Älwin, runter vom Tisch
Was für eine blöde Frage: «Welches Buch würden sie auf eine einsame Insel mitnehmen?» Man muss doch so fragen: «Welche Tierrasse würden sie auf eine einsame Insel mitnehmen?» Katzen, ganz klar. Ich liebe Katzen. Das sind die liebsten Kreaturen auf der Welt. Katzen sind a) verschmust, b) verspielt und c) mega herzig.
Seit einem halben Jahr haben wie eine Katze. Die Bäuerin sagte zu uns: Das da ist ein Weibchen. Also wollte ich sie Muschi nennen. Zu Hause stellten wir aber fest: Das da ist leider ein Kater. Nix mit Katzenbabys. Als ich von der Toilette wieder zurückkehrte, war die Katze bereits umgetauft worden: Alvin (sprich «Älwin, runter von Tisch»).
Alvin ist in den letzten Monaten sehr schnell gewachsen. Wenn ich Alvin in drei Stichworten beschreiben darf, würde ich das so machen: bissig, stinkend, gelangweilt. Das hat auch mit seiner neuen Lebenssituation zu tun. Er wohnt nicht mehr auf einem Bauernhof, sondern in einer Stadtwohnung ohne Katzentüre. Er zerkratzt unser teures Conforama-Sofa und frisst Altpapier. Das Katzenklo hinterlässt er in einem Saustall. Er schart nämlich die Körner drei Meter weit weg. Jetzt kann ich gar nicht mehr barfuss durch die Wohnung laufen. Die Körner machen mega weh, wenn ich auf sie trete. Mist, verfluchter!
Wir wohnen in der Nähe eines Waldes. Ich denke, Katzen sind Wildtiere. Nach ein paar Tagen Anpassung finden die sich zurecht. Alvin wird das auch schaffen. Frau und Kinder sind gegen diesen Plan. Ich habe mir dann gesagt: Okay, dann wird die Katze von mir einfach nicht mehr beachtet. Alvin bestraft mich auch mit Nichtbeachtung. Er springt nie auf meinen Schoss. Dummes Vieh.
Eine traurige Sache hat dann unser Verhältnis aufgelockert. Die Nachbarin zeigte sich nämlich schockiert, dass wir Alvin noch nicht kastriert hatten. Das müssen sie so schnell wie möglich nachholen. Sonst reibt sich der Kater mit seinem Geschlecht an den Beinen ihrer Frau.
Zwei Wochen später bringe ich ihm zum Tierarzt in Wollishofen. Der Ärmste. Jetzt wird er kastriert. Eine Gefühlszelle in meinem Kopf schaltete plötzlich auf Mitleid. Vielleicht weil ich auch beschnitten bin. Alvin sitzt im Katzenkorb und schaut mich traurig an. Während der Fahrt zum Tierarzt miaut er ganz fürchterlich.
Doch niemand im Bus kümmert sich darum. Alle starren auf ihr blödes Handy. Jetzt weiss ich wieder, warum ich Zürich an 300 Tagen im Jahr hasse. Ihr Ignoranten! Merkt ihr denn nicht, wie Alvin Angst hat vor der Operation (125 Franken)? Versetzt euch doch mal in seine und meine Lage.
Die Tierärztin öffnet die Türe und bemerkt die Träne in meinem linken Auge. Das wird schon, sagt sie mir. Er ist in besten Händen. Ich sage: Tschüss Alvin. Zum Glück holt ihn meine Frau am Nachmittag.
Ich geh etwas trinken.
5 Kommentare zu «Älwin, runter vom Tisch»
Das „teure Conforamasofa“ ist eben ein recht subtiler Witz – und muss noch nicht mal heissen, dass die Frenkels ein solches bei sich stehen haben. Ich schätze Beni Frenkel als Neuzugang im Stadtblog sehr.
Die arme Katze wird von den Handyzombies im Tram ignoriert, weil sie Katzenbilder auf dem Handy anschauen.
Und eine Katze zusammen mit einem Möbelstück aus diesem gruseligen Möbelhaus einzusperren, wäre ja übelste Tierquälerei…
Wenn die Katze nicht raus kann hätte man sie besser beim Bauern gelassen. Aber Hauptsache Katze für die Kinder. Und das soll lustig sein? Ein Tierverständnis wie zu Descartes Zeiten: Tier = Gliedermaschine. Falls sie raus kann, erübrigt sich mein Kommentar.
Sie können nicht „teuer“ und „Conforamasofa“ im selben Satz gebrauchen… ok, sollte man auch nicht mit „Katze“ und „Stadtwohnung“ machen… 😉
„Stadtwohnung ohne Katzentüre“
Haben sie keinen Balkon Beni? – Dann könnte ihr Stubentiger über eine Katzentüre seine Sauerei auf dem Balkon machen – Sie könnten wieder Barfuss in der Wohnung laufen, und es stinkt nicht mehr in der Wohnung.