Zürichs Sittenwächter

Nackt ist nicht gleich «sexistisch».
Nacktheit, Erotik oder Sex – nicht alles, was mit dem Körper und sexueller Anziehung zu tun hat, ist Sexismus. Auch nicht, wenns in der Werbung stattfindet. Ehrewort! Diese übertriebene Sichtweise schadet echten antisexistischen Bemühungen und gibt das Anliegen der Lächerlichkeit preis.
Natürlich darf ich mich als Mann eigentlich nicht zu diesem Thema äussern, ohne danach als Sexist tituliert zu werden. Jänu.
Die Stadt Zürich hat ein Plakat verboten, auf dem eine halbe Brust und eine mit der Hand bedeckte Scham zu sehen ist. Also weniger Nacktheit, als wir in zwei Wochen an der Street Parade in hunderttausendfacher Ausführung zu sehen bekommen. Die Hand bedeckt mehr als mancher Bikini auf den Lovemobiles.
Die Stadt begründet das Verbot mit dem Hinweis, dass die Nacktheit nur dem Blickfang dient und nicht mit dem beworbenen Produkt gerechtfertigt sei. Hm. Die Werbung stammt von einem Fitnessstudio und das «beworbene Produkt» ist ein geiler Körper. Jaja, natürlich gehen die meisten in ein Fitnessstudio, um «gesünder» zu leben und «fitter» zu sein, nicht um einen Knackarsch, ein Sixpack und stramme Schenkel zu bekommen. Richtig? Oder …
Also, wer sollte mit einem nackten Körper werben dürfen, wenn nicht ein Fitnessstudio?
Es soll nicht mit Genderstereotypen, in abwertender Weise oder mit unrealistischen Körperbildern geworben werden. Nun ja, in jeder Werbung sind die Männer gut 15 Zentimeter grösser als ich, haben breitere Schultern und ein Sixpack. Und sicher haben sie weder Zahnschiefstand wie ich, noch kämpfen sie ab und zu mit erektiler Dysfunktion, so potent wie die wirken. Soviel zu unrealistischen Körperbildern. Und natürlich sind sie alle erfolgreich, tragen teure Uhren und fahren fette Autos. Nicht so wie ich. Soviel zu Genderstereotypen.
Es gibt attraktivere Menschen als mich. Die werden für Werbeaufnahmen gebucht. Weil Menschen in der Werbung anziehend sein sollen. Das ist ein Spiegel der Realität. Früher, an meiner Schule, gabs genau ein Mädchen, in das alle Jungs verknallt waren. Alle Mädchen wollten sein wie sie, alle Jungs wollten von ihr bemerkt werden. Wenn sie irgendetwas Neues trug, wurde das Trend. Wenn sie es fallen liess, wars out. Natürlich gabs auch immer diesen Typen vom Fussballclub, das Alphatier, das uns anderen Jungs immer schlecht aussehen liess. Das Verbot erscheint mir wie eine kindische, späte Rache an den Attraktiven.
Aber zurück zum Sex: Die erneute Tabuisierung des weiblichen Körpers nach der sexuellen Befreiung der 60er-Jahre ist ein zivilisatorischer Rückschritt und erreicht genau das Gegenteil des Beabsichtigten. Den weiblichen Körper zu stigmatisieren – ihn nackt als «Objekt» zu definieren – ist so ziemlich das Letzte, was der gesellschaftlichen Gleichstellung nutzt.
Die Begründung «Schutz der Frau» hat zwei grosse Haken: Zum einen macht sie die Frau, als Besitzerin eines weiblichen Körpers, per se zum Opfer. Das ist nicht Gleichstellung. Zum anderen wird mit den gleichen Argumenten die Burka verteidigt. Nur, die Frau ist eine mündige, selbstdenkende Entität und kein minderbemitteltes, schwaches Opfer. Sie kann durchaus selbst über ihren Körper entscheiden. Nicht nur da, wo es den Sittenwächtern gefällt, sondern überall. Auch als Werbemodel.
