Der lange Weg in den erlauchten Kreis
Wenn man jung ist, korrelieren die Ansprüche und Wünsche zumeist nicht mit dem Inhalt der Brieftasche: Der Verlockungen sind viele, die finanziellen Möglichkeiten bescheiden. Dieser Missstand manifestiert sich vor allem im Ausgang, ganz besonders wenn man in Zürich lebt: Will man hier seine Party ohne Rücksicht auf die finanziellen Gegebenheiten geniessen, wird man schnell feststellen, dass am Ende des Geldes ziemlich viel Monat übrig bleibt – ein-, zweimal am Abend den Club wechseln, überall zwei bis drei Drinks kippen und schon sind 200 Franken weg. Geht man zweimal wöchentlich aus (für 25jährige keine bemerkenswert sportliche Leistung), belaufen sich die monatlichen Kosten für Clubbing folgerichtig auf ca. 1‘500 Franken.
Wie kann man als ausgehfreudiger Jungzürcher diese immensen Kosten auf ein verträgliches Niveau senken? Ganz bestimmt nicht indem man einen DJ, Veranstalter oder gar den Chef des Clubs seiner Wahl auf Facebook added und ihm, nach erfolgter Annahme, als erstes diese Nachricht sendet: «Vielen Dank für die Bestätigung. Bei wem darf ich mich melden um nächsten Samstag auf die Gäste- oder Friendslist zu kommen?». Vom Freund zum Blockierten in zwei Minuten: Kein Club- oder Partymacher, insbesondere im Bereich anspruchsvoller elektronischer Musik, mag Schnorrer und das Wort «Friendslist» verursacht bei vielen nur noch Sodbrennen.
Der sicherste und nachhaltigste Weg seine Nachtleben-Kosten zu senken ist selbst DJ oder Veranstalter im gewünschten Umfeld zu werden. Sollte es hierfür an Talent mangeln, hilft nachdrückliches Socialising: Wer immer wieder an denselben Orten verkehrt, wird von den Barkeepern, Hosts und Türstehern irgendwann als Stammgast erkannt und als solcher gepflegt. Schneller geht’s wenn man bei seinen Besuchen sympathische Extrovertiertheit an den Tag legt: Man schenkt dem Selekteur das freundlichste Lächeln, fragt den Barkeeper nach seinem werten Befinden und sagt dem Veranstalter, wie grandios die Party sei, die er da wieder hingestellt habe. Passt man dann bezüglich Look auch noch gut zum Image des Clubs (nicht dem tatsächlichen, sondern zu jenem, von dem die Clubchefs denken, dass man ihr Lokal so sehen würde…) dann ist die Chance gross, dass man irgendwann den Eintritt und den einen oder anderen Freidrink geschenkt kriegt.
Das klingt mühsam und langwierig und das ist es auch. Zudem gibt es viele Mitbewerber um die Gunst der Nachtlebenmacher und da die nicht allen alles gratis abgeben können, ist der Erfolg auch mit hartnäckigstem Socialising unsicher. Aber es ist dennoch der einzige Weg um (nach Jahren) vielleicht in den erlauchten Kreis jener vordringen zu können, die hemmungslos ausgehen können, ohne jedes Mal ihr Sparschwein zum Weinen zu bringen.
Möchte man sich das nicht antun und möchte man auch gar nicht allzu engen Kontakt zu all diesen verqueren Szenis, dann muss man sich wohl einfach damit abfinden, 38 Franken Eintritt für den Auftritt von Ricardo Villalobos in Friedas Büxe am Samstag zu berappen. Weil der Mann nun mal horrende Gagen verlangt, weil die Miete und die Technik eines Clubs nun mal viel kosten und weil all die Leute die da arbeiten nun mal ihre Löhne überwiesen haben wollen.
Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.
