Mas Ricardos letzte Party

Diese Frisur war tatsächlich mal in.
Die Afterhours im Oxa, die Feten im Rümlanger Grodoonia, das Partylabel Tarot und der Club Sensor – das sind allesamt 90er-Meilensteine des Zürcher Nachtlebens, die zwei Köpfen entsprungen sind. Der eine gehört Ramesh Pednekar, der sich längst aus dem Nachtleben zurückgezogen hat, der andere Ricardo Abenojar Giralte, besser bekannt unter seinem DJ-Pseudonym Mas Ricardo.
Im Gegensatz zu Pednekar ist er heute noch da und sein Name prangt immer wieder mal von einem Party-Line Up. In diesen Tagen wird er 50 Jahre alt und am kommenden Freitag organisiert er im Supermarket seine allerletzte Party. Auflegen wird er zwar weiterhin, aber als Veranstalter wird «Rici» seine persönliche Zürcher Partygeschichte abschliessen: Es ist das Ende einer Ära.
Angefangen hat alles 1991, als er zusammen mit seinem damaligen WG-Kumpel Ramesh seine erste Party organisierte. Es folgten die ersten Tarot-Partys in der Magic Factory, der Alten Börse und auch im Kaufleuten, das damals noch kein Club, sondern eine Eventlocation war. Zur Afterhour, die erste ihrer Art in der Schweiz, wurde Tarot erst 1993 und in seinem finalen Zuhause, dem Oxa.
Mas Ricardo erinnert sich: «Zu Beginn hatten wir nicht gross Zulauf. Damals stand noch der legendäre Helikopter im Oxa, den auch DJ Hell geliebt hat. Es war alles recht familiär: DJs wie Westbam und Sven Väth sind nach ihren Zürcher Sets am Vorabend zu uns nach Oerlikon feiern gekommen. Damals gingen die Partys ja nur bis 4 Uhr morgens, wir haben dann ab 5 übernommen».
Der grosse Durchbruch für Tarot kam etwas später, als das Oxa umgebaut und der Helikopter entsorgt wurde. Ab dann standen die Clubber am Sonntagmorgen in Scharen (sie reisten aus Deutschland, Frankreich und Österreich an) an der Oxa-Kordel und Mas Ricardo war plötzlich einer der wichtigsten Macher in der Pionierzeit des Zürcher Nachtlebens – ein König dem man hofiert.
1994 organisierte er mit Partnern seine erste Afterafterhour im Grodoonia, Partys die jeweils dann startete, wenn die Afterhours im Oxa am Sonntagnachmittag endeten. Kurz danach gründete er zusammen mit Bruno Schiavone, Thomas Noser und Ramesh Pednekar den Sensor, ein Club in Oerlikon für mehr als tausend Gäste in einem Gebäude, das 1999 abgerissen wurde.
Bereits 1996 war mit den Partys im Grodoonia Schluss und das Oxa hat er dann 2002 verlassen. Mit Folgeprojekten wie dem Partylabel Flinke Finger vermochte Mas Ricardo nicht an seine alten Erfolge anzuknüpfen, zu eng war sein Name mit seinen Marken verbunden die nun unter «Nostalgie» abgelegt waren – neue Partylabels und Clubs hatten ihren Platz eingenommen.
Sollte er deshalb mal verbittert gewesen sein, so hat man ihm das ausserhalb des Kreises seiner Engsten nie angemerkt. Selbst wenn er das Heute mit dem Früher vergleicht schwingt bei ihm keine Wehmut mit: «Klar ist heute die Euphorie der Anfangszeit weg, die nährte sich ja aus einem Pioniergeist, den es heute nicht mehr braucht. Aber ‚professioneller‘ bedeutet keineswegs auch ’schlechter‘. Die Jungen haben heute am Nachtleben bestimmt genauso viel Freude wie wir damals.»
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