Letzte Woche wurde in Saudiarabien eine Frau verhaftet, die ein Video von sich in einem Minirock auf Youtube veröffentlichte. Das Zeigen von zuviel Haut ist Saudiarabien verboten. Die Begründung: «Schutz der Frau». Klickts jetzt?
Wenn man schon sexistische Werbung verbieten will, warum dann nicht diejenige für nutzlose Antiaging-Cremes? DIESE Werbung stellt nämlich alle Frauen als infantile, ungebildete Idiotinnen dar, die nur auf ihr Aussehen fixiert sind.
Aber egal. Die Agentur und das Fitnesstudio haben sich sicher über das Verbot gefreut. Nichts wirkt nachhaltiger für die öffentliche Wahrnehmung als der Streisand-Effekt: Erst durch das Verbot wurde das Plakat zum Thema und hat mehr Menschen bewusst erreicht, als es das Plakat je gekonnt hätte.
53 Kommentare zu «Zürichs Sittenwächter»
Liebe Leser,
einen Gedanken mit auf den Weg:
Wie kommt es, dass die Leute, die der Werbung am vehementesten Sexismus vorwerfen, den nackten weiblichen Körper nur mit Sex und F***** assoziieren können und ihn per se als Objekt sehen?
Warum kann man, gerade in diesem Fall, den nackten weiblichen Körper nicht mit Gesundheit und Natürlichkeit in Verbindung bringen?
Es geht in dieser Werbung um Sport und Gesundheit. Wer da einen nackten Körper mit Sex und Sexismus in Verbindung bringt, sagt uns viel über seine eigene Perspektive, aber wenig über diesen nackten Körper.
So, ich fahr jetzt in die Ferien und schliesse hier die Kommentarfunktion.
Eine schöne Woche wünsche…
Ausgezeichnete Analyse. Der Stadtblogger unterscheidet luzid zwischen Sexismus und urwüchsig-verklemmter Sinnlichkeitspanik.
Dass in den eingängigen Zürcher Lokalen seit Jahren Frauen als ‚Tänzerinnen‘ sexuell ausgebeuteten werden und nach ausgiebigen ‚Gebrauch‘ abgeschoben werden oder 8- Jährige im Internet problemlos härteste Sexvideos konsumieren können, stört die Behörden nicht.
Eine jämmerliche Verlogenheit.
absolut korrekt; dasselbe gilt für die drogenpolitik: zu tode saufen und rauchen ‚darf‘ sich jeder; er zahlt dafür sogar noch steuern…..aber wenn’s um andere substanzen geht, ist plötzlich alles anders…..(was mir persönlich zwar nichts ausmacht, da ich ausser alk mit drogen nichts am hut habe, aber verstehen kann ich es trotzdem nicht).
Ich bin mit dem Autor voll einverstanden, auch wenn mir das Plakat nicht gefällt. Aber ein Verbot ist wirklich nur eine hilflose Reaktion derjenigen, die sexy nicht von sexistisch unterscheiden können.
„Schutz der Frau“, das ist hierzulande keine despotisch-„sittliche“ Verordnung wie anderswo. Das kommt aus den vielfältigen negativen Erfahrungen der Frauen selbst, Probleme die wir Männer ernsthaft respektieren müssen. Von Frauen, also von „mündigen, selbstdenkenden Entitäten“, wie es in der Kolumne heisst. Hingegen das Thema wie sehr „die Frau über ihren Körper selber entscheiden kann“ steht nicht im Zusammenhang mit dem Plakat, um das es hier geht. Es betrifft die Öffentlichkeit: Wie weit, in welchem Zusammenhang, in welcher Aufdringlichkeit wir publizistisch wirksames Business- und Profitdenken über unser Empfindungs- und Gefühlsleben entscheiden lassen müssen.
Hm, entweder heisst das, dass wir alle unmündige Idioten sind, die sich von Werbung manipulieren lassen …
Oder es sind nur die Frauen emotional nicht gefestigt genug, um sich der kapitalistischen Manipulation zu widersetzen.