23 Kommentare zu «Der lange Weg in den erlauchten Kreis»
Marc Züricher ich bin genau deiner Meinung. Ich bin 30 und konnte mir vor ein paar Jahren nicht vorstellen, nicht in Clubs zu gehen. Tatsächlich gehe ich kaum noch in Clubs – und wenn, dann weil ich genötigt werde von Freunden / Freundin. Der Spass ist begrenzt,
da wie oben beschrieben, total unentspannt das ganze. Irgendwelchen Migrantentürsteher in den Arsch zu krichen, damit ich mein Geld im Club ausgeben darf, mache ich nicht mehr. Wie beschrieben tummeln sich dann die Bro’s von den Türstehern im Club und gangstern herum. Entweder das oder es hipstern Hipster umher. Getanzt wird kaum noch. Wo sind die Geilen Clubs hin?
Dachkantine, Toni, Rohstofflager, das HIVE von früher, als es noch kein Hipsterspunten war… Cool als Location finde ich das Mascotte – leider sind die Leute und der Sound meistens nicht der Hit.
Hey Alex, ich habe mal eine Frage, hoffe mein Post kommt an: Wie viel Nettogewinn macht das Hive?
Liebe Alex – das Problem liegt oftmals wirklich an der Gästeliste bzw. dem Gratiszutritt für die immer gleichen Personalien. An meinen Partys gibt es weniger als 2 % Gästeliste und weniger als 10 % Friendslist. Dafür sind die Eintritte im Durchschnitt für den „normalen Gast“ 20-30 % günstiger als an den Events mit 50 % Gästeliste. Daraus resultiert eine faire Behandlung für die Mehrheit der Besucher und etwas mehr Budget für Getränke. Ich kriege Brechreiz, wenn Veranstalter die Ausgangsszene mit Gratiseintritten überschwemmen und Dich zum Eintrag in die Gästeliste zwingen, weil Du sonst nach langer Wartezeit am „Normaloeingang“ der Ausnahmeidiot bist, welcher Eintritt bezahlt!
Neulich versuchte mir jemand zu erklären in Zürich hätten wir ein Überangebot an Clubs. Das stimmt so nicht – wir haben ein Überangebot an überteuerten, zum Teil arroganten, schlecht organisiert und langeweiligen Koppiermaschinen, welche von Profilneurotikern oder Geldgierigen Quereinstiegern geführt werden und somit die Leute dazu erziehen nicht mehr ins Clubleben abzutauchen sondern neuer Wege zu suchen um unabgezockt Spass zu haben. Und irgendwann hilft es auch nicht mehr den besten Dealer im Hause zu haben, weil sogar die sich anders orientiern:)
Wenn sich ein Clubmanagement dazu eintscheidet einen bekannt DJ zu buchen, welcher seinen Preis hat um sein Programm aufzuwerten und den Leuten etwas zu bieten ist das sicher nicht falsch. Der Gast kann entscheiden, ob er sich lieber ein Konzert, einen Eintritt in die Oper oder eben den Eintritt zur Performance seines Wunsch DJs leistet. Der Ausgangsfranken bleibt der gleiche. Nur der Spassfaktor ist vielleicht höher und rechtfertigt seinen Preis und die Lust weiterhin zu Clubben.
Die Menge an Ausgangslokalen, welche für übeteuerte Preise schlechtes Programm bieten ist jedoch so gross, dass sich sehr viele junge Leute gelangweilt und frustriert aus dem Clubleben zurückziehen. Damit steigt der Druck auf die Veranstalter Szene und das wiederum wird auf die Preise abgewälzt. Den Rest kennen wir ja……..
Beat, du sprichst mir aus der Seele. Als fast-normalo-Clubber älteren Semesters ist es bei mir schon so weit, dass ich mir die Parties entsprechend aussuche und nur noch wenige, ausgewählte besuche. Kopiermaschine Einheitsbrei trägt nicht unwesentlich dazu bei. Irgendwann ist man ja so weit, dass man Parties nicht nur besucht um dabei zu sein und sich abzuschiessen, sondern um zu tanzen und der Musik wegen.
