Hartes Pflaster

Begeisterung alleine reicht nicht, um einen Club zu führen.

Begeisterung alleine reicht nicht, um einen Club zu führen.

In Zürichs Nachtleben sorgen derzeit diverse Clubs mit Schlagseite und drohenden Schliessungen für Gerede. Sorgen um die hiesige Clublandschaft muss sich deswegen aber keiner machen: Die Stimmen, die von einer Anpassung des Angebotes an die Nachfrage sprechen, verdienen grössere Aufmerksamkeit als jene, die bereits wieder das mottenzerfressene Leintuch des Clubsterben-Gespenstes durch die Gassen geistern sehen.

Dass die Zeiten für Clubbetreiber rauer geworden sind stimmt zwar, aber das hat nur wenig mit dem Nachlassen eines zwar wankelmütigen, sich aber dennoch stets auf hohem Niveau bewegenden Ausgehbedürfnisses urbaner Schweizer zu tun. Das Geld ist da, der damit verbundene Stress ebenfalls und somit auch der erfüllbare Wunsch nach Verdrängung der Alltagssorgen. Und der entlädt sich seit jeher in Wein, Tanz und Gesang.

Nach der Liberalisierung des Zürcher Gastgewerbegesetzes 1998 kam eine Zeit der Experimente und des Erkundens. Plötzlich durfte jeder eine Bar oder einen Club eröffnen und das Risiko dabei zu scheitern war geringer als heute: Die Nachfrage überstieg das Angebot bei weitem und beinahe alle Mitbewerber um die besten Nightlife-Plätze waren ebenfalls Autodidakten, die sich während des Sammelns von Erfahrung bisweilen im Dickicht verirrten und sich dabei auch mal eine giftige Beere in den Mund steckten. Viele von ihnen agierten zuvor in der Freiheit der Illegalität und mussten sich nun plötzlich mit Widrigkeiten wie Sozialabgaben und Bewilligungen herumschlagen.

Von Chaplins «Gold Rush» zu «Modern Times»: Wer heute als Nightlife-Neuling einen Club eröffnet, trifft in seinem wirtschaftlichen Umfeld nicht auf Laien mit denen er sein Leid teilen und damit halbieren könnte, sondern auf Profis mit teilweise 15 Jahren und mehr Berufserfahrung. Und die denken in der Regel nicht im Traum daran dieses Know How mit Newbies zu teilen und sich so ernstzunehmende Mitbewerber zu schaffen.

Einige von ihnen sind an mehreren Clubs beteiligt und die schauen sich jede Option auf eine Neueröffnung erst genau an und lassen sie beim kleinsten Zweifel an ihrer Wirtschaftlichkeit fallen. Ganz anders Neueinsteiger, welche die erste sich bietende Möglichkeit ohne zu zögern ergreifen, die auch grösste Bedenken bezüglich Lage, Konkurrenzsituation oder Raummiete beiseiteschieben, bloss weil sie sich schon immer einen eigenen Club gewünscht haben. Sie eröffnen dann das Lokal ihrer Clubber-Träume und keines das ein Marktbedürfnis deckt: „So schwierig kann das nicht sein: Ich gehe seit Jahren aus und konnte das Ganze auf diese Weise zur Genüge studieren“ – als ob jeder Vielflieger zum Piloten taugen würde …

Und siehe da: Die meisten der Clubs, die nun ins Schlingern geraten sind, wurden von Leuten eröffnet, die vor deren Eröffnung keine Erfahrung mit Führung oder Strategie eines Betriebes der Nachtgastronomie vorweisen konnten und wenn, dann haben sie diese nicht im speziellen und nach eigenen Gesetzen funktionierenden Zürcher Nachtleben gesammelt. Sie sind wie Cockerspaniel unter Wölfen.

Alex Flach ist Kolumnist beim «Tages-Anzeiger» und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Gonzo, Amboss Rampe, Nordstern Basel, Rok Luzern und Härterei.