Ich kann Ihre Aussage nicht ganz einordnen.
Ihre Texte lese ich ganz gerne, wenn es um einfachere Dinge geht, frühere Schulerlebnisse etc. Mit diesem Plakatverbot, mit dem „Schutz der Frau“, dem „weiblichen Körper“, dem Thema Frau in weiteren Aspekten, geraten Sie in eine weit über den „Stadtblog“ hinausgehende Dimension. Unterhaltsame, frivole Sprüche, Halbwahrheiten, unfertige Gedankengänge, ungenügendes Wissen, übertriebene und unlogische Argumente sind zur Besprechung derart komplexer Themen ungeeignet.
Nun ja. Sie hätten sich die paar Worte nehmen können und die Argumente im Text zu widerlegen, anstatt auf die Form zu schiessen.
Naja, eigentlich fängst ja schon damit an, dass im Artikel geschrieben wird, die Frau auf dem Plakat hätte ein „geiler Körper“ – was meiner Meinung nach schon eine verzerrte Wahrnehmung ist. Die Frau auf dem Plakat hat alles andere als ein durch trainierter Körper – sie ist einfach furchtbar dünn!
Lies den Text nochmals. Ich sage, das Produkt, das beworben wird, sei „ein geiler Körper“, den man sich im Studio antrainieren kann. Ich äussere mich nirgends zu Linda Gwerders Körper.
Und ist es jetzt in Ordnung, Leute abzuwerten, weil sie dünn sind?
Oke, dass ist wohl eine die man kennt. Und ja, erwischt: hab den Text nur überflogen. Ich war noch nicht einmal in einem Fitnessstudio und weiss deshalb nicht, was für Bodies dort rum hängen, aber die Werbung ist für meinen Geschmack total am Ziel vorbei geschossen und möchte bloss mit Nacktheit Aufmerksamkeit erregen – wie billig. Und jetzt wo ich noch weiss, dass da halbprominez am Start ist, finde ich es umso tragischer!
24/7 und auch gar nichts ist anderst geworden.
Schönes Foto, schöner Mensch. Aber als Werbung nicht nötig. Echt. Wer trainiert schon nackt? Soll genau die Frau mit einem stimmigen Trainingsanzug fotografiert werden (ja, weiss ich, machen alle) dann stimmt es für mich.
Dieses Bild für eine Foto-Galerie die gerade auf einen Bilderzyklus hinweist wäre für mich stimmig.
Ich habe kein Problem mit Bildern von nackten Menschen, aber warum alles und jedes Produkt mit nackten Menschen beworben werden muss, nervt mich. Ich weiss „sex sells“ aber ich bin dessen überdrüssig. Egal ob nackter Mann oder nackte Frau.
Naja, es wird für einen fitten Körper geworben, nicht für Trainingsanzüge.
also ehrlich gesagt macht mir der entscheid jetzt bei genau dieser werbung als (einfachem) hormongesteuertem nicht viel aus. aber mit freuden erinnere ich mich noch an die H&M-plakatwerbung, auf welcher sich Anna Nicole Smith in schwarzer unterwäsche räkelte. mann oh mann, das war vieleicht ein blickfang! wo diese plakate an strassenkreuzungen platziert waren, hat’s ohne ende gekracht!…:-) scheinbar war es damals (glaub 1994) kein thema……
aber zum eigentlichen thema: ich finde den oben erwähnten bescheid ziemlich peinlich und kleinbürgerlich. auf jeder zahbürstenwerbung kriegt man(n) heutzutage mehr busen etc. zu sehen. so oder so: die werber haben gewonnen!
