Basel ist nicht Zürich

Es lebt! Basler Nachtleben an der Heuwaage, Früher Techno , heute RnB und Hiphop.

Oft Totgesagte leben öfter länger: Basels Nachtleben lebt!

Im Basler Nachtleben drücken sich Champagnerlaune und Katerstimmung im Wechselspiel die Klinke in die Hand. Derzeit – wegen des Closings der Hinterhof Bar an diesem Wochenende – scheint dort die allgemeine Gemütsverfassung gerade wieder auf «düster» zu stehen. Nicht auf «zappenduster» wie vor rund anderthalb Jahren, als die Basler Nightlife-Affinen fürchten mussten in Bälde ihre gesamte Clublandschaft zu verlieren, aber doch genug, um Thom Nagy und Olivier Joliat zu einem ausführlichen Beitrag in der Basler Tageswoche zu animieren, der auch in der Zürcher Community Aufsehen erregt hat.

Das Problem verorten die beiden Autoren in der Einwohnerzahl Basels: «Im Jahr zwei nach dem grossen Clubsterben spielt das Basler Nachtleben auf Weltklasseniveau. In einer Stadt mit 200’000 Einwohnern ist das ein Problem».

Auch Zürich kann bezüglich Grösse nicht mit Metropolen wie Berlin, Paris oder London mithalten und auch hier stehen die Untergangspropheten an den Clubecken und prophezeihen das nahe Ende. Andere verkünden bei jeder Gelegenheit, wie man es besser machen könnte. In Tat und Wahrheit, gibt es nicht viel zu verbessern: Die Politik ist dem Nachtleben wohlgesonnen wie nirgendwo sonst, nicht wenige behaupten Zürich hätte die grösste Clubdichte Europas und selbst in diesem, bis auf den letzten Platz besetzten, Umfeld kann man mit einer Neueröffnung noch reüssieren, wenn man beim Publikum die richtigen Knöpfe zu drücken weiss – die Macher des Klaus Clubs haben das eben erst eindrücklich bewiesen.

Das Zürcher Nachtleben ist immens facettenreich und vom Ultrakommerz-Club bis zum Musik-Club für höchste Ansprüche, wird hier jeder Gusto bedient. Natürlich: Es ist kein Geheimnis, dass ein paar der Club-Eröffnungen der letzten Jahre Rohrkrepierer waren und dass ein, zwei neue Clubs gerade auf dem «besten» Weg sind welche zu werden. Die Schuld für all diese Havarien ist aber meist nicht bei einem rückläufigen Ausgehbedürfnis des Zielpublikums zu suchen, sondern bei den jeweiligen Betreibern: Oft sind sie Hasardeure mit einer erschreckenden Ignoranz gewissen (sprichwörtlich existenziellen) Punkten wie Rahmenbedingungen oder Finanzplanung gegenüber.

Nichtsdestotrotz: Das Zürcher Nachtleben ist im Markt angekommen, ist ein Teil desselben wie alle anderen Wirtschaftsfelder ebenfalls, und nun spielen halt Angebot und Nachfrage. Wer Rückschlüsse von den aktuellen Zuständen in Basel auf Zürich zieht, der vergleicht Leckerli mit Tirggeln und übergeht auch nonchalant die Tatsache, dass Zürich tatsächlich über doppelt so viele Einwohner verfügt wie die Stadt im äussersten Nordwesten des Landes.

Zudem kämpft Basels Nachtleben mit einem weiteren Standortnachteil, den Nagy und Joliat in ihrem Beitrag nicht erwähnen, einem stark eingeschränkten Einzugsgebiet nämlich. Die Zürcher Clubs würden ohne die Gäste aus dem Aargau, aus Schwyz, Luzern und dem Zürcher Norden nicht laufen. Basler Clubs hingegen haben gegen Norden und Westen kein Publikum, weil sich die Deutschen und Franzosen die hiesigen Eintritts- und Getränkepreise nicht leisten können.

Alex Flach ist Kolumnist beim «Tages-Anzeiger» und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof Basel, Nordstern Basel, Rok Luzern und Härterei.

10 Kommentare zu «Basel ist nicht Zürich»

  • Alois Schlüssel sagt:

    Ohne Stadtzürcher wäre das Zürcher Nachtleben auch am Ende! Das Problem des Basler Nachtlebens ist, dass die Stadtbasler längst ennet der Grenze oder in Baselland in einem hübschen und günstigen „Einfamilienhaus mit Umschwung“ leben. Basel ist eben gerade keine Schlafstadt, in Basel wird ausschliesslich gearbeitet, geschlafen wird ausserhalb, dazwischen gependelt! Die ehemals verwöhnte Nachtunterhaltungsindustrie mag zwar schlaflose Nächte, nicht jedoch wegen finanzieller Sorgen.
    Das Zürcher Nachtleben sollte sich für den wirtschaftlichen Erfolg hingegen verstärkt auf die Bedürfnisse der Secondos ausrichten (ganz ohne Ironie). Denn Zürichs „Aloise“ feiern mittlerweile lieber im…