12 Kommentare zu «Hartes Pflaster»

  • Dani sagt:

    Was mich erstaunt ist, dass hier keine den Einfluss der digitalen Medien erwähnt.
    Mir persönlich fällt nicht nur das vereinzelte Clubsterben auf, sondern auch, dass man zwischen So und Do kaum attraktive Ausgehangebote findet und wenn es nicht gerade Gründonnerstag ist, ist auch überall tote Hose ist.
    Meiner Meinung nach hängt das mehr damit zusammen, dass man generell weniger ausgeht, als an der Unwissenheit der Betreiber.
    Vor nicht allzu langer Zeit konnte man nicht einfach swipen um an ein Date zu kommen, man musste mindestens aus dem Haus…
    Und sind wir einmal ehrlich, an Pärchen in festen Beziehungen verdienen Clubs weniger, oder?
    Die Ausnahme scheinen meist nur Clubs zu sein, welche hauptsächlich von Drogenkonsumenten besucht werden.
    Dafür gibt es halt noch keine App.

  • Pete sagt:

    Das mit dem Club Lexy verstehe ich einfach nicht, ging steil bergab innerhalb kürzester Zeit.War 2,3 drinnen. Dabei könnten die Macher so etwas Geiles daraus machen. Das ganze Interieur sofort rausschmeissen. Erinnert mich zu sehr an die Hochglanz und Sauberstadt Stadt Zürich. Die Leute hier wollen aber genau das Gegenteil. Klaus beweist wie es funktionieren kann und das nur mit zumeist lokalen Djs. Der Standort vom Lexy ist gut, die Lauftkundschaft ist um die Ecke und die doofen 24 Stunden Kioske mit billigem Fussel und Killer für eine Clubs sind weiter entfernt.Internationale DJs auslassen, zu teuer und dem Publikum sowieso egalWünsche den Jungs dass die das Ruder noch herumreißen können.

    • Johann sagt:

      Lexy, zu schick, zu edel,zu teure Getränke und zu monoton und ein falsches Publikum. Gefiel mir von Anfang an nicht. Zürich ist nicht Basel. Leute stehen hier auf heruntergekommene Locations.Sind doch Macher vom Cabaret dabei, die sollten wissen wie es funktioniert.Totale Neuausrichtung Richtung Berliner Clubs und Musik von dort.Verrückte Künstler sollten den Laden total neu gestalten. Schmutzig, Glitzer, Einhorn mit dem dementsprechenden Publikum wie das Cabaret früher.Die Leute in Zürich lieben solche Clubs siehe andere erfolgreiche Clubs wie das Klaus,Hive und die Büx. Sonst wird das nichts und ein weiterer Club versinkt in die Vergessenheit.

      • Alex Flach sagt:

        So ist es. Aber ist es wirklich gut, wenn alle Clubs in ein- und dieselbe Bresche schlagen? Sollen wirklich alle Clubs gleich aussehen, ist das wünschenswert?

  • Dominik sagt:

    Zuviel Schwarzmalerei! Hive, Büxe und Zukki laufen wie geschmiert, der Rubel rollt.Klar,es sind Mainstream Clubs, Zürcher und echte Clubliebhaber für das spezielle Rave Feeling meiden diese Clubs.Für diese gibt es illegale Geheimtipps. Aber der Mainstream liebt diese Clubs und diese bringen das grosse Geld. Büxe, Hive kooperieren mit Hiltl (Rolf Hiltl), Hive hat neuerdings Hive T-Shirts die pure Kommerzialisierung und die Büxe setzt auf lokale Djs dh. weniger Ausgaben mehr Einnahmen.Nicht vergessen ein Betrunkener lässt locker 100 Fr. in einem Club liegen.Da kommt was schönes zusammen am Abend.Die Jungs haben alles richtig gemacht! Alte Hasen. Tote Clubs in ZH? Babette und das Lexy?

