DJs als Marktschreier

«Einmal Party mit allem, und einpacken bitte.» -Rolf Imhof sieht sich nicht als Verkäufer.

«Einmal Party mit allem, und einpacken bitte.» – Rolf Imhof sieht sich nicht als Verkäufer.

Der Zürcher DJ Rolf Imhof sorgte an diesem Wochenende mit dieser Facebook-Statusmeldung für Erheiterung: «Solche Veranstalter mögen wir: ‚Schau zu, dass du möglichst viele Lounges und Tische verkaufst, Rolf‘. Leute… wenn das mein grösstes Talent wäre, dann würde ich schon lange bei Ikea oder bei Möbel Pfister arbeiten». Rolf Imhof bezieht sich mit seinem Post auf den Umstand, dass heute viele Veranstalter den Job eines DJs wie selbstverständlich um Promo-Aktivitäten erweitern.

Rolf Imhof ist einer der dienstältesten DJs, die heute noch an Zürcher Turntables stehen, ohne je eine längere Auszeit genommen zu haben. Bereits Ende der 80er Jahre hat er vereinzelt an Acid-Partys von Arnold Meyer gespielt, ehe er dann Mitte der 90er Resident in der legendären Limmatbar wurde. Zum Jahrtausendwechsel legte er regelmässig in Urs Kinds Zoo Club auf und 2001 übernahm er dann die Kaufleuten-Donnerstage von Dani König.

In dieser Zeit hat sich der Job des DJs sehr gewandelt, nicht immer zum Positiven. Rolf Imhof: «In den 90ern gab’s an einem durchschnittlichen Zürcher Wochenende vielleicht zwei Partys, die gut waren. Heute sind es Dutzende. Das erhöht den Druck auf die Clubs. Deren Besitzer leiten diesen dann an die Veranstalter weiter und einige dieser Veranstalter versuchen ihn dann, zumindest teilweise, den DJs aufzubürden. Diese Entwicklung hat Mitte der Nullerjahre eingesetzt».

Auch Dario D’Attis, ebenfalls seit zwanzig Jahren als DJ aktiv, steht dieser Entwicklung mit Unbehagen gegenüber: «Das geht teilweise soweit, dass Veranstalter die attraktivste Spielzeit einer Clubnacht an jenen DJ vergeben, der die meisten Gäste akquiriert. Da ist der DJ dann endgültig nicht mehr DJ, sondern nur noch Promotor. Glücklicherweise darf ich heute für Clubs spielen, bei denen es primär um die Musik geht, keine sogenannten Tischchen-Clubs, bei denen das Drumherum bisweilen wichtiger zu sein scheint als der Sound. Die Musikclubs laufen zumeist besser und sie haben eine solche Handhabe daher gar nicht nötig».

In der Frühzeit des modernen Nachtlebens, Anfang der 90er, waren die Jobs klar verteilt: Ein DJ legt auf, Ein Clubbesitzer führt das Lokal, ein Veranstalter veranstaltet, verteilt Flyer und Wildplakate. Der Zerfall dieser Jobaufteilung ging in den Nullerjahren gar so weit, dass die Gäste Bus-weise verschachert wurden: «Wenn du mich buchst, setze ich 50 Leute in einen Reisecar, die mich an mein Set begleiten». Spätestens ab da spielte der Sound nur noch eine höchst sekundäre Rolle.

Auch wenn sich das wieder etwas gelegt hat, da viele Clubbesitzer und Veranstalter eingesehen haben, dass sie sich mit einer solchen Vorgehensweise am Ende nur schaden, weil sie damit ihre Partys und Locations mit einer Aura des Dumpings umgeben, so sind dennoch auch heute noch einige Veranstalter der Meinung, dass nur ein die Werbetrommel rührender DJ ein guter DJ sei. Solche Leute sollten sich vielleicht fragen, ob sie sich den richtigen Job ausgesucht haben, denn ein Veranstalter, der auf die Promotion seiner DJs angewiesen ist, um einen Laden zu füllen, macht wohl Einiges falsch.

Rolf Imhof sieht das nicht so eng: «Ich mache gerne online Werbung für die Partys, an die ich gebucht werde. Das hat auch was mit Anstand zu tun. Und ich bin ja sowieso ständig auf Facebook. Aber ein Tischchen- und Lounges-Verkäufer bin ich dann doch nicht».

Alex-Flach2Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Hiltl Club und Zukunft.

10 Kommentare zu «DJs als Marktschreier»

  • Fabrice sagt:

    Ich fined die Sache mit der Friendslist, wo der DJ noch was dazu verdienen kann gar nicht so schlecht…. solange es kein Muss ist, so wie ich es mache. Rolf und aalex haben völlig Recht. Loungeverkauf so wie allgemeine Promotion ist Sache des Veranstalters in Zusammenarbeit mit dem Club

  • Michael sagt:

    Fast alle Schweizer DJs können nur auflegen, aber kaum einer ist fähig, Musik selber zu produzieren. Im Ausland scheint mir das anders zu sein, dort gibt es viele Produzenten elektronischer Musik, die dann zwischendurch als DJ ihre Tracks (…oder andere vom Label, von befreundeten Musiproduzenten…) präsentieren. Die sind Stars, weil sie Zeit damit verbringen, etwas zu erschaffen und nicