Früher war alles besser!

Raver Eugen K.: War schon dabei, als alles noch cool war.
Die Ankündigung, dass das Q zurückkommt, hat bei manchem Clubber falsche Hoffnungen geschürt: Was an der Förrlibuckstrasse 151 wiedereröffnet, ist nicht der Techno- und House-Club Q der im Frühjahr 2001 lanciert wurde, sondern das musikalisch breit angelegte Q Zurich der letzten paar Jahre (bis 2013).
Der irreführende Namenswechsel war damals durchaus beabsichtigt: Nach einem Umbau musste das, von Wechseln geprägte, Führungsteam seinen Club wegen der veränderten Rahmenbedingungen auf ein neues Publikum ausrichten, wollte aber nicht auf die Zugkraft der bekannten Nightlife-Marke «Q» verzichten. Insbesondere Einer freut sich ganz und gar nicht über die Reinkarnation dieses Buchstabens: Club Q-Mitgründer und DJ Peter Gogo Sacco. Als er vergangene Woche von dieser Wiedereröffnung und dem Wirbel in den sozialen Medien Wind bekam, schaltete er sich in die Diskussion ein, tat seinen Missmut kund und wurde postwendend von einer Lawine des Wohlwollens verschüttet. Quintessenz: Er wird demnächst eine Club Q-Remember-Party organisieren.
Ob er will oder nicht (Gogo ist ja auch Teil der heute aktiven Clubszene): Damit wird er nicht zuletzt auch die Horden der Nachtleben-Nostalgiker auf den Plan rufen, die nicht müde werden zu monieren, dass früher alles besser gewesen sei. Früher seien die Clubmacher noch mit Herz bei der Sache gewesen, früher hätten die DJs noch mit Vinyl aufgelegt, früher war die Musik schöner, früher war alles familiärer, etcetera, etcetera.
Auf Facebook haben sich die alten Hasen schon einmal mit entsprechenden Statements für Gogos Party angemeldet. Klar: Früher, in den 90er Jahren, war tatsächlich alles familiärer, denn es war die Zeit des Chefbeamten Raphael «Don Raffi» Huber, der keine Gastro-Bewilligungen erteilte, ausser man hat seine Taschen mit Schmiergeld gefüllt. Das Nachtleben verteilte sich auf eine Handvoll Clubs wie das Gothic und die Garage und einige illegale Bars.
Aber war das Reich eines korrupten Beamten tatsächlich besser als das «jeder darf’s versuchen» von heute? Die viel grössere Clubdichte und die damit einhergehende verschärfte Konkurrenz haben dafür gesorgt, dass die heutigen Clubs viel besser klingen als ihre Ahnen. Nicht nur wegen des Fortschritts im Bereich der Soundsysteme, sondern auch weil es viel mehr junge und hungrige DJs und Produzenten gibt: Sie alle müssen sich den Hintern aufreissen um gegen unzählige nicht minder talentierte Konkurrenten bestehen zu können.
Genau hier haust auch die versteckte Anmassung der Club-Nostalgiker, denn mit ihrem «früher war alles besser» sprechen sie der heute aktiven Generation die Fähigkeit ab, es ebenso gut zu machen wie sie und ignorieren dabei die Tatsache, dass eigentlich nur die Euphorie ihrer eigenen Jugend der Gewöhnung Platz gemacht hat: Man kennt’s halt, es ist nicht mehr aufregend. Betrachtet man die grosse Anzahl guter Clubs und die beeindruckende Armee junger Clubmusikanten, dann ist das «früher war alles besser» nur noch seltsam. Es war nicht besser, es war nur anders.
Alex Flach ist Kolumnist beim «Tages-Anzeiger» und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.
7 Kommentare zu «Früher war alles besser!»
Es soll ja ex-Raver geben, welche ich die White Wolf Events zurückwünschen. Wahrscheinlich, um allen erzählen zu können, dass sie da nicht mehr hingehen, weil es früher besser war.
*sich
Haha! Der weisse Wolf… Herrje… ich weiss nicht mehr wie’s dazu kam, aber ich bin nach einer Street Parade mal an einer White Wolf gelandet… Es war ein Bitz wie Dawn of the Dead, einfach mit Strobo…
Nichts gegen White Wolf Alex. Gepflegt mit 300 BpM ins Nirvana, umgekippt und von einem Freund die Zunge aus dem Hals geholt bekommen, da verschluckt. Kann man erlebt haben, muss man aber nicht.
Das passiert halt, wenn man von sich selber auf andere, resp. das Umfeld schliesst:
Wer heute ein vom Leben gelangweiltes Dasein fristet, wer früher™ eine bessere/spannenendere Version seiner selbst war, ja dem bleibt nur Nostalgie und Gemotze…
Ist so, ja. Und da wohl die Altvorderen jeder Zeit den Satz vom Stapel gelassen haben (Bsp. Musik: Rock’n’Roll ist Teufelsmusik, die Hippies nur Verwahrloste, Punk ist schon gar nicht erst Musik, etc., etc.) müsste es ja eigentlich seit Anbeginn der Zivilisation nur bergab gehen.
Vergiss nicht unser Classic-Rendez-Vous im Dezember.