Kiffen gegen den Ärger

In Bern soll bald Kiffen erlaubt werden, habe ich im Radio gehört. Auch Basel, Genf, Zürich und Luzern arbeiten an Projekten, die Cannabis legalisieren sollen; Genf will es vorerst in Apotheken versuchen, als Medizin, Zürich in ausgewählten Clubs. Marihuana wird als Wirtschaftszweig entdeckt, der potenzielle Markt für unsere Landwirtschaft wird auf eine Milliarde Franken im Jahr veranschlagt.
Etwa 300 000 Kiffer rollen an einem Schweizer Wochenende einen Joint, schätzt man. Einer von ihnen stand am letzten Derby neben mir vor dem Wurststand auf dem Zürcher Letzigrund, er hatte seinen Ofen noch nicht angezündet, der Joint hing ihm von den Lippen, als er mit der Verkäuferin hinter dem Tresen seine Sprüche machte. «Geh weg mit deiner Rakete», sagte sie, eine währschafte Frau in mittlerem Alter. «Ach, hört doch auf», gab er zurück, «hier sind alle high.»
Alle high – das mag vielleicht wahr sein für ein Openair, aber klar, es gehört nun mal auch zum Fussball, sich vollzudröhnen, mit Alkohol, mit Gras, was der Markt hergibt. Ob es dabei um ein altes Ritual geht, oder darum, das Spiel intensiver zu erleben, oder im Gegenteil darum, wie ein zenbuddhistischer Mönch die negativen Gefühle zu verdrängen, das Leiden zu ertragen – ich weiss es nicht. Aber auf jeden Fall ist es so, dass der bekiffte Teil der Zuschauer im Stadion ein anderes Spiel sieht als der nüchterne Rest. Vielleicht liegt darin auch der Grund, dass die Kiffergemeinde wieder auf den Letzigrund kommt, zum nächsten Heimspiel des FC Zürich. Aber bitte, das ist nur eine Vermutung.
Man muss das auch nicht nur negativ auslegen, so in der Art, dass Kiffen die Sinne vernebelt und den Blick auf die Realität verstellt. Jeder Eingeweihte weiss, dass ein Joint in der Lage ist, aus Wasser Wein zu machen, das Gesehene aufzuwerten, Geschichten zu erfinden, wo es nichts zu erzählen gibt. Das ist eine grosse Gnade.
Ich zum Beispiel kann nicht zusehen, wie jeden Morgen die Autos bei uns in Wollishofen die kleinen Quartierstrassen verstopfen, wenn sie abgehen von der Autobahn. Wie sie sich ihren Schleichweg in die Stadt suchen, wie sie sich wie uneingeladene Gäste durch die Dreissigerzonen zwängen, es werden immer mehr, sie stehen bis hinunter an den See. Es macht mich wütend, wie die Schwyzer und Zuger am Wochenende ihr Auto spazieren führen in der Stadt, in diesen ersten Frühlingstagen, weil sie sich langweilen in ihren Steueroasen, und die Quaibrücke stillsteht. Roadpricing wäre der Tarif, man müsste sie zur Kasse bitten, denke ich, sie haben nichts begriffen.
Dabei habe ich nichts gegen Autos, ich finde Autos grossartig, aber ich mag das nicht, dieses Gefühl von Usurpation, dieses Gefühl, dass da Leute so tun, als ob sie bei uns zu Hause wären, dabei sind sie einfach Eindringlinge – vielleicht trauen sie sich nicht mit dem Bus in die Stadt, oder mit der S-Bahn, weil sie nur in ihren glänzenden schwarzen Kisten etwas wert sind.
Ich weiss, dass ich nerve mit diesen Tiraden, aber man braucht seine Feinde – vielleicht müsste ich mir auch einen Joint drehen und etwas chillen, apropos Kiffen, das Ticket für den Cupfinal kaufe ich mir jedenfalls.
12 Kommentare zu «Kiffen gegen den Ärger»
Leider suchen sich viele Menschen keinen Ausgleich zum Arbeitsleben oder anderen Stresssituationen. Ein guter Ausgleich wäre zum Beispiel Sport. Die Menschen rauchen Marihuana um aus Ihrem Alltag zu entfliehen. Das ist echt schade, seine Probleme auf diese Art und Weise zu verdrängen. Wir möchten Menschen dabei helfen diese Gewohnheit hinter sich zu lassen. Mehr erfahren unter http://kiffen-aufhoeren.com
Kiffen ist für den Staat doch nur deswegen ein Problem, weil sie keiner Steuer einziehen können. Bei den anderen Drogen, die genauso schlimm sind und süchtig machen, wie Alkohol und Tabak, da verdient der Staat doch kräftig mit. Das ganze Thema wäre vom Tisch, würde der Staat eine Kiffsteuer einführen. Alles andere, die angebliche Besorgtheit um die Gesundheit der Jugend ist pures Geheuchel !
Kiffen lässt für die meisten sensiblen ihren Alltag erträglich machen, da heute alles schnell, sauteuer, inhaltslos, und Menschen unwürdig erscheint. Wer kann sich schon von der Zwangsjacke der Zeit befreien und sich auf einer einsamen Insel unter die Kokospalmen schmeißen und einfach sein??? Eben!!!!
Wird sowieso Zeit, dass mal jemand den Steuerflüchtlingen und Goldküstentanten erklärt, dass man sich bei uns in der Stadt eher lächerlich macht mit einem SUV unterm Arsch…Cool geht in Zürich anders.
Den CUPFINAL2016 in der Z-ROSTLAUBE LETZIGRUND angucken – nie und nimmer Mister Gimes – lieber während der SPIELZEIT (inkl. allfällige Verlängerung und Penaltyschiessen) Unkraut jäten auf dem HARDTURM.
NB. Wer spielt im FINAL?
Es wird noch Fussball gespielt in Zürich?
Wie ich den guten alten Hädde vermisse 🙁
Früher kamen die Leute aus den gleichen Regionen mit dem Opel Rekord und haben den Verkehr behindert, indem sie „scheinbar unmotiviert“ im Gebiet der Allmend Brunau abrupt stoppten… Es hat uns nur getröstet, weil wir wussten, dass sie mit ihren bäuerlichen Subventionen wieder ein Teil des Geldes nach Zürich zurück brachten.
Und was würde mit der Stadt Zürich passieren wenn alle Schwyzer und Zuger auch noch zuziehen würden?
Hey, das Problem sind nicht die Schwyzer oder Zuger (oder Bündner oder St.Galler oder…). Das Problem sind die 2 Tonnen Blech, die sie mit sich schleppen (und gerne für en Stutz den ganzen Tag in Gehweite parkiert haben wollen).
Will heissen: Alle sind herzlich willkommen (Arbeit, Shopping, Zuzug), aber bitte ohne SUV.
Vielen Dank, für allem für diese Aussage:…weil sie nur in ihren glänzenden schwarzen Kisten etwas wert sind.
Und selbst dann schert man sich einen feuchten um sie. Es gibt da einen Spruch: die mit den grössten/dicktsten Autos, den Rest muss ich wohl nicht hinschreiben, gelle?
Weil man ihnen eingeredet hat, dass sie klein und unbedeutend seien ohne den Moloch bzw. versäumt wurde, sie zu immunisieren (z.B. via Religion) allerdings ist Immunität auch langweilig und die Natur knackt jede ; )