Fehr, die Juso und der «totalitäre Staat»
Der Sozialdemokrat Mario Fehr ist beleidigt und tritt (vorübergehend) aus der SP aus. Diesen Schritt macht er, weil die Jusos ihn auf den Verdacht hin, er und seine Kapo hätten illegal Spionagesoftware gekauft, angezeigt haben. Rechtlich hat der «zeitweilige» Austritt auf das Verfahren keinen Einfluss. Es zeigt nur, wie betupft Fehr ist, dass man seine politischen Entscheidungen rechtlich prüfen will. (Was eh schon schwer genug ist, und vielleicht niemals rechtsstaatlich sauber geklärt werden kann).
Die ganze Geschichte wäre ja beinahe wieder vergessen gegangen: Die Kantonspolizei kaufte mit Unterstützung der Staatsanwaltschaft und Mario Fehr bei den Stümpern von der Firma «Hacking Team» eine Software, einen Trojaner, mit dem man in der Schweiz auch für den Staat illegale Aktionen ausführen kann.
Zur Rechtsstaatlichkeit der Untersuchung: Der Anzeige gegen Fehr sollte von der Strafverfolgungsbehörde nachgegangen werden, die massgeblich an der Beschaffung des fragwürdigen Trojaners beteiligt war. Und überraschenderweise sah genau die Staatsanwaltschaft, die den Antrag für einen solchen Trojaner beim Obergericht gestellt hatte, keinen Bedarf an Ermittlungen gegen Fehr.
Merke: Es wurden nicht Ermittlungen angestellt und bei denen sich der Fall als irrelevant herausstellte. Es wurde nicht mal mit den Ermittlungen begonnen. Da wäre der Begriff «Befangenheit» vielleicht nicht falsch gewählt.
Soweit, so fragwürdig, was die Rechtsstaatlichkeit angeht. Aber der betupfte Mario Fehr konnte es nicht einfach dabei belassen, dass seine Kumpels von der Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen starteten, er musste sich jetzt auch noch dramatisch in Opferpose werfen. Er warf den Jusos Folgendes vor: «Dieses Vorgehen erinnert mich an Machthaber totalitärer Staaten, die in solcher Machart Andersdenkende mundtot machen.»
Das sind grosse Worte für jemanden, der ohne rechtliche Grundlage die Bürger einer freiheitlichen Demokratie mit Software überwachen will, die sogar im neuen Fernmeldegesetz nur mit gerichtlicher Sonderanordnung eingesetzt werden dürfte. Zum Zeitpunkt des Erwerbs galt das alte Fernmeldegesetz, in dem ein Einsatz solcher Software nach Ansicht vieler Juristen illegal war. Niemand will in der Schweiz jemanden «zum Schweigen bringen». Und schon gar nicht einen Politiker, der die ganze Staatsmacht auf seiner Seite hat.
«Totalitär» ist es nicht, eine Frage rechtlich klären zu lassen. «Totalitär» ist es höchstens, wenn eine beteiligte staatliche Behörde Strafuntersuchungen in Fällen verhindert, in die sie selbst verstrickt ist. Das hat schon putinsche Qualitäten. Nun soll der Kantonsrat, ein Gremium aus Kollegen, die Fehr schon seit Jahren oder Jahrzehnten kennen, darüber entscheiden, ob die Untersuchung weitergeführt wird.
Also entweder entscheiden die Freunde aus der Staatsanwaltschaft darüber, ob ermittelt wird, oder dann die langjährigen Kollegen aus dem Kantonsrat. Wobei die Freunde entweder aus der eigenen Partei sind, oder aber die eher bürgerliche Sicherheitspolitik von Fehr mittragen.
Ganz sicher scheint sich Fehr aber nicht zu sein. Mit seinem «Austritt auf Zeit» gibt er der SP klar zu verstehen, dass er die Partei verlässt, sollte man ihm die Immunität verwehren. Die Partei würde also einen Regierungsrat verlieren. Dabei hätte man als Staatsmann von Format nur eine Art mit solchen Vorwürfen umzugehen: Man stellt sich der Klärung und versteckt sich nicht hinter Amt und Würden.
So ist eine rechtliche Aufklärung nicht möglich. Der Tages Anzeiger brachte vor zwei Wochen wegen des Walker Falles eine Einschätzung der maroden Justiz im Kanton Uri. Vielleicht sollte man im eigenen Kanton den Filz auch mal unter die Lupe nehmen.
Vielleicht sollte die SP nicht traurig sein, wenn jemand mit einem solchen Verständnis vom Rechtsstaat das Parteibüchlein zurückgibt. Und vielleicht sollte sich die Partei überlegen, wie «zeitweilig» der Austritt von Fehr denn sein sollte. Gerade wenn man bedenkt, dass die SP wieder mal Prinzipien über machtpolitisches Kalkül stellen sollte.
