Der Weg is(s)t das Ziel
«Was denkst du, ist il oder el camino gemeint?» – «Du fragst das wegen des passenden Bonmots für den Titel, nehm ich an.» – «Genau. Und ich hoffe inständig auf den Weg – das Einzige, was mir zu il camino sponti einfällt, ist nämlich das da: ‹Der Kamin ist das Tulpenbeet eines Wintertages.›» – «Vergiss es, das hat ja nicht mal mit Kulinarik zu tun.» – «Ich weiss, dammisiech.» – «Soll ich die Bedienung fragen, was gilt?» – «Lass gut sein. Ich berufe mich einfach auf den ‹Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss›-Standpunkt und bleib bei el camino, dazu fällt mir sicher noch was Originelles ein.» – «Davon bin ich überzeugt.»
Tja, so weit kann es kommen, wenn Journalistenfreunde, die sich in ihrer langen Kumpanei mehr oder weniger alles gesagt haben, was es an Wichtigem zu sagen gab, in einem Restaurant mit italienischem oder spanischem Namen zusammenkommen.
So, nun aber eilends zur Hauptsache, sprich zum gastronomischen Abendprogramm. Es beginnt mit zwei Glas Sauvignon blanc und einer Musterung des lauschigen Hinterhofgartens – wobei «lauschig» auch meint, dass man der verblüffenden Stille wegen mit gutem Gehör/Hörgerät durchaus mitbekommen könnte, was die Tischnachbarschaft beplaudert (wir, wohlerzogen, lassen das natürlich bleiben; auch weil man nebenan über Zürichs inoffiziellen Schirmherr debattiert, das ist langweiliger als ein Cricketmatch).
Und plötzlich wird das Amuse-Bouche serviert, eine Wassermelonenkaltschale mit Parmaschinken, Speck und Brot, und wir sind erstmals an diesem Abend entzückt wie ehedem Gorm in der TV-Serie «Wickie und die starken Männer» (verzichten aber im Gegensatz zu ihm auf den Luftsprung).
Doch es wird noch entzückender – nicht unbedingt, was unseren Dialog anbelangt (wir können das besser, rhetorisch wie thematisch, das ist viel zu viel Zeitungsinterna), aber sehr wohl, was die Teller von Küchenchef Lukas Strejcek betrifft, der sein auf der Website gegebenes Versprechen, «emotional berührendes Essen» zuzubereiten, von A bis Z einlöst. Sei es mit der fast pervers cremigen Burrata, die von Kraft und Saft nur so strotzenden Tomaten umzingelt ist (23 Fr.), sei es mit dem Pulpo-Arm vom Grill, dessen Stücke man in eine wahnwitzig köstliche Zitronenmayonnaise tunken darf (27 Fr.). Oder – es folgt Zauberschlag auf Zauberschlag wie bei einem hochstehenden Tennismatch – mit einem Kotelett vom Puschlaver Bergsäuli an Salbeibutter (44 Fr.), das beweist, wie betörend sich ein Knochen auf den Gout auswirken kann. Und, wohl die Krönung der Soiree, durch ein glückliches Rindsfilet aus Irland (54 Fr.).
Erwähnt sei noch, dass sich die Beilagen im Camino nicht wie Statisten, sondern wie erste Nebenrollen gebärden (das ist ein Kompliment, im Fall!), und dass wir der Tranksame – es ist ein Optima, sprich eine südfranzösische Assemblage aus Mourvèdre, Syrah und Grenache (78 Fr.) – nur etwa 89 von 100 Parker-Punkten geben würden.
«Hey, was hältst du von ‹Der Weg is(s)t das Ziel›?» – «Voll originell!»
Restaurant Camino, Freischützgasse 4, 8004 Zürich
Mo bis Fr 11.30–14 und 18.30– 24 Uhr
Sa & So geschlossen
Tel. 044 240 21 21
Website
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