Im Westen nichts Neues

Viele Zürcher Clubs überleben nicht allzu lange..

Viele Zürcher Clubs überleben nicht allzu lange.

Nachdem sich im März dieses Jahres bereits das Café Gold aus dem Zürcher Nachtleben verabschiedet hat, ist im kommenden Frühling die Reihe am Stairs Club auf dem Dach des Einkaufszentrums Letzipark in Altstetten. Die Vermieterin, die Coop-Genossenschaft, wird den dann auslaufenden Mietvertrag mit den Club-Betreibern Johann Sollberger und Beat Herren nicht verlängern.

Grund für diesen Entscheid der Coop-Genossenschaft dürfte der Neubau sein, den sie in den vergangenen Monaten vor dem Letzipark hochgezogen hat: In das Gebäude namens FiftyFifty werden gemäss Webseite coole «Youngsters» und lässige «Best Agers» einziehen und einer derart trendy Mieterschaft kann man nächtliche Begegnungen mit zwielichtigen Clubbern natürlich nicht zumuten. Immerhin: Das Komplex 457 darf noch etwas länger bleiben.

Auch der Blok Club (ehemals Labor-Bar) wird demnächst die Segel streichen. Neben dem – im Aufnahmestudio der SRF-Sendung «Aeschbacher» beim Schiffbau beheimateten Club – wurden ebenfalls Neubauten aus dem Boden gestampft. Die Allreal AG hat ihr Bestes gegeben und die Glas/Beton-Wüste Zürich West um eine passende, städtebauliche Seelenlosigkeit erweitert. Erstaunlich: Je mehr Neubauten in Zürich West hochgezogen werden, desto menschenleerer scheint die Gegend zu werden – auf der dunklen Seite des Mondes ist mehr Betrieb als auf dem Turbinenplatz beim Puls 5 nach Sonnenuntergang.

Romano Trinchese vom Blok war jedenfalls immer klar, dass er aufgeben muss, sobald die neuen Nachbarn einziehen. Das Industriegebäude, 1944 von Escher-Wyss als Materialprüfungsanstalt gebaut, kann nicht genügend schallisoliert werden, die Fassade scheppert bei jedem Beat.

Man kann nun behaupten, die beiden Clubs seien keine boomenden Epizentren des Zürcher Nightlife und liegt damit sogar richtig. Das Stairs hat sich in den letzten Jahren auf Spartenpublikum fokussiert, der Blok Club dümpelt schon länger nur noch vor sich hin. Dennoch sind die beiden Schliessungen ein bedauernswerter Verlust, denn mit dem Transfer und der damit einhergehendenErschwerung des Bewilligungsverfahrens für neue Clubs vom städtischen Polizei- zum Baudepartement im Juni 2015 ist davon auszugehen, dass sie nicht durch etwas Frisches und Aufregendes an einer anderen Adresse ersetzt werden (Der Transfer hat zur Folge, dass gegen die Erteilung von Bewilligungen an Adressen an denen sich vorher keine Gastronomie befunden hat Einsprache erhoben werden kann).

Es wird auch weiterhin Cluberöffnungen geben, wie kürzlich jene des Lexy (Kanonengasse, ehemals Latin Palace) oder des Haus von Klaus (Langstrasse, ehemals Kinski). Aber wohl ausschliesslich in Räumlichkeiten in denen sich bereits zuvor ein Club befunden hat. Weder das Stairs noch der Blok wird durch einen neuen Betrieb ersetzt.

Sollen die beiden Clubschliessungen nicht zum Beginn eines kontinuierlichen Abbaus des Nachtlebens werden, muss das Bewilligungsverfahren wieder geändert werden. Insbesondere die Kulanz bezüglich Clubs in der Nachbarschaft zu Neubauten muss vergrössert werden: Ansonsten wird Zürich West bald den letzten Rest Leben aushauchen und die Langstrasse-Anwohner dürfen sich über viele West-Clubber auf der Suche nach einem neuen Nachtzuhause „freuen“.

aaaaaaaaaalexAlex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.