18 Kommentare zu «Fehr, die Juso und der «totalitäre Staat»»
Wie glaubwürdig ist eine SP, wenn sie diesen Schnüffel-Sympatisant Mario Fehr gar noch stützt. Soll er doch austreten und zu einer Partei seiner Sinnesgenossen wechseln. Wie wärs mit SVP oder FDP ? Bravo und Respekt der JUSO. pu Jg. 1938
Wenn einer Christa Markwalder für ihren mutmasslichen Landesverrat im grossen Stil die Immunität nicht entzogen wird, hat Fehr für den mutmasslichen Verrat am Volk im kleinen Stil eh Nichts zu befürchten.
Immunität… tolle Sache.
Die journalistische Leistung dieses Artikels ist äusserst bedenklich, sowohl inhaltlich wie auch formell. Es wird nicht mit plumpen Anschuldigungen gespart. Dies auf tiefstem Niveau …
Vielleicht sollte man wissen, ob man unter einem journalistischen Text oder unter einem Meinungsblogpost kommentiert. Und was inhaltliche Fehler angeht: Da hätte ich gerne ein Beispiel.
Na ja, das mit dem Totalitarismus ist halt so eine Sache: Noch leben wir nicht in einem totalitären Staat. Aber wer weiss denn schon, von wem wir morgen regiert werden..? Deshalb sammelt man bereits schon heute fleissig Daten, damit man sie dann vielleicht morgen gegen Einzelne von uns (oder ganze Gruppen) verwenden kann… Was heute noch absolut harmlos erscheint, ist in (naher?) Zukunft vielleicht schon ein Verdikt..! In diesem und auch ähnlichen Zusammenhängen kommt mir halt immer wieder der mehrfach Preis gekrönte Klassiker von Alexander Lehman in den Sinn:
https://m.youtube.com/watch?v=SGD2q2vewzQ
Auch der Nachfolger (Warum wir Überwachung lieben) ist absolut sehenswert! Deshalb bin ich für ein einziges Mal dem strafrechtlichen Anliegen der Juso in diesem Falle nicht ganz abgeneigt.
Ja der Fehr, der war doch schon immer ein verkappter (Klein-)Bürgerlicher, ich zB. hab ihn schon deshalb nie gewählt, ob wohl ich Links wähle, ein kleiner Karriere-Sozi, im richtigen Moment auf dem Absprung dort hin, wo er eigentlich hingehört. Lasst ihn ziehen!
Mag sein, aber um einiges fähiger, als die meisten grossen Karriere-Sozis. Darum ist er auch im Schussfeld der JUSO, weil er auch für Bürgerliche wählbar ist. Die können das nicht verkraften. Die Anzeige mag ja in Ordnung gehen aber die JUSO hat die sicher nicht gemacht, weil sie Unrecht aufdecken wollten sondern um Fehr zu schädigen. Wäre Jacqueline Fehr SIcherheitsdirektorin und hätte sie ebenfalls die Trojanersoftware bewilligt, wäre sie niemals von der JUSO angezeigt worden.
na ja. einerseits provozieren die jusos halt gerne. andererseits. fehr macht schon seit jahren eher bürgerliche politik und steht auch dazu. eventuell kam da die anzeige für ihn im richtigen moment. so braucht er sich nicht vor den genossen zu rechtfertigen. also für mich ist die ganze geschichte einfach nur eine logische konsequenz – sowohl für fehr, als auch für die sozis.
Das Problem ist nicht die Klage der JUSO. Das Problem ist, dass schlussendlich niemand für den stümperhaften und vorallem illegalen Kauf der Spionagesoftware zur Rechenschaft gezogen werden wird. Das ist ein Problem für unseren Rechtsstaat. Und Mario Fehr ist ein Teil dieses Problems.
Warum diese Aufregung? RR Mario Fehr hat (endlich!) die ochsentourige CH-Metamorphose – vom globalen Sozialisten zum ständisCHen ZH/CH-Staatsmann – mit Bravour geschafft.
Als vorbildliCH-staatliCH besoldete Vorgänger-/innen, resp., Nachfolger-/innen gelten hier, der Einfachheit halber paarweise gelistet:
em. RR NOTTER(-Arnet)
alt BR LEUENBERGER(-Loewensberg)
neo NR JOSITSCH(-Galladé)
Die Genannten haben z.T. GROSSartiges für den/die ZH/CH geleistet. Es liegt nun an uns Bürger-/innen, das politische Wirken dieser Personen richtig einzuordnen, und – nach den mutmasslich hochdramatischen BR-Wahlen vom 9. Dezember 2015 – die riCHtigen Schlüsse zu ziehen.
Erinnert ein wenig an FIFAGate, kommt nie gut wenn Leute aus eigenen Reihen eine Untersuchung durchführen müssen.
Ein Gauner der vor Gericht steht, nimmt ja normalerweise nicht die Rolle vom Angeklagten & Richter gleichzeitig ein… Völlig absurd, nicht ?
