Fertig Foto für Facebook!

Party machen oder abstürzen, ohne verräterische Beweise: Fotoverbot in Friedas Büxe.

Party machen oder abstürzen, ohne verräterische Beweise: Fotoverbot in Friedas Büxe.

Party-Fotostrecken waren einmal ein Erfolgskonzept, das nicht nur den Narzissmus und das Anbandelungs-Bedürfnis unzähliger Clubber befriedigt, sondern das auch den Betreibern von Plattformen wie usgang.ch, tilllate.com und partyguide.ch ein respektables Auskommen garantiert hat. Dann kam Mark Zuckerberg und beendete die goldene Ära der Clubfotografie – tilllate.com hat inzwischen gar alle Partyfotos von der Seite entfernt.

Bereits vor dem fulminanten Aufstieg von Facebook kämpften die Partyseiten mit Hindernissen: Ihr Tun war nur in den stark kommerziell orientierten Clubs erwünscht oder zumindest geduldet, vom Underground wurden sie stets geschmäht. Partyfotografen durften diese Lokale zwar besuchen, mussten ihre Kamera jedoch vor dem Gang auf die Tanzfläche an der Garderobe abgeben. Einige dürften deshalb ob des enormen Echos, das die Leitung des Clubs Friedas Büxe um die DJs Valentino, San Marco und Don Ramon mit ihrer Verlautbarung ausgelöst hat, etwas irritiert sein: Fotografie habe in ihren Räumlichkeiten künftig nichts mehr zu suchen und sie hätten entschieden ein Verbot auszusprechen und die Friedas Büxe zur Foto-freien Zone zu erklären.

Die Adressaten dieser Büxen-Mitteilung sind aber nicht Partyfotografen, sondern die Gäste des Clubs. Im Ausland kennt man solche Verbote schon lange.  Wer beispielsweise im Berliner Berghain dabei erwischt wird wie er Impressionen für den Instagram-Gebrauch knipst, macht schneller Bekanntschaft mit den berüchtigsten Türstehern Deutschlands als ihm lieb sein kann. In der Schweiz sehen es Veranstalter im subkulturellen Umfeld zwar meist nicht gerne, wenn Fotos von ihren Partys im Netz landen.

Explizite Verbote waren bis anhin aber äusserst rar. Es gibt sogar einige Locations, die Fotos ihrer Gäste für ihre eigenen Facebook-Seiten und –Gruppen übernehmen. Die Friedas Büxe-Macher begründen ihren Schritt folgendermassen: «Techno und House Klubs sind sehr ambivalente Universen. Jeder von uns lebt sich auf seine ganz persönliche Art und Weise aus. Vielleicht will sich aber der eine Politiker, der bei uns feiern war, nachher nicht im Hintergrund eines auf Facebook geposteten Fotos sehen. Somit ist Friedas Büxe ab sofort eine Foto-freie Zone, in der sich jeder nach seinem Gusto ausleben darf wie er will, ohne sich im Anschluss auf sozialen Netzwerken wieder zu finden».

Derweil usgang.ch-Fotografen stets höflich fragen bevor sie sie Clubgäste ablichten, halten viele Partygäste mit ihren Smartphones einfach drauf. Diese Bilder landen dann umgehend auf Facebook oder Instagram. Mit etwas Recherche findet auch Frau Mama heraus, dass man den Familienbrunch nicht wegen Migräne hat sausen lassen, sondern weil man sich bis in den Sonntagmorgen hinein mit Freunden die Kante gegeben hat.

Damit dürfte nun aber bald Schluss sein. Andere Clubs werden dem Beispiel der Büxe folgen und aus ihrer wachsenden Abneigung gegenüber dem fortschreitenden Verlust der Privatsphäre ebenfalls die Konsequenzen ziehen.

Alex-Flach2-150x150Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.

15 Kommentare zu «Fertig Foto für Facebook!»

  • tanja sagt:

    sehr schön.
    beim letzten besuch im hive haben mich diese gruppenselphy-poser echt genervt. wozu braucht man eine fotistrecke der sooogeilen-party, statt eifach wirklich die musik zu geniessen und den moment zu feiern?! ich mache keine politik, möcht aber trotzdem nicht bei irgendwelchen leuten auf dem fotohintergrund auftauchen. ob das beim aperölen an feierabend in einer bar oder einer einschlägigen (halb)nacktparty ist.