15 Kommentare zu «Im Westen nichts Neues»

  • Urban Zuercher sagt:

    Als mittelbarer Nachbar und offensichtlicher Clubbing-Banause: Was ist das für ein Spartenpublikum im Stairs? Ich sehe die immer nur abgekämpft am Samstag- oder Sonntag-Morgen vor der Tür rumlungern…. 🙂
    Zum Thema „fifty-fifty“, coolen «Youngsters» und lässigen «Best Agers» legst du den Finger in die richtige Wunde und hast in einem Halbsatz zu diesem Thema schon viel mehr Wahres geschrieben als dein Blogkollege Réda. Seine Lösung wäre, einfach McDonalds, Tankstelle und Wertstoffsammelstelle unter Schutz zu stellen, anstatt sich für gute Architektur und eine anständige Vermietungs- und Verkaufspraxis einzusetzen. Mit Rücksichtnahme auf bestehende Nutzungen wie ein Club…

    • Alex Flach sagt:

      Erstmal: Danke. :-). Wegen Spartenclub…. Das Stairs ist zu mindestens 50% ein Proggieclub, ein Genre, das sonst kein Club in Zürich in diesen Ausmassen spielt. Das ist eine ganz eigene Community, wie beispielsweise jene des Drum’n’Bass. Techno und House spielen im Stairs nur eine untergeordnete Rolle, sind sonst aber (zumindest im elektronischen Bereich) die dominierenden Genres.

      • Urban Zuercher sagt:

        Merci für die erhellenden Infos… Obwohl ich einfach alt werde. Wenn ich vom Ausgang heimkomme, hat das Stairs wohl noch nicht mal auf… Aber immerhin weiss ich jetzt, was da so abgeht.

        • Alex Flach sagt:

          Hehe… doch, doch; die tun da immer um 11 oder spätestens um Mitternacht auf. Und das geht ja mittlerweile und im Bereich Cubbing unter „früher Nachmittag“. 🙂

  • thomas sagt:

    Wie sich die Vögel an der Langstrasse zwitschern, ist beim Cafe Gold der Mietzins so hoch, dass es sich nicht langfristig wirtschaften lässt. Die Rede ist von einer fünfstelligen Zahl, in der neben 4 Nullen noch eine drei vorkommt. Man hat als Betreiber das Wasser von Tag 1 am Hals…Die Besucherströme an der Langstrasse sind sehr volatil. Wenn im Frühsommer die Sonne das erste Mal scheint, dann ist die Strasse schlechter besucht als das Drive-In Bordell am Stadtrand. Ich denke das war ein Vernunftsentscheid der Betreiber. Über den Eigentümer der Liegenschaft hört man zudem auch nicht nur Gutes, seine Methoden erinnern an Filme mit Robert De Niro & Al Pacino.(das sind alles Gerüchte)

    • Alex Flach sagt:

      …mit viel Wahrem drin. Ich frage mich warum er in seinem Alter immer noch so gierig ist…. er kann’s ja sowieso nicht mitnehmen.

  • Simon sagt:

    Kannst du nicht kurz das Aus vom Café Gold erklären? Oder gehören die Gründe nicht an die Öffentlichkeit? Früher, als ich noch in Zürich wohnte, war das mein absoluter Lieblingsschuppen (von Zürich) und ich finde das wirklich sehr jammerschade, dass es den nicht mehr gibt (was ich gar nicht mitgekriegt habe, weil ich ja nicht mehr Zürich wohnen tu und sowieso langsam zu alt bin).

  • tststs sagt:

    Clubsterben oder reinigendes Gewitter?

    • Alex Flach sagt:

      Offenbar liest Du Philipp Meiers Facebook-Posts. 🙂 Stimmt: Alles in allem gibt es wohl noch immer ein Club-Überangebot. Jedoch ist keine der beiden anstehenden Schliessungen einer Anpassung des Angebots an die Nachfrage geschuldet, sondern dem Umstand, dass in der Nachbarschaft Neubauten hochgezogen wurden.