Das schöne am Älter werden als Mann ( ab 35,40 geht es los) ist die Tatsache das solche Reize und ein perfekter Körper einer Frau keinen so grosse Anziehung mehr hat wie früher. Andere Werte wie der Charakter, die Person und die Seele rücken in den Vordergrund. Das traurige jedoch an dieser Veränderung ist die Tatsache und die Erkenntnis das es weitaus weniger Frauen draussen gibt die genau solche Attribute besitzen. Mir tun die Menschen die nach „Perfektion“ streben sowohl was das Äussere angeht wie auch das Berufliche nur noch Leid. Ein Leidensdruck für nichts bis zur Pension.
Erzähl das irgendwem, kein Schwein glaubts. Gerade die Frauen nicht.
Geht’s auch ein bisschen weniger agressiv? Man darf doch wohl seine Meinung sagen, oder?
Persönliche Unterstellungen sind keine Meinung sondern Agression. Von ersten Kommentar an. Irgendwann reichts mir als Zielscheibe und dann ist fertig.
Hach, was haben wir diskutiert und philosophiert, als wir noch jung waren.
Je älter ich aber werde, desto weniger interessiert mich das immer gleich Gequatsche um den Weltfrieden und Foucault, ich will Ärsche und Titten.
Am Ende hüpfen wir eh alle in die Kiste, und was Foucault dazu sagt … lieber vorher nochmal die volle Ladung Leben bekommen haben.
Ich habe beim Bild eher negative Assoziationen. Zu sehr wird die Frau zum Objekt gemacht. Habe es auch mehreren Frauen gezeigt (jung und alt), keine fühlte sich dabei wohl. Und der Vergleich mit Saudi Arabien hinkt nicht nur, er strauchelt.
Der Hauptteil meiner Argumentation kommt von Frauen. Ich habs nur ausformuliert. Aber eben, man kann auch Frauen nicht pauschalisieren.
wieso negativ? die frau sieht passabel aus und kann sich zeigen. was ist daran negativ? eine 80-jährige in gleicher pose, ja – das wär – nun wie soll ich sagen – zwar nicht negativ, aber auch alles andere als ästhetisch.
1. Der Sexismusvorwurf ist nicht ganz von der Hand zu weisen. (Wieso nur eine Frau als Sujet? Sexismus=ungleiche Behandlung der Geschlechter)
2. Die Begründung der Behörde ist Humbug.(Wie der Autor treffend darlegt).
3. Würde mich nicht wundern, wenn genau dieser „Aufschrei“ von der Marketingabteilung das Ziel gewesen wäre. Was die Werbung in meinen Augen nicht sexistischer, aber doch sehr billig macht…
Wieso hat denn noch nie jemand sich aufgeregt ab einem Plakat mit einem Mann, welcher knapp bekleidet in Unterhosen seinen ganzen Körper, inklusive gut sichtbarem Inhalt der Unterhose, posiert? Wieso ist das nicht sexistisch, aber eine Frau, die mehr verhüllt ist als der Mann schon? Sexismus ist offensichtlich eine ziemlich scheinheilige und einseiitge Sache.
@tststs: Es stellt sich wohl grundsätzlich die Frage, ob sexistische Werbung, die mit von Inhalten tendenziell losgelösten menschlichen Reizen schafft, legitim sein sollte oder nicht. Wenn man aber grundsätzlich gegen sexistische Werbung eingestellt ist, geht das Plakat nicht. Daher überrascht mich etwas der Artikel unseres Stadtbloggers, der sonst gerne eine links-urbane politische Haltung an den Tag legt, die in solchen Gender-Angelegenheiten eher durch Prüderie und p.c. glänzt.
Das Plakat ist an sich nicht schlimm, aber niemand (!) präsentiert sich so ins Fitness. Die Hand im Schritt war wohl das berühmte Quentchen zuviel.
Aber klar, der PR-Erfolg ist damit garantiert.
Ist das Problem nicht eher, dass der weibliche Körper in den Augen der Sittenwächter nur auf Sex und F****** reduziert wird? Und nicht etwa mit Gesundheit und Natürlichkeit assoziiert wird?
das ist genau das problem an züri – nach aussen hin so wahnsinnig aufgeschlossen und mondän – und handkehrum to-tal bünzlig.
