Mauscheln mit den Bürgerrechten
Ich bin kein Jurist oder Staatsrechtler, ich weiss also nicht, ob Sicherheitsdirektor Mario Fehr, die Kapo und die Zürcher Staatsanwaltschaft den Staatstrojaner vom «Hacking Team» ohne rechtliche Grundlage oder illegal bestellt und eingesetzt haben. Ich weiss auch nicht, ob, wo und wann ein solcher Trojaner jetzt eingesetzt werden darf.
Und jetzt, nachdem dieselbe Staatsanwaltschaft, die den Antrag für einen solchen Trojaner beim Obergericht gestellt hatte, kein Bedarf an Ermittlungen sieht, weiss ich es noch immer nicht. Merke: Es wurden nicht Ermittlungen angestellt und bei denen sich der Fall als irrelevant herausstellte. Es wurde nicht mal mit den Ermittlungen begonnen.
Das hinterlässt bei mir ein ähnliches Gefühl, wie wenn die FIFA die Korruption in der FIFA untersucht und zum Ergebnis kommt, dass alles wunderbar ist. Wer jemals Einblick in die Arbeit von Staatsanwaltschaft, Gericht und Kapo hatte, weiss, wie eng diese Institutionen zusammenarbeiten müssen. Ich habe schon ein mulmiges Gefühl, wenn die Staatsanwaltschaft gegen die Kantonspolizei ermitteln muss, weil da Freundschaften und persönliche Beziehungen die Sicht trüben können.
Wenn aber die Staatsanwaltschaft in einem Fall ermitteln muss, in dem sie evt. ein eigenes Missverhalten aufdecken könnte, und dann die Ermittlungen verweigert, schrillen bei mir alle bürgerrechtlichen Alarmglocken.
Der Ball liegt jetzt beim Kantonsrat, der die Staatsanwaltschaft dazu anhalten kann, die Ermittlungen trotzdem aufzunehmen. Und wieder hinterlässt das ein mulmiges Gefühl: Das Ergebnis einer Untersuchung, die von der Behörde, die sie durchzuführen hat, bereits als irrelevant eingeschätzt wurde, und bei der ein Fehlverhalten eben dieser Behörde ans Licht kommen könnte, ist in meinen Augen schon von Anfang an unglaubwürdig, wenn es zu einer Entlastung kommt.
Wie gesagt, ich bin kein Jurist, ich weiss nicht, ob diese Staatstrojanersache rechtmässig ablief. Aber so wie’s aussieht, werde ichs wohl auch nicht erfahren. Weil entweder gar nicht mehr ermittelt wird, oder, falls doch, von einer Behörde, die dazu gezwungen wird, in einem Fall zu ermitteln, in den sie selbst involviert ist, und den sie selbst bereits abgeschrieben hat.
Das ist Mauscheln mit den Bürgerrechten. Da müssten eigentlich unsere demokratischen Prozesse und Kontrollinstanzen greifen. In diesem Falle wohl mit einem ausserkantonalen Sonderstaatsanwalt, der das Ganze unter die Lupe nimmt.
7 Kommentare zu «Mauscheln mit den Bürgerrechten»
die sp weiss eben, was gut ist fürs volch.
also erübrigt sich die untersuchung.
das einzige was die sp dem mario fehr vorwerfen könnte, dass er ein mann ist…
Eigentlich wären ja auch die Medien eine Kraf im Land. Aber vor einiger Zeit haben die sich irgendwie auf’s „Klick“-Erheischen und Abschreiben und Föteli rumreichen spezialisiert.
Gesamtheitliche Transparenz und Effizienz setzen nunmal ineinander verzahnte Funktionen voraus – dies ist (IIRC) mehrmals vom Stimmbürger, resp den Parlamenten erwünscht worden. Wer einen Staat nach ökonomischen Prinzipien reiten will, soll sich nicht wundern, wenn die Rechtstaatlichkeit (in extremis) ein bisschen flöten geht.
Sowieso, Die Gewaltenteilung ist da eher etwas hinderliches. Ausserdem darf heute jeder mal einen Bock schiessen (ausser im Strassenverkehr).