Nichts desto trotz – stimmt das Programm, die Besucher und der Rahmen, bin ich gerne bereit auch mal etwas mehr zu bezahlen.
Man könnte auch nur in einen Club pro Abend gehen und vorher mit den Kollegen zu Hause ein oder zwei Drinks rein kippen, dann braucht es im Club nicht mehr so viel. Dann wird es schon mal nur noch halb so teuer.
Allemal besser als jedem popeligen Club-Angestellten in den Arsch zu kriechen damit man mal was spendiert bekommt.
ich war kürzlich im HIVE. schlabbrig, alt, stinking, schlechte stimmung und as für 25 CHF. schade. am DJ lag’s nicht. ich bin der meinung, dass die eintrittpreise überteuert sind in der schweiz und die party daher dann auch viel zu spat steigt. ZH müsste sich ein bisschen auf die USA ausrichten. da läuft die party rund, früher, edler und billiger 🙂
…andere sagen dem auch Kommerz. Wenn man in ZH mehr „Las Vegas“ will, dann sollte man nun wirklich nicht ins Hive. Übrigens auch nicht in die Zukunft, in die Büxe etc… Zeug von Avicii und Guetta wie in Las Vegas läuft da nicht 🙂
Nachtrag: Jens, der Betriebsleiter vom Vior, ist immer in Las Vegas in den Ferien und versucht etwas vom Groove da zu adaptieren. Das könnte was sein für Dich!
Kurze Frage: Sind dann auch die Akteure auf der Gegenseite lange genug im Job, damit eine intensive Beziehung aufgebaut werden kann?
Sie wissen ja, meine Erfahrung gehört eher ins Segment „Bars“; und da gibt es ganz unterschiedliche Typen: solche, die mir das Gewünschte ohne Worte meinerseits hinstellen (Thanks an die Ladies vom Blueberry im HB); solche, die mich zwar erkennen, aber nachfragen (hey, ich erwarte ja auch gar nichts anderes); und dann solche, denen ich sicherlich die halben Ferien mit meinen Trinkgeldern finanziert habe, aber dennoch kein Deut darauf hinweist, dass sie mich schon einmal gesehen hätten….
und natürlich diejenigen Bars, deren Personalpolitik derjenigen eines Durchlauferhitzers ähneln…
Gedankenspiel…. wären nicht die hälfte aller Gäste im Club auf der GL, wär vlt. der Eintritt nicht so teuer?!
GL heisst nicht automatisch gratis Eintritt…
also soweit ich mich erinnern kann, musste ich na nie bezahlen, wenn ich auf der GL war… was meinst du denn, sowas wie GL = garantierter Einlass oder wie?
Ich stelle fest, dass Clubs bei Schweizern mit Niveau nicht mehr den gleichen Stellenwert haben wie früher. Dafür gibt es viele Gründe:
– In den bekannten Clubs im Kreis 1 und Züri-West tummeln sich fast nur noch Leute mit Migrationshintergrund, vielfach aus der Agglomeration. Da geht es drinnen und draussen oft sehr aggressiv zu und her, was sich beisst mit der Vorstellung, sich am Wochenende relaxt vom Stress im Job zu erholen.
– Die Clubs haben sich mittlerweile auf die neue Klientel ausgerichtet. Türsteher mit Migrationshintergrund lassen ihre Buddies rein, welche früher aufgrund der aggressiven Grundhaltung draussen geblieben wären. Dies passt natürlich zur neuen Ausrichtung, macht diese Clubs aber eben für niveauvollere Gäste zu einem No-Go.
– Früher konnte man mit einer Freundin ungestört clubben gehen, heute wird sie bereits vor dem Club von spätpubertären Aggros angepöbelt.
– Ausgang diente immer auch dazu, gleichgesinnte Leute kennenzulernen. Ich will aber mit aggressiven Migranten nichts zu tun haben und Tussis mit gefälschten LVM Taschen interessieren mich auch nicht. Ich will Authentizität und Spass, nicht Aggression und Fake.