Wenn die SP weiterhin „Juso-Hardliner“ wie F. Molina und damals C. Wermut sogar auf nationaler Ebene fördert(e) und diese auf den vordersten NR-Wahllisten Plätzen „beglückte“ und C. Wermut – als damaliger JUSO – zum SP Vizepräsident Schweiz ernannte, dann muss man sich nicht wundern, dass solche Leute sich selbstüberschätzend politisch radikal „aufplustern“. Deren rotzfreche und häufig anstandslose Auftritte – vor allem – in den elektronischen Medien schaden der SP sehr. Was sich jetzt in Sachen Demontage- und Diskreditierungsversuchen aus der eigenen Partei – initiiert und konzertiert durch die SP JUSO ZH und deren „Anführer“ Molina – gegen Regierungsgrat Mario Fehr abspielt, ist nicht akzeptabel.
Fazit; Die SP wird die radikalen JUSO-Geister, die sie rief, nicht mehr los – unabhängig davon, ob diese die JUSO-Mitgliedschaft aufgrund der Altersbegrenzung in die „normale“ SP-Mitgliedschaft überführen.
Sorry, und was genau hat das mit dem fragwürdigen Verhalten von Mario Fehr zu tun? Ich mag die Hitzköpfe aus der Juso auch nicht besonders, aber in diesem Fall haben sie den Finger auf einen wunden Punkt gelegt.
Wieso finden Sie dieses Vorgehen nicht eher mutig und objektiv gleichbehandelnd? Wenn die jSVP diese Anzeige gemacht hätte, würde man von politischem Grabenkampf reden. Hier legt eine Jungpartei den Finger auf eine Wunde, OBWOHL es die eigenen Gesinnungsgenossen betrifft! Das verdient doch Respekt und Anerkennung? Egal was ich sonst von diesen Herren halten mag. Auch da muss man selber objektiv und fair in der Beurteiling sein,und eben: man sollte sich fragen, welches Staatsverständnis Herr Fehr hat, wenn er einen solchen Satz absondert. Erwartet ER denn genau solche Despotenstaaten-Mauscheleien zu seinen Gunsten, wie in Staaten, welche ER ja genau anprangert? Wo man eigenen ‚Buddies‘ nicht auf die Füsse tritt und wegsieht, wenn diese strafrechtllich relevante Handlungen vornehmen?
Es wäre gut, wenn wir „Über die Sache“ eine Dabatte führen würden. Wollen Sie von einem Staatstrojaner ausspioniert werden. Und wenn ja, welche Kriterien müssen zutreffen um dies zu legitimieren. Reicht es, wenn Sie kritisch gegenüber der SVP (Bsp. Mauer sind) und das öffentlich äussern (Staatsschutz) oder wenn Sie an einer Demonstration teilnehmen. Diese Diskussion können wir unabhängig von der Partei führen. Ich vermute, dass bereits heute schon alles (Tel, Internet, Kontakte) in irgendeiner Datenbank abgelegt werden (ink. easyvote.ch wo Sie Ihre politische Meinung registrieren). Was würde man über Sie lesen und inwiefern sind Sie damit einverstanden. Diese Debatte ist zu führen.
Fehr erinnert sich sicher der bis zum Überdruss gelebten Opfermentalität der Rechtsnationalen, die ja auch immer jammern und sachlich relevante Fragen damit übertönen. Vielleicht den Rechtsrutsch nun auch persönlich durchziehen und in die SVP wechseln, Lieber Herr Fehr? So etwas Armseliges habe ich von einem SP-Politiker, der mit der Staatsanwaltschaft gegen die Bevölkerung operiert und Transparenz ums Verroden nicht haben will, noch nie gesehen. Ein Staatsdiener, der dem Volk Äpfel für Birnen verkauft und dann nicht mal die menschliche Grösse hat und offensichtliche Fehler bei Beschaffung leugnet und Transparenz im Nachhinenin zu verhindern sucht. Staatsmännisch ist anders, die Lektion der Rechten mit Opferschema und beleidigter Leberwurst hat er gut gelernt… Fragt sich nur, wie lange noch sich das Volk weiterhin einen solchen Diener am Volke leisten soll, da er diesem ja gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft keine Rechenschaft abgeben zu müssen glaubt. Treten Sie doch zurück, Herr Fehr, wenn Ihnen rechtsstaatliche Prinzipien nichts mehr bedeuten. Dasselbe gilt für die Staatsanwaltschaft!
Fehr hat – wie viele andere, auch Bürgerliche – seine Partei als Sprungbrett für seine Karriere missbraucht. Oben angekommen, steht die dumme, idealistische und ausgenutzte Partei-Basis nur noch im Wege.
Vielleicht kommt Fehr die Geschichte gelegen und er wirft sich in „Opferpose“, weil er mit den Sozis nicht mehr viel am Hut hat. So wie der politisiert und spricht, hat man den Eindruck, dass er sich in dieser Partei nicht mehr wohl fühlt und nach einem Vorwand sucht, auszutreten.