«Swiss Music … was?»

Mainstream und ein paar neue Talente – nichts Elektronisches. Der SMA.
Am Freitag wurden im Hallenstadion zum zehnten Mal die Swiss Music Awards verliehen und das urbane Nachtleben war nicht eingeladen. Wobei «nicht eingeladen» in diesem Fall nicht ausführlich genug formuliert ist: Mit Alan Walker, dem Sieger in der Kategorie «best hit international», hat gerademal ein einziger Interpret junger, elektronischer Musik etwas gewonnen – und Walker ist nicht einmal Schweizer, sondern Brite.
Ein etwas kurioser Zustand konsequenter Ignoranz, denn das hier ist der Einleitungssatz des Abouts auf der Homepage der SMA: «Die Swiss Music Awards, der grösste Musikpreis der Schweiz, dienen der Förderung der nationalen Musikszene und präsentieren gleichzeitig deren kulturelle Vielfalt». All die vielen Musikclubs in der Schweiz scheinen für das SMA-Komitee ganz offensichtlich nicht zu dieser kulturellen Vielfalt zu zählen, denn sie, ihr Programm, ihre Musik und deren Interpreten finden schlichtweg nicht statt.
Den musikalischen Facettenreichtum in diesem Land bestimmen für die Verantwortlichen der SMA Beatrice Egli (best female solo act), Trauffer (best male solo act und best album), Schluneggers Heimweh (best group und best breaking act) und Mark Kelly (er hat den Röschtigraben-Mitleidspreis für den best act Romandie gewonnen).
Immerhin kann man auf der Page der SMA einen Anflug von Selbsteinsicht erkennen: «Einerseits wird Newcomern eine Plattform geboten, um ihre Musik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, andererseits wird das Schaffen der erfolgreichsten Musiker gebührend geehrt». Dem Komitee der SMA geht es somit nicht darum, möglichst innovative, talentierte oder gar stilbildende Musiker auszuzeichnen, die ihr Genre und die Musik in ihrer Gesamtheit voranbringen. Es geht ihm einzig und alleine um Absatzzahlen, egal wie mitleiderregend diese mittlerweile sind: Die SMA sind die unentwegt spielende Band auf dem Luxusdampfer «Plattenindustrie», der längst mit einem Eisberg namens Internetpiraterie kollidiert ist, der ihm den Rumpf der Länge nach aufgeschlitzt hat.
Man braucht kein Tränchen fürs Nightlife zu verdrücken und sich über dessen Nichtberücksichtigung an den SMA zu grämen. Die Club-Szene mag Award-Verleihungen nicht, mochte sie noch nie, erst recht nicht wenn sie auf Hollywood getrimmt sind wie jene im Hallenstadion. Auch die am 21. Februar zur Vergabe anstehenden Swiss Nightlife Awards müssen immer noch um Anerkennung kämpfen, und das SNA-Komitee um Oliver Diggelmann verbringt alljährlich viel Zeit mit dem Ringen um Akzeptanz. Einzig bewusst bescheiden gehaltene Preisverleihungen wie die in diesem Jahr erstmals verliehenen gds.fm-Awards geniessen einhelligen Respekt, decken hingegen nur eine Seite des Nachtlebens ab.
Aber vielleicht sind Award-Verleihungen grundsätzlich nicht mit Schweizerischer Bescheidenheit vereinbar. Glaubt man nämlich einer entsprechenden Umfrage des 20minuten, scheren sich zwei Drittel von dessen Leserschaft keinen Deut um die Swiss Music Awards. Will heissen: Für einmal scheint sich das Nachtleben mitten im Volk zu befinden.
Alex Flach ist Kolumnist beim «Tages-Anzeiger» und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.
4 Kommentare zu ««Swiss Music … was?»»
Vor allem Leute wie Beatrice Egli oder DJ Baumann sind ja sooo innovativ und ein echter Gewinn für die Schweizer Musikszene. Oder geht es hier nur einmal mehr darum, dass sich ein paar Schlagersternchen, Ex-Missen und sonstige Wannabes selber beweihräuchern dürfen ?
Überhaupt, wieso muss/soll „das Schaffen der erfolgreichsten Musiker gebührend geehrt“ werden?
Ich meine, wenn sie ihren ganzen überschüssigen Verdienst an bedürftige Musiker gespendet haben… aber sonst… sie sind ja schon erfolgreich, also gut ist’s, oder?
Schon klar, ist auch bloss nur ein Marketinganlass der lokalen, kommerziellen Musikindustrie und wird auch entsprechend ernst genommen.
Nämlich nur von den direkt Beteiligten.
Der grossarte Pablo Nouvelle war als Best Talent nominiert, was jedoch die ganze Veranstaltung leider nicht besser macht, bzw relevant macht…
das bild im blog sagt alles: was hat der Gilbert an solch einem event zu suchen???? der versteht von musik wohl soviel, wie der durchschnittsbürger von quantenphysik. das ist nur einer von zahlreichen gründen, warum der sma hochobernotpeinlich ist und es wohl immer bleiben wird…..