Grüter & Bürgin neu bei SRF 3

Wechseln vom Jugendsender zum Sender für Junggebliebene: Rosanna Grüter und John Bürgin.
Die Clubs und die Radiosender haben sich auseinandergelebt. Grosse Deutschschweizer Privatsender wie Radio 24, Radio 1 und Radio Energy führen zwar bisweilen Ausgehsendungen, jedoch ist die Musik die da gespielt wird meist dem Energy-Motto «Hit Music Only!» geschuldet. Sprich: Sie hat rein gar nichts mit dem zu tun, was tatsächlich in den Clubs gespielt wird. Zumindest wenn man unter «Club» eine sich auf zeitgenössischen Dancefloor fokussierende Location versteht. Klar gibt es Lokale in denen am Samstagabend Anrührendes von Weather Girls (It’s raining men!) vermischt meinem best of Snap! geboten wird, aber der Zeitgeist weht und musiziert anderswo.
Es gibt auch löbliche Ausnahmen unter den Radiosendern. Das kleine aber überaus feine gds.fm von Christian Gamp, beispielsweise. Oder den Aargauer Sender Kanal K und das temporäre und alljährlich über den Äther gehende Rundfunk.fm von Oliver Scotoni. Das einzige bei einem der grösseren, nationalen Sender beheimatete Subkultur-Format, bei dem zeitgenössische Electronica mit Club-Affinität gespielt wird, ist jedoch «Grüter & Bürgin». Bis anhin jeden Donnerstagabend auf SRF Virus zu hören, werden Rosanna Grüter und John Bürgin neu und ab 21. Mai vom grossen Virus-Bruder SRF 3 ausgestrahlt und zwar immer samstagabends, unter dem neuen Namen «CH Beats – mit Grüter & Bürgin durch die Samstagnacht» und nicht zuletzt mit einem um ein Vielfaches zahlreicheren Publikum.
Am Konzept wird nichts Grundlegendes geändert: Derweil im Hintergrund John Bürgin mit Gast-DJs Neuveröffentlichungen mixt, sitzt vorne Rosanna Grüter und unterhält die Zuhörer mit ihrem erfrischenden Moderationsstil. Die Veränderungen sind in den Details zu suchen und zwar wird sich das Duo immer wieder Schweizer Veranstalter, Clubmacher und andere Nightlife-Exponenten ins Studio einladen, um mit ihnen die allgemeine Nachtwetterlage zu besprechen. Selbstverständlich werden auch DJs und Produzenten mit Grüter und Bürgin zusammen einzelne Sendungen prägen dürfen. Dies haben sie zwar schon bei ihrem alten Sender SRF Virus bisweilen getan, künftig werden die Gäste jedoch eine tragende Säule der Sendung sein. Im Unterschied zu vorher werden dabei weniger ausländische Produzenten und DJs im Zentrum stehen, sondern die inländische Szene und ihre Macher.
SRF 3 nimmt mit diesem Schritt seine Position als Leitmedium innerhalb der auf die Jugend ausgerichteten Deutschschweizer Radiosender wahr und beweist Pioniergeist. Immer mehr Hörer ertragen den kommerziellen Einheitsbrei der grossen Sender immer weniger und weichen auf Internetradios aus – der Slogan «Hit Music Only!» wirkt längst eher abschreckend als verlockend. Mit dem Transfer von Rosanna Grüter und John Bürgin von SRF Virus setzt SRF 3 ein starkes Zeichen, das dem Sender nicht nur die Gunst der Schweizer Nachtleben-Macher einbringen dürfte, sondern auch jene der Club-Gäste. Es wäre schön, wenn dies eine Signalwirkung auf andere grosse Sender hätte, die in den letzten Jahren vor allem eines getan haben: Dem Massengeschmack hinterherscharwenzeln.
Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.