Ich bin im Osten aufgewachsen – Gott sei ewig gedankt dafür, sonst wär ich auch so ein verkniffenes A…loch geworden. Sex ist etwas schönes und es gibt nichts schöneres wie einen nackten Frauenkörper. Das ist Natur pur.
Im Osten? St. Gallen oder Appenzell?
Danke, Herr el Arbi! Dafür, dass Sie uns ein Paradebeispiel in Sachen Mansplaining liefern…
Dacht ich doch, dass nicht mit Argumenten sondern mit Schlagworten geantwortet wird. Ausserdem kotzt es mich an, wenn man meine Ansichten auf mein verfluchtes Geschlecht reduziert.
Eigentlich heisst das: „Als Mann hast du die Fresse zu halten, wenn du nicht meiner Ansicht bist.“ Right?
Vielleicht aber nur vielleicht werden Sie eines Tages einen kleinen Anflug von Mitgefühl dafür haben, wie es uns Frauen geht, denen permanent und von allen Seiten die Nachricht „Du bist nicht gut genug wenn du nicht den gängigen Schönheitsidealen entsprichst!!!“ eingetrichtert wird… Wie unglaublich weh das tut und wie nett es wäre, von Zeit zu Zeit davon verschont zu bleiben… Falls Sie finden, dass Männer dem auch ausgesetzt sind, dann vergleichen Sie doch bitte mal die Proportionalität…
ach gott frau kuster. was hat den das damit zu tun? es geht ja nur darum, dass das wetter-frauchen etwas… haut gezeigt hat. ich seh hier nun wirklich kein problem. was will man da denn nun wieder alles reinprojizieren…. das ist einfach nur verklemmt.
Bei uns sind es nicht die Schönheitsideale sondern die Leistung. Der Beste sein, der Erste sein, der Chef sein, Erfolg haben. Nicht gut genug zu sein. Ja, und ich war nie gut genug. Darum hab ich wohl Drogen genommen, um die Leistung erbringen zu können.
Mir fehlts nicht an Mitgefühl. Aber der Ansatz „Wir sind Opfer“ vermittelt den betroffenen Menschen sicher keine irgendgeartete Orientierung oder Hilfe. Sie verstärkt den Effekt. Nicht alle sind schön. Nicht alle sind klug. Und trotzdem sind alle gleichwertig und liebenswert.
Mit dem Opferansatz wird das Minderwertigkeitsgefühl zementiert.
Ist es Ihnen evtl schon mal in den Sinn gekommen, dass nicht alle Menschen so cool und stark sind wie Sie? Ihr Ansatz ist total sozial darwinistisch so ala „Wenn Du zu schwach bist zum mit dem umzugehen, dann hast Du halt Pech gehabt.“… „Jänu.“, nicht wahr? Wir Frauen wollen übrigens nicht wie Babys behandelt werden. Wir wollen einfach mal eine kleine Verschnaufpause. Ist das zu viel verlangt?
Ja, Verschaufpause hätten die meisten gerne. Da muss man nicht aufs Geschlecht gehen.
Und ich bin weder cool noch widerstandsfähiger. Ich versteh nur nicht, warums gerade Frauen immer die Unterschieden hervorheben und die Gleichwrtigkeit unterminieren.
….verschnaufpause wovon – frau kuster? vom selbst auferlegten schönheitswahn und/oder dessen zur schau-stellung in der gesellschaft-, oder vom wohlstand, oder vom ach-ich-bin-so-eigenständig-und-schau-mich-bitte-nicht-an-oder-bitte-trotzdem-damit-ich-mich-empören-kann – effekt? man kann sich das leben, so finde ich, auch bewusst und grundlos schwierig gestalten. dies scheint mir in der heutigen zeit ein sehr häufig auftretendes „frauenproblem“ zu sein?