      • tststs sagt:

        Hihi, muss zugeben, musste zuerst im Facebook suchen… aber ja, der Verdacht drängt sich auf.
        Clubsterben (resp. Clubmord) trifft wohl beim Stairs zu (im Sinne von: Anwohner würgen rentablen Club ab).
        Das Cafe Gold hat aber wohl kaum wegen der Anwohner seine Türe schliessen müssen, dito Kinski. (Also sind alles Behauptungen meinerseits, ich habe ja keinen Blick in die Bücher der Clubs).

        Kurze Frage aus persönlicher Neugier: „Aber wohl ausschliesslich in Räumlichkeiten in denen sich bereits zuvor ein Club befunden hat.“ Wissen Sie, wann zuletzt ein Club eröffnet hat, in welchem sich vorher keine Gastrobetriebe (Club, Bar, Restaurant) befunden haben?

        • Alex Flach sagt:

          Auch beim Café Gold ist der Fall ein anderer als man denkt. Lange Geschichte und mühselig zu erzählen. Beim Kinski war’s ebenfalls nicht so, dass das Lokal überhaupt nicht gelaufen ist. Kinski wie auch Café Gold waren zwar nicht wirkliche Verkaufsschlager, aber es war in beiden Fällen eine Kombi aus unterschiedlichen Faktoren.

          Gute Frage… müsste eigentlich die Station (heute Gutenberg) gewesen sein…. oder nein: Friedas Büxe. Aber beide haben vor dem Transfer des Bewilligungsverfahrens eröffnet. Seither (Juni 2015) hat kein einziger mehr in Räumlichkeiten eröffnet, in denen vorher kein Club war. Ausser ich irre mich jetzt ziemlich.

          • Alex Flach sagt:

            …mich erstaunt der Hype der jetzt ums Haus von Klaus entstanden ist ziemlich. Freut mich aber auch sehr; echt gute Jungs die das machen. Alain kenne ich schon lange…. hätte nicht gedacht, dass an der ehemaligen Kinski-Adresse was hinkommt, das dermassen einschlägt. Chapeau… haben sie toll gemacht.

          • tststs sagt:

            Toll, wenn man Freund von Freund ist… für alle anderen: Leider nein. Deshalb kann ich „von innen“ nicht sagen, wieso der Hype; aber von aussen meine Einschätzung: Egal, was gespielt wird, die Location ist einfach Gold wert. Ich mein nicht die Lage, sondern der Club anundfürsich. Er hat(te) eben nichts „clubigs“ an sich, sondern erinnert doch stark an früher (oooohh nein, die früher-alles-besser-Schiene):
            – Kassenbereich irgendwo in die Ecke gequetscht (ist ja auch nicht das wichtigste)
            – Bar voller Bier und Asche
            – schummrig, man wills ja nicht genauer wissen
            – super Personal
            Aaaah, wieso müssen Sie diese Wunde wieder aufreissen… 🙂

            PS: Vielen Dank für die ausführliche…

          • Alex Flach sagt:

            Das ist der Punkt den ich am Klaus auch nicht so dolle finde… aber was Ähnliches hat halt auch beim Cabaret schon sehr gut funktioniert. Anscheinend kommt ebendas bei Vielen halt gut an.

        • Alex Flach sagt:

          Nicht die Anwohner würgen das Stairs ab, die Coop-Genossenschaft tut das. Das Café Gold wurde u.a. wegen einer Miete in Wucher-Regionen und zum anderen wegen der erschütternden Unfähigkeit und Uneinsichtigkeit von ein paar Leuten (und dabei ist keinesfalls von der letzten Geschäftsführerschaft die, ganz im Gegenteil; ohne die hätte der Club schon viel früher schliessen müssen). Und drittens: Auch das dürfte, rechnet man nur die heute noch bestehenden, die Büxe sein. Ich kann mich da aber auch irren….

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