Kunst gegen Autoraser

In der Stadt hängen die Kunstwerke in den Museen. In der Agglo sind sie in den Verkehr eingebettet - und nützlich. Ein Rundgang durch den Kanton.

Schwein gehabt: Verkehrskreisel in Otelfingen. (Fotos: Doris Fanconi)

Für die Kunst gibt es in Zürich Kunsthäuser, Museen und Galerien. Die Leute zahlen Eintritt, nehmen sich Zeit und stehen ehrfürchtig vor den Werken der grossen Meister. Die Agglo hat ein entspannteres Verhältnis zur Kunst, dort braucht es weder Sicherheitsglas noch Securitas, dort wird die Kunst nicht aus-, sondern rausgestellt, am liebsten in einen Verkehrskreisel. So wird Kunst auch von Menschen gesehen, die nie freiwillig in ein Museum gehen würden. Zudem sorgen die Kunstwerke in den Kreiseln für Sicherheit. Gemäss den offiziellen Kreiselrichtlinien soll auf den Mittelinseln die «Durchsicht durch den Kreisel verhindert werden», was die Autofahrer zum Abbremsen animiere.

Als Mittel gegen Raser ist in Gutenswil ein eiserner Stern (8) des Hegnauer Metallbauers Heinz Petrig im Kreisel platziert worden. Seit einigen Wochen wird er nachts sogar beleuchtet. Meist berücksichtigen die Gemeinden für ihren Kreiselschmuck einheimische Künstler, in Otelfingen zum Beispiel Peter Bernhardsgrütter. Er hat eine drei Meter hohe Wildsau mit Golfschläger (6) aufgestellt. Es ist ein Kunstwerk mit Lokalkolorit, die Wildsau ist das Otelfinger Wappentier, der Golfplatz die Attraktion im Dorf. In der Nachbargemeinde Buchs war Eisenplastiker John A. Tobler doppelt aktiv. Vor dem Autogrosshändler Amag hat er einen VW-Käfer auf eine Säule gepflanzt (2), der an schönen Tagen zum Wasserspiel werden kann. Einige Hundert Meter weiter steht ein rostroter Oldtimer (11) von Tobler in einem Kreisel.

Auf der anderen Talseite, in Dällikon, prangt in einem Kreisel eine Eisenkugel mit Schweif, die sich um sich selbst dreht. Sie stammt vom Dälliker Pedro Rüegg und nennt sich unbescheiden «Global Power» (12). In Männedorf, im Kreisel an der Bergstrasse, sind hölzerne Töfffahrer (7) des Oetwilers Richi Merk zu sehen, die im letzten Dezember gar mit Chlausgewändern ausgestattet wurden. Hier steht die Kunst nur temporär – als Nächstes sind Männedörfler Lehrlinge dran, die ihr Werk aber erst erschaffen müssen.

Als eigentliche Kreiselstadt verkauft sich Uster. Total gibts dort 18 Stück, einer davon ist geschmückt mit rostigen Rondellen (3). In Unterengstringen stehen auf einem Kreisel serbische Stechfichten (13), aufgestellt durch das örtliche Gartencenter Hoffmann. Als Kunstwerke werden die etwas traurigen Bäume wohl von keinem Autofahrer wahrgenommen, dafür sind sie demokratisch legitimiert – die Gemeindeversammlung hat sich in einer Abstimmung explizit dafür ausgesprochen. Farbenfroh ists in Russikon. Dort steht für jede Aussenwacht eine farbige Stele (1). Im Kreisel von Neftenbach prangt ein farbiges, harfenähnliches Gebilde (9), das auf die Weinberge im Dorf verweisen soll. In Aesch bei Birmensdorf wird eine Reihe abfliegender Marienkäfer (5) gezeigt, in Weiningen eine Weinpresse (4), und in Urdorf, vor dem Zentrum Spitzacker, stehen spitze Granitblöcke um eine Steinkugel (10) – Global Power auch in Urdorf.

Die Stadtblog-Kolumnisten sind vom 16. Juli bis am 26. August in den (leicht verlängerten) Sommerferien. Während dieser Zeit erscheint hier ein Best-of von bereits publizierten Blog-Beiträgen.

3 Kommentare zu «Kunst gegen Autoraser»

  • Philipp M. Rittermann sagt:

    …immer noch sympathischer als die schwellen, 30er-zonen und radarkästen in der rot/grünen abzockerstadt züri.
    äh. herr schneebeli. schreiben sie doch bitte wieder über die stadt. da dürfen sie die zürcher überheblichkeit im kreise gleichgesinnter ausleben-, bzw. in den höchsten tönen preisen.
    ein landei dankt ihnen dafür im voraus herzlich.

  • Martin Eggenberger sagt:

    Einige witzige Exemplare darunter. Nun wäre es auch Zeit für einen Beitrag „Kreiselschmuck des Schreckens“, da gäbe es auch einige. Z.B. den Spiral-Kreisel in Hinwil.

  • Rudolf sagt:

    Ja, ja, und die Aglo hat auch keinen Kran gehabt. Zürich schon. Eben.

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