  • ZYXELFREAK sagt:

    Man kann Zürich und Basel Clubs kaum vergleichen. Kenne beide Standorte. Ein Club wie das Nordstern ist die Königsklasse im Clubbereich, feinste Soundqualität,High End Club, unglaubliche internationale TOP DJs und ein Publikum das wegen DEM Sound kommt.ZH’s Ausgehvolk ist weitaus weniger Anspruchsvoll, Lokale DJs und ein bisschen Rotlicht und Dunkelheit im Clubs langem dem Publikum um sich das Hirn wegzupusten .. Müssten Zürcher Clubs eine Kapazität von 700 Personen füllen inkl. beinahe Non Stop internationale DJs und High End Anlagen zu Eintrittspreisen von 30 Fr. wäre hier auch eher Katerstimmung. Die Anspruchslosigkeit der Leute in ZH retten die Clubs hier.Sowohl Kommerz +…

    • Dominik sagt:

      Ich denke die Kapazität und Anzahl der Mitinhaber ist das Schlüsselwort. Clubs mit einer Grösse von 100-200 Personen und mehrere Mitinhabern müssen sich kaum Gedanken über den eigenen Untergang machen, siehe all die seid Jahren bestehenden Clubs in Zürich.. Klar, der Lack ist nach so vielen Jahren ab, Routine ist eingetreten und es wird alles professionell wie ein KMU abgewickelt.Je grösser der Club umso härter der Druck den Laden zu füllen. In den heutigen Zeiten einen 700-1000 Personen Laden aufzumachen und jedes Wochenende zu füllen damit die überbezahlten internationalen DJs ihr Cash sehen benötigt wahren Mut. Trotzdem, das Nordstern ist international eine Klasse für sich.

  • Man darf immer alles hinterfragen.
    Es bestehen 2 möglichkeiten:
    Du bleibst oder Du ziehst in eine andere Stadt?!

    • Réda El Arbi sagt:

      Anderes Quartier wär auch eine Möglichkeit. Aber ich habe meinen Lebensmittelpunkt sowieso schon zweigeteilt.

  • Jean-Jacques sagt:

    In diesen weltoffenen Zeiten des knisternden Glamours und der immer raffinierter aufgebretzelten Individualität – ob nun mit stylischen Tüchern oder cool frisiertem Gesichtshaar – hat das Basler Nachtleben und teilweise auch dasjenige in Züri ein Sättigungs- respektive Nachfrageproblem? Eigentlich ist dies fast nicht glaubbar. An den riesigen jeweiligen Einzugsgebieten in einer der am dichtesten besiedelten europäischen Region liegt es kaum. Wahrscheinlich ist effektiv der hohe Schweizerfrankenkurs daran schuld. Wieso sind wir eigentlich nicht wie die die kosmopolitischen Franken im Westen schon längst in der Euro-Union der Angela Märkel?

  • Mel sagt:

    Es ist echt traurig wie das spät Abend/Nachtleben sich entwickelt hat in Basel..wen man mal spät ca 23.30uhr mal was trinken gehn will.macht alles zu.Unter der Woche Abends läuft eh nichts.Ausgang wird auh nicht viel geboten und dass was geboten wird ist überfüllt, weil es so wenig gibt in basel, und jeder sich dort aufhält. Willst du mal am Sonntag z.b essen gehen ist oft alles in und um Basel am Abend geschlossen.Alles schon erlebt.Es ist so eine schlaffe Stadt geworden..echt traurig..

  • Max Wiederkehr sagt:

    Basel ist und bleibt eine Schlafstadt. Provinz. Muss man sich nur mal am Freitag Abend richtung SBB oder Flughafen begeben.

    • Philipp Ganter sagt:

      Hat auch damit zu tun dass viele ehemalige Stadt Basler Einwohner auch in das steuergünstige Baselland gezogen
      sind.Heute steigt die Einwohnerzahl stetig, vielleicht besteht noch Hoffnung das diese Stadt wieder erwacht.
      Nicht ganz unschuldig an der Misere sind auch unsere Gutmenschen und die vielen Vorschriften ebenso ist die
      Verkehrspolitik ein Hemmnis .
      Für die Geschäfte gibt es nur eine Rettung“ Parkplatz gleich Umsatz“

  • Thomas sagt:

    Na ja, auf die Einwohnerzahl der Stadt Basel allein kommt es ja wohl nicht an. Wenn man bei Basel all die Vororte, die Zürich bei sich eingemeindet hat, mit zählt, sind es wohl auch in Basel ein paar Einwohner mehr als die 200`000 Einwohner… Die trinationale Agglo hat gegen 1 Mio. Einwohner.

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