  • Darius sagt:

    Wer führt das was im Schilde?
    Hat ein Politiker die Tante Frieda angeklagt weil ein Parteimitglied diesen des Tanzes überführt hat oder weil seine Tochter zum Feiern verführt wurde?
    Führt die allgemeine Akzeptanz von Verboten nicht automatisch zu weiteren Verboten?
    Ein Foto ausserhalb der eigenen vier Wände führt dann auch bald zu einem Gerichtsverfahren. Es könnte genauso einen Migräne-Simulanten verraten.
    Demnächst kann ich also vom Türsteher aus dem Club geführt werden, wenn ich mal einen coolen Sticker im Klo, die bezaubernde Deko der Party oder den bunten Sampler neben dem Mixer fotografiere.
    Warum definiert man den erlaubten Rahmen nicht einfach wie das viele Veranstalter von…

    • Darius sagt:

      …Open-Airs machen? Dort steht oft in den „Benimm-Regeln“, dass man die Künstler und Musiker nicht und fremde Gäste nur mit persönlicher Erlaubnis erkennbar ablichten darf.
      Aber ich verstehe das Vorgehen der Büxen-Macher. Sie wollen allen ihren Gästen ein gemütliches, privates Ambiente anbieten in welchem sie sich nicht um irgendeinen Tabubruch Sorgen machen müssen.
      Nur: Will man wirklich neben Gästen feiern, die Montags darauf nicht zugeben können, dass sie an derselben Fete waren?

  • Samuel sagt:

    diese Selbstverständlichkeit alles und vor allem alle undgefragt abzulichten geht mir auf den Kecks.
    Leider ist dies heute nur in den Drögi Clubs selbstverständlich. Im Laby war das nie anders. da wurde man shcon beim zücken des Handys freundlich aufgefordert dies zu lassen.

    • Alex sagt:

      Ich möchte eigentlich keinen Kommentar als blanken Unsinn outen, aber… Als es das Laby noch gab, gab’s keine Smartphones… Das erste iPhone kam in Europa im November 2007 raus und selbst damit waren im Club geschossene Fotos einfach nur schwarz.

      • Remo Peter sagt:

        Kommt drauf an welche „Generation“ Laby gemeint ist. In der Spätphase gab es schon die ersten Kamerahandys mit geschätzten 1 MP Auflösung. Ich hab’s noch auf Film geknipst.

  • David sagt:

    Ein Schritt in die richtige Richtung!
    Ich würde allerdings noch weiter gehen: Wer in den Club will, lässt entweder sein Handy gleich zuhause, oder gibt es and der Garderobe ab. Ausserdem würde ich jegliche Uhren im Club verbieten.

  • Keller Marc sagt:

    Das Foto ist für die Ewigkeit gemacht, offenbart auch das Geheime und Dunkle. Unpassend für einen Club, der sich nicht im Licht des Mainstreams bewegen möchte. Aber deswegen ein Verbot? Das Foto ist auch eine schöne Erinnerung, das geht auch ganz ohne Selbstdarstellung.

  • PS sagt:

    ist ja nichts Neues. Das gilt im Revier ja schon lange!

    • Alex Flach sagt:

      Im Text steht dass solche Verbote rar waren. Nicht dass es nie welche gegeben hätte. Auch der Basler Hinterhof hat ein „strictly no Smartphones“-Schild draussen.

  • Patrick sagt:

    Guter Artikel und ein Schritt in die richtige Richtung von den Machern der Frieda’s Büxe. Was aber vergessen geht: es sind nicht nur die Gäste, welche mit ihren Smartphones herumfuchteln. Videos und Fotos von DJs, die nochmals „Danke, liebe Büx“ auf Facebook sagen möchten, sind schon fast an der Tagesordnung. Also kann und darf man dieses – für mich – störende Verhalten nicht zwingend nur auf die Gäste abschieben.

  • Rich sagt:

    Guter Schritt von der „Büx“. Feiern in diesem Rahmen, mit all seinen schönen und noch schöneren Seiten, gehört nicht in die breite Öffentlichkeit und noch weniger auf die Timelines von Fremden.

  • tesdorpf sagt:

    so gesehen auch vor zwei wochen in der ambossrampe (eben). vernünftig und begrüssenswert; führt auch automatisch zu weniger mobiltelephonen auf der tanzfläche. die dinger alleine scheinen den raum ja heller aus als die flutlichter das letzi. ich möchte hoffen, dass die haltung schule macht – insbesondere unter den gästen, damit vielleicht alle irgendwann zur einsicht kommen, dass es sich ohne natel in der hand einfach besser tanzt. auch für den menschen nebenan.

  • JR sagt:

    Ein völlig logischer und guter Schritt !
    Werden bestimmt viele begrüssen.

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