– Mein stadtzürcher Umfeld geht deshalb fast nur noch an private Parties, mit strikter Verbreitungs- und Zugangskontrolle. Da kann man dann wirklich Spass haben, ohne Pöbeleien und Schlägereien. Die Leute fühlen sich frei, wie sie sind, niemand muss mit einem geleasten M6 vorfahren (weil das niemanden interessiert). Wenn jemand Designerkleider trägt, sind sie echt und nicht auf Pump gekauft, und die Person trägt sie, weil sie z.B. selbst Kleider entwirft, nicht aus Statusdenken. Da passt also alles, es ist keine Scheinwelt.
– Ansonsten trifft man sich eher mal zum Essen in guten Restaurants und Insidern bekannten Studi-Bars, wo andere, lockere Gleichgesinnte relaxen.
Diese Entwicklung führt natürlich zu einer verstärkten Separation innerhalb der Gesellschaft. An dieser Entwicklung sind aber gerade die aggressive Klientel und die sich dieser Aggression anbiedernde Geschäftspolitik vieler Clubs selbst schuld.
Selten einen so langen Sermon zum Thema „Ich und meine Freunde sind viel geiler als der Rest der Welt“ gelesen. Elitärer Status-Fetisch Ahoi!
Manchmal sagt ein Text mehr über den Verfasser als über das verfasste Thema aus 😉
Ja! Schuld sind die bösen Ausländer!
sprichst mir aus der seele réda! sorry, ich gehe ja auch nicht ins jade oder so aber bei jemandem, der so ein gschwurbel produziert, kommt mir noch eher das kotzen als bei lackschuhen, guccitäschchen und D&G gürteln..
Aha, es soll also Elitarismus sein, wenn man sagt, dass man
– Aggressionen, Pöbeleien, Schlägereien
– Falsches Status-Getue statt Authentizität
in den einschlägig bekannten Clubs nicht mag und die Verantwortlichen dafür nennt (die Aggressoren, die Faker, die sich anbiedernden Clubs)?
Dann wünsche ich dir noch viel Spass in diesen Clubs! Wobei du dort bekanntlich auch nicht anzutreffen bist und als nicht in Zürich Wohnhafter auch nicht mitbekommst, wie es vor und in diesen Clubs am Wochenende zugeht.
Wer sich im Nachtleben auskennt, weiss genau, was ich anspreche. Wer die zunehmende Aggressivität in Zahlen sehen will, werfe einen Blick in die Deliktstatistik der Stadtpolizei Zürich.
Mein Umfeld und ich ziehen derweil glattere, lustigere, friedlichere und authentische Alternativen vor, die keineswegs elitär sind. Einfach besser, aber daran ist ja genau nichts Falsches.
Sorry, dieser ganze „Nur wir Insider wissen, wo’s wirklich abgeht“-Schwafel ist elitär. Und Leute aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Kleider, ihres Budgtes (bei uns tragen sie echte Brands!) abzuwerten und in einen Topf zu schmeissen, ist meiner Meinung nach eher nicht so intelligent.
Ehrlich, dann feiere ich lieber mir ein paar BMW-Fahrern als mit dieser arroganten Hipsterszene (Ich hab Kunst studert und kenne jede Menge Leute in Berlin).
Kleiner Hinweis: ich bin immer noch in der Stadt, auch über Nacht. Jaja, das ist möglich, auch wenn man seinen Erstwohnsitz woandershin verlegt hat.
haha so elitär tun und dann von „separation“ zu schreiben. FAILstens.
Ob gefakte oder originale Marken, Clubs mit dieser Klientel sind mir zu langweilig. Es kommt auf die Kreativität der Menschen vor Ort am Abend an und nicht die des gekauften Designers am Leib.
Laaaaangweilig
Ja… wenn man bereits die Zeit aufbringt Texte zu kommentieren die einen anöden, dann ist das Leben wohl gerade echt nicht so spannend, was? 🙂