    • Alex sagt:

      …plus (eben) ein paar (3) bekannte(er) „kommerzielle Clubs. Witzig… ich schreibe ja noch, dass man das Clubsterbengespenst ruhig im Schrank lassen kann und, dass es nicht daran liegt, dass Clubbing kein Erfolgskonzept mehr ist sondern daran, dass es immer noch Leute ohne Know How gibt die es in diesem Umfeld versuchen, was sie in jedem anderen Umfeld lassen würden…. Schwarzmalerei? Wo denn? hast du den Text gelesen oder wolltest du einfach nur dein Zeug loswerden?

    • Alex sagt:

      Hive kooperiert übrigens nicht mit Hiltl sondern Rakete (Badi Mythenquai). Eigenes Label, gehört nicht dem Hive. Und die Hiltl DT ist nun einfach mal schön… uh schlimm wenn man da mal eine Party schmeisst (Büxe)… und selbst Punkbands der ersten Stunde haben auf ihren Konzerten T-Shirts verkauft, weil halt auch ein Statement bezüglich Zugehörigkeit zu einer Community.

      • JessiJones sagt:

        Es geht ums grosse Geld , Clubs sind Unternehmen und gewinnorientiert , schliesslich müssen auch alle Mitarbeiter bezahlt werden, auch wenn diese sich im Tieflohn-Niveau befinden. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Städten haben die Leute hier viel Geld und für viele Leute hier ist der Ausgang, das Wochenende der Lebensmittelpunkt im Leben.Der veränderter Lebenswandel sprich keine Ehe, keine Kinder, keine Beziehungen und die Fokussierung auf das Ich Ego spielen den Clubs die Karten zu.Um die Clubs muss man sich absolut keine Sorgen machen die altbekannten Clubs werden nicht am Besucherschwund zugrunde gehen sondern falls an der. Aufwertung des Gebäudes und Gentrifizierung.

  • Soulis sagt:

    Sehr geehrter Herr Flach und Herr Sam
    Als erstes möchte ich Herrn Flach für diesen Artikel danken, den ich sehr professionell und
    interessant finde.

    Er hat recht, dass viele Nacht Clubs nicht professionell geführt werden und wir vom Babette nehmen solche Kritiken sehr ernst.
    Zum Kommentar von Sam möchte ich ein paar Dinge erläutern: Unsere Pächter mittlerweile fast 20 Jahre im Geschäft, arbeitet jeden Tag 18-20 Stunden und führt mehrere Hotels
    Ich habe gemerkt, dass viele in der Züricher Klubszene Geld verdienen möchten, entweder durch Erpressung oder einfach ohne etwas zu machen.
    Ich wünsche allen schöne Tag und gerne lade ich euch auf einen Drink im Babette ein.
    Gruss
    Soulis

    • thomas sagt:

      Hallo Soulis. Was ist das Babette jetzt neu? Sind Sie der Besitzer der Liegenschaft oder warum Pachtet jemand bei Ihnen?

  • thomas sagt:

    Ich finde den Vergleich Nacht-Club / Fussball-Club spannend. Auch da kommt es immer wieder mal vor, dass sich ein zum Reichtum gekommener Fussball-Fan einen Club unter den Nagel reist (Rhys / Canepa). Sie lassen sich vom „Fame“ anziehen, lieben es in der VIP Lounge mit wichtigen Persönlichkeiten cüpli zu trinken und träumen von CL Auftritten in Madrid & Mailand. Auch im Nachtleben lockt fame: feiern back stage mit models & Dj’s, jungen Mädels Eintritt verschenken…Sex drugs rocknroll…diese Motivation führt allerdings meistens in den direkten Absturz. Nicht wenige der zuletzt abgetretenen Clubs-Chefs waren insgeheim von dieser Motivation angetrieben.

  • Sam sagt:

    ich frage mich einfach, woher das ganze geld kommt, dass da verbraten wurde. Wieso wird überhaupt in ein solches Projekt (z.B.
    Babette) investiert? Kann mir fast nicht vorstellen, dass da seriöse Geldgeber dahinterstehen…

    und jetzt wird der club ja einfach weitergeführt.. ich verstehe die welt nicht mehr. die totgeburt nun noch weiter ausbrüten, bis was kommt?

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