11 Kommentare zu «Grüter & Bürgin neu bei SRF 3»
Lieber Alex Flach
Auf Radio Virus ist Samstagabend jeweils DJ Mental X zu hören (teils inkl. namhaften Guest-DJs). Den erwähnst du komischerweise nicht. Kannst du mir bitte erklären, wo der mit seinem Sound clubmässig steht. Würde mich sehr interessieren. Vielen Dank!
Wieso zum Geier sollte ich eine Frage beantworten deren Antwort du offensichtlich bereits kennst?
Recht hast du trotzdem. Seltsamerweise haben das sogar seine Senderkollegen John und Rosanna übersehen; die haben den Text vorher gesehen.
Obwohl ich nicht besonders auf die Musik stehe, habe ich gerne hineingehört weil sich die Musik zum Arbeiten sehr gut eignet. Virus habe ich einige Zeit die Stange gehalten aber gewisse ModeratorInnen sind einfach kaum auszuhalten zumal auf Virus tatsächlich vielleicht 20 verschiedene Songs pro Monat gespielt werden. Das Zeug läuft dann in einer Schlaufe bis man es nicht mehr hören kann. Ich jedenfalls nicht.
DRS 3 und noch mehr Couleur 3 haben in diesem Bereich in den 90ern Ihre Hausaufgaben teils noch sehr gute gemacht. Keine Ahnung, welcher Vollpfosten den Umbau zu Beginn der 00er-Jahre verbrochen hat, mich haben sie damit auf jeden Fall nachhaltig vergrault.
Finds schade, dass hier die Schweiz einmal mehr an der Deutschschweiz aufhört. Ich sag nur Couleur 3, die dem Massengeschmack alles andere als hinterherscharwenzeln. Und dann gibts dort noch: „Electro Libre“, „Downtown boogie“ sowie: „deviation“ und „Set Extra“.
Sorry, aber SRF3 beweist keinen Pioniergeist…
Die Kolumne hört eigentlich sogar in Zürich auf – es ist eine Zürcher Kolumne, angesiedelt im zum ZH Ressort zählenden “Bellevue” des Tages Anzeigers. Und auch hier steht das STADT in Stadtblog für Zürich. Deshalb auch das Wappen.
…aber bez. Inhalt hast du recht… ich werde das anpassen.
Das Klang aber anders letztes Jahr 😉 :
Signore Rossi
16. Februar 2015 um 11:18
Was hatt das Basler Club Sterben im ZÜRITIPP zu suchen?
Alex Flach
16. Februar 2015 um 11:30
…davon ausgehend dass die Welt der Zürcher (mit einigen Ausnahmen offenbar) nicht bei Schlieren aufhört und dass es auch spannend sein kann mal einen interstädtischen Vergleich zu ziehen um damit aufzuzeigen, dass Zürich in diesem Vergleich gar nicht so schlecht dasteht… zudem spielen viele Zürcher in diesen Clubs und es findet ein aktiver Austausch statt. Last but not least überlegen sich die Nordsternmacher nun ihr Lokal nach Zürich zu zügeln: http://www.basellandschaftlichezeitung…
Haha! Touché… und danke fürs aufmerksam sein. 🙂
ich höre seit mehr als zwei jahrzehnten (aus mangel an alternativen) tagsüber drs3/srf3. es freut mich ja für die freunde der clubmusik, falls sie jetzt in diesem sektor guten sound zu hören bekommen sollen. für die tageshörer wäre eine frappante steigerung der qualität des musikprogramms auch sehr zu begrüssen. diesen tag werde ich jedoch wohl nicht mehr erleben (habe im tagi vor einigen monaten ein interview mit dem musikchefredaktor gelesen und seither alle hoffnung aufgegeben).
ich finde es eine riesenfrechheit, was sich dieser sender tagsüber erlaubt. dudelt den genau gleichen mainstream-mist wie die privaten, bezieht aber dick bundesgelder zur kulturförderung. ein witz!