Weil solche unterschwelligen Botschaften tausendfach öfter gegen Frauen gerichtet sind, als gegen Männer. Übrigens verstehe ich das Argument nicht, dass Männer angeblich genau so sehr unter Druck gesetzt werden. Würde dieser Umstand die Sache irgendwie besser machen? Wenn ja sind wir dann wieder bei Ihrem sozial Darwinismus „Leb damit oder stirb halt.“ Ganz toller Lösungsansatz den privilegierte “ Gewinner-Typen“ gerne nach unten rufen. „Stellt euch nicht so an, es ist ja nicht so schlimm…“
@Kuster: Ja, und „Verbiete alles, was nicht deinem Weltbild entspricht“ würde uns in den Faschismus führen.
Was den Rest angeht: Nein, im Gegenteil. Mi deiner Opferperspektive hälst du das Bild der Frau klein, du definierst sie als schwach und unfähig, sich in ihrem Kopf selbst gegen solche Erwartungen zu wehren.
Ich hingegen glaube, dass jeder Mensch diese Fähigkeit entwickeln kann. Und dass man den Menschen, die unter diesen schwachen Selbstwertgefühl leiden helfen sollte, und nicht, sie zu allem Überfluss auch noch als Opfer abwerten sollte.
Ich erwarte von niemandem, dass er die Werbung gut findet. Ich find sie persönlich eher langweilig. Aus dieser Werbung aber ein Leiden für die Frauen zu machen, das verboten werden muss, macht in meinen Augen die echten Anliegen der Gleichstellung und des Antisexismus lächerlich.
Es gibt eine ganze Bandbreite zwischen Kritik und Verbot.
Die Leute werden in Zukunft den Kopf schütteln oder grinsen, wenn sie sich an dieses Plakatverbot erinnern. Und sie werden ein verkniffenes, verbittertes Bild von Menschen haben, die sich gegen Sexismus einsetzen.
„Der Zivilisationsgrad einer Gesellschaft zeigt sich daran, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht.“, heisst es. Damit stecke ich nicht alle Frauen in die Schublade der „schwächsten“. Aber viele von uns fühlen sich berechtigterweise oft schwach weil es einfach extrem anstrengend ist, ständig gegen diese unterschwelligen Signale von allen Seiten anzukämpfen… Ich behaupte nicht wegen Ihres Geschlechts sondern wegen der Art wie Sie sich geben (Ego), dass Sie das nicht verstehen können… Ich glaube übrigens auch eher, dass sich die Leute der Zukunft darüber an den Kopf fassen werden wie primitiv die Menschen waren…
Nun ja, genau da verstehen Sie es wohl grundsätzlich nicht. Um Menschen zu unterstützen, sich nicht von Erwartungen von aussen zermürben zu lassen, muss man sie aus der Opferrolle begleiten.
Woher ich das weiss? Aus meiner eigenen Geschichte und aus den Jahren an Selbsterfahrung und Arbeit in Selbsthilfegruppen. Und je grösser man die „Gegner“ macht, um so kleiner macht man sich selbst.
Und ich bin der Meinung das Sie es grundsätzlich nicht verstehen. Weil Sie in diesem spezifischen Fall ganz klar nicht der Geschädigte sind, werfe ich Ihnen jetzt wirklich mit gutem Gewissen nochmals Mansplaining vor. Aufgrund Ihrer thematischen Unbefangenheit und Konsensunwilligkeit. Einfach das Sies wissen, wenn jemand sagt, dass sie/er sich wegen irgendwas unwohl fühlt, haben Sie kein Recht diesem Menschen zu sagen es sei lächerlich. Emotionen sind echt und müssen anerkennt werden. Wenn nicht dann gute Nacht Zivilisation…
ja, ich höre Sie in all ihrer moralischen Entrüstung. Nur käme es mir nie in den Sinn, ein Leiden lächerlich zu nennen. Niemals. Was ich lächerlich nenne, ist der Versuch, diese Menschen klein zu halten, indem man ihnen nicht zutraut, einen Schritt nach dem anderen aus dem Leiden herauszukommen. Damit macht man diese Menschen kaputt.
