auf eines der beiden Hauptgerichte. Denn: Das Miracle hatte immer schon den Ruf, mitunter die besten Pizzas der Stadt zu backen. Als wir vor zehn Jahren noch im Seefeld wohnten, liessen wir uns etwa im Zweiwochenrhythmus davon überzeugen. Und wir werden auch nach einer längeren Miracle-Abstinenz nicht enttäuscht: Der Teig ist immer noch so dünn wie damals, er hält seine trockene, knusprige Art auch, bis der letzte Bissen im Mund verschwunden ist. Belegt ist die Quattro Stagioni (19.50 Fr.) mit Zutaten, die sich geschmacklich gut ergänzen – weder die Peperoni noch die Artischocke oder der Schinken drängen sich dabei vor. Die Pizza Margherita übrigens gibts im Miracle für günstige 12 Franken.
Der Pasta als zweitem Hauptgericht sieht man deutlich an, dass sie hausgemacht ist – was hier positiv gemeint ist. Die Taglierini haben nicht die Gleichförmigkeit von Industrieprodukten und sind perfekt al dente gekocht. Das Gemüse dazu ist schmackhaft und hat einen knackigen Biss.
Zu den italienischen Speisen genehmigen wir uns auch einen Wein unseres südlichen Nachbarn. Der Brancaia – ein Chianti classico Riserva – aus dem Jahr 2010 (79 Fr.) braucht zuerst etwas Luft, um seine Kraft und seinen Charakter zu entfalten.
Restaurant Miracle, Fröhlichstrasse 37, 8008 Zürich
Montag bis Freitag 11 bis 24 Uhr, Sonntag 17 bis 24 Uhr
Tel. 044 382 20 05
Website
13 Kommentare zu «Das Wunder vom Seefeld»
Ich kann mich dieser komischen, nostalgisch verbrämten Wahrnehmung gar nicht anschliessen. Mein letzter Besuch war vor Kurzem: Es ist viel zu laut, zu eng, und wenn ich gerne im Dunkeln esse, dann empfehle ich in die Blinde Kuh zu gehen; die ist ja auch nicht weit. Ja, die Teigwaren waren sind hausgemacht, ich hatte so viel auf dem Teller als wäre ich ein Bauarbeiter mit Akkordlohn, aber langweilig und recht fad. Abgesehen davon, nicht wirklich billig. Sowieso, diese Assoziation von wegen die Wohnungen im Seefeld sind teuer, also muss es die Küche auch sein, ist oberflächlicher und unbedachter Blödsinn. Und glaubt der Autor ernsthaft, dass ein Restaurant während über 15 Jahren gleich gut kocht?! Wünsche ihm und seinen Kumpanen schönes Verweilen in der senilen Vergangenheitsverklärung.
Gut gemacht Tagi, es ist ja jetzt schon mega schwierig im Miracle einen Tisch zu bekommen. Nun kann man spontan-besuche aber gänzlich vergessen. Wie wäre es mal ein Restaurant zu unterstützen wo es noch nötig hat?
Pizza sollte man zusammenfalten können.
Also der Boden MUSS noch biegsam sein.
Rohschinken auf Pizze ist grauslich. ebenso ananas.
Nun gut, die Pizza für Fr, 12.- in CH ist in Ordnung, es darf aber keine andere mehr kosten, alle Menus dürften nicht mehr als Fr. 25.- kosten, ansonsten muss ich wieder nach Koblenz, Schweinebraten mit Knödeln und Sauerkraut für Euro 14.-, dazu eigene Biere für Euro 1.70 die Stange. Man sieht auch nur Schweizer Autonummern. Man sollte eben die Abzockermetropole Zürich meiden, das fängt beim Parkplatz an, Kafee unbezahlbar usw. jeder soll machen was er für richtig hält, nicht umsonst ist die Gastroszene in Zürich in den roten Zahlen.
Danke Tagi, nun hast du auch noch eine der letzten Zufluchten in dieser Stadt ans grelle Licht gezerrt. Das Miracle wird derart überrannt werden, dass man’s abschreiben muss…
Bestes Restaurant und Pizzeria in der Stadt. Super Personal und sehr schönes Restaurant. Schön dass es im Seefeld noch so etwas gibt.
Wenn mich jemand fragt, wo man denn hingehen sollte in Zürich, gebe ich gerne Tipps. Das Miracle aber erwähn ich nur bei wirklich guten Bekannten. Es ist ein Juwel, das ich gerne hüte. Wirklich einer meiner Lieblingsplätze in Zürich. Nie habe ich schlecht gegessen, nie hatte ich das Gefühl, zu viel bezahlt zu haben. Und immer war glücklich, da gegessen zu haben. Und traurig, dass es schon vorbei ist.
„Günstig“ ist immer relativ, erst recht bei der Pizza.
„Die Pizza Margherita übrigens gibts im Miracle für günstige 12 Franken.“ Na ja, in Frankfurt am Main könnte ich bei meinen Lieblingsitalienern bein Margherita für Euro 4.50 haben. Vielfach esse ich jedoch eine Pizza mit Parmaschinken (reichlich vorhanden), Parmesan und Ruccula, zu Preisen zwischen Euro 10 und 12 oder aktuell mit frischen Steinpilzen in der selben Preisrange.
Die Frage ist, woher as Fleisch kommt, was die Leute, die da arbeiten verdienen und ob die Steinpilze in der Nähe von Tschernobyl gesucht wurden.
@ Réda El Arbi: Der Schinken kommt aus Parma. Das Restaurant ist ein Familienbetrieb, mit dem Chef bin ich seit Jahren der Du. Der Betrieb rentiert und es wird genug verdient. Bezüglich Steinpilzen werde ich mich bei meinem nächsten Besuch erkundigen 🙂 Im übrigen ist es auch in Frankfurt so, dass mit Getränken mehr verdient wird, wobei auch da die Preise wesentlich tiefer liegen als in der Schweiz.
„..dann bleiben Sie doch in FFaM…“ verklemme ich mir jetzt..ist primitiv..aber was Reda sagt, stimmt genau: Woher kommen die Zutaten, und was ist das Lohnniveau?
Und ausserdem: Pizza mit Rohschinken ist ein NoGo..wie Pizza Hawai..
„Der Teig ist immer noch so dünn wie damals, er hält seine trockene, knusprige Art auch, bis der letzte Bissen im Mund verschwunden ist.“ Genauso ist eben eine italienische Pizza nicht. Dem Teig wird Olivenoel beigegeben, damit der Pizzaboden nicht knusprig wird, sondern weich bleibt. Pizza-Banausen sprechen dann gern von einem Gummifladen. Man muss wissen, dass Suedlaender nicht gerne auf Hart beissen. Typisch fuer eine Pizza in Italien sind denn auch die grossen Blasen entlang des Randes (durch die Hefe verursacht) und dass sie weich zu essen ist.