Die Medien haben im Grunde keine staatsrechtliche Funktion. Sie decken zwar Mauscheleien auf und schauen den Leuten auf die Finger, trotzdem sind sie keine Gewalt im Staat sondern in erster Linie gewinnorientierte Unternehmen und schreiben was die Leute lesen wollen.
Ein Staatsanwalt der nicht gegen sich selbst ermitteln will, generiert keine höhere Auflage oder mehr Klicks und das Interesse der „vierten Gewalt“ an diesem Fall sehr gering.
Für einen Fall wie diesen, da liegt Reda richtig, müssen demokratische Prozesse und Kontrollinstanzen geschaffen werden.
Die Medien haben gemerkt, dass es einfacher ist dem Staat nach dem Mund zu reden und hin und wieder Pseudo-kritisch zu sein.
Wer heute noch auf grosse Medien setzt um sich zu _informieren_ möchte sich entweder alles schönreden lassen. Hey, wir leben im 2015. Alle relevanten Dinge findet man selbständig, so zum Beispiel die Kommunikation von Kapo, deren privaterm (?!) Anwaltsbüro usw. die man sich bei wikileaks locker raussuchen kann.
Theoretisch gäbe es noch die Bundesanwaltschaft als logische nächst höhere Behörde. Da die aber bekanntlich zu nichts taugen und zudem auch dort Vetternwirtschaft nach Zürich herrscht, brint das also auch nichts. Ein Skandal ist es so oder so.
Die Kapo ZH setzt übrigens schon seit ca. 20 Jahren technsiche Ueberwachungsmassnahmen ein, teilweise legal mit richterlichen Beschlüssen, aber auch illegal. Das ist nichts Neues. Schon anfangs der 90er besassen sie kleine Empfänger, mit welchen sie das damalige Natel-C-Netz abhören konnten, allerdings nur aus kleiner Distanz. Das konnte niemand überprüfen, da es eben keine digitalen Datenträger waren. Bei Natel-D ging es nur noch digital. Auch Trojaner (und ähnliche Programme) werden durch die Kapo ZH (übrigens auch die Stapo ZH) schon seit mindestens Windows 98 eingesetzt. Einzelne davon können über das Netz versendet werden und andere müssen manuell installiert werden. Das Problem liegt darin, dass der Einsatz solcher Mittel theoretisch von richterlichen Beschlüssen abhängig ist, die Technik als solches liegt aber bei den Polizeikorps ohne externe Kontrollmöglichkeit, bzw. Umgehung dieser. Genau da liegt das Problem. Und da alle im gleichen Boot sitzen, wird eben alles unter den Tisch gewischt, selbst wenn intern mal etwas herauskommt oder wenn die nächst höhere Instanz Kenntnis davon erhält.
Die setzen auch Rechner ein, mit welchen sie selber Provider sind. Externe Kontrollen gibt es nicht – und selbst wenn es sie gäbe – Stecker raus und Hardware verschwinden lassen und das Problem ist gelöst. Ich glaube, es war in den 90ern (?), als man im damaligen Skandal ein ganzes Peil-Flugzeug beschaffte und zusätzlich auf Staatskosten beschaffene IT-Hardware im privaten Besitze verschwanden.
*Wer überwacht die Wächter?*
es ist wie es ist. vetterliwirtschaft, filz und korruption sind weit verbreitet in der schweiz. der übergang zwischen „netzwerken“ und besagten attributen ist fliessend. das war zwar früher schon so – aber – die persönlichen interessen der meisten akteure in der zeitgenössischen politik werden vornehmlich über die definition der ämter gestellt. das gefährliche an dieser tendenz ist, dass sich hieraus eine 2-klassen-gesellschaft entwickeln wird. wenn jeder, von links….rechts, nur noch pures lobbying betreibt, und sich das rechtssystem nach der „kaste“, geld, macht und einfluss richtet, ist der schweizer rechtsstaat nicht viel mehr wert, als beispielsweise das system in italien, welches von der mafia gesteuert wird. wobei wir dort noch den „vorteil“ haben, dass man sich des nutzens des bürgers bewusst ist. klingt hart? – vielleicht. ist aber so. die politik ist eine hure. ich neige zur auffassung, dass eventuell eine „gute“ diktatur unserem land besser täte als die bestehende, äusserst biegsame und je länger je wässrige demokratie.