Und unterstehen Sie sich, mir nochmals fehlende Empathie für Aussgegrenzte oder Leidende zu unterstellen, nur weil Sie nicht ansatzweise verstehen, dass Mitleid nicht gleich Mitgefühl ist. Und dass Lösungsansätze weiter bringen als Menschen mit mitleidiger Herablassung in der Opferrolle gefangen zu halten.
Frau Kuster, Reda El Arbi hat vollkommen recht mit seiner Aussage betreffend nicht gut genug sein für Männer. Auch wenn Sie’s nicht glauben, auch Männer können zerbrechen. Ich weiss wovon ich rede, denn ich zerbrach an den Erwartungen, welche an mich gestellt wurden und habe heute noch daran zu kauen. Und raten Sie mal, wer mich zerbrach: Eine Frau, genauer meine damalige Chefin. Wenn ich so wie Sie denken würde, dann müsste ich heute einen totalen Hass auf alle Frauen mit mir rumtragen, tu ich aber nicht, weil’s nichts bringt. Sie kreieren sich ein Feindbild „Mann“ weil Sie offenbar frustriert sind. Die Mehrheit der Frauen findet vermutlich absolut nichts Stossendes bei dem Plakat.
1. Mansplaining kann auch von Frauen betrieben werden, resp. Männer sind genauso „Opfer“ dieser Taktik. (Den Namen hat es halt daher, dass es tendenzielle eher – eine Art von – Männer sind, die dies betreiben). Kein Grund sich auf das Geschlecht reduziert zu sehen.
2. Gesellschaftliche Erwartungshaltungen gibt es hüben wie drüben.
3. Wenn wir uns aufregen, dann doch bitte über die IMHO höchst fragwürdige Ästhetik des Plakates…
Nun, es ist eher redasplaining: im Weltwoche-Stil ein paar hingeflutschte, waaahnsinnig mutige und kontroverse Gedanken niederschreiben und dann jeden als Deppen hinstellen, der Analyse und Sachkenntnis vermisst. Eigentlich erstaunlich, dass Reda und Roger nicht Saufbuddies sind. Ihr Geschäftsmodell ist dasselbe.
Guter Versuch. Schiess auf die Person, wenn du nichts ausser Schlagworte hast. Noch ein Versuch? Und ja, es ist polemisch geschrieben. Nur hats eben Argumente drin.
Also, was hilft das Verbot den Frauen? Wo macht es echte Gleichstellungsarbeit NICHT lächerlich. Versuch mal ein klein wenig ausserhalb deiner Blase zu denken. Und hör auf, Frauen als Opfer zu stigmatisieren.
Keks?
Frau (und wohl auch Mann) kann das Plakat Scheisse finden, ohne es verbieten zu wollen. Die Gründe, es Scheisse zu finden, liegen doch hoffentlich einigermassen auf der Hand. Dass einige finden, man dürfe die Menge Scheisse an Plakatwänden auch begrenzen, heisst nicht, dass sie Frauen infantilisieren. Das ist eine billige Unterstellung.
Und wenn der Saudi-Vergleich für Dich schon ein Argument ist, bist Du mit Deinen Ansprüchen an Dich selbst doch eher bescheiden…
Stimmt. Aber das Plakat wurde nicht Scheisse gefunden, es wurde verboten, right?
Und der Saudi-Vergleich gilt dem Argument „Schutz der Frau“ und nicht dem Inhalt oder dem Ausmass der Massnahme. Steht da so im Text.
herr el arbi. sie kämpfen hier wie don qujiote gegen windmühlen. und die reaktionen hier der einschlägigen damenwelt lässt simpel und einfach drauf schliessen, dass der vermeintliche feminismus formen angenommen hat, welche gar keine (vernünftigen) argumentationen mehr zulassen. da gibts nur eines. leave it. es gibt ja glücklicherweise auch noch „normale“ frauen.
soooo geil (ups ein sexistisches Wort) geschrieben, einfach auf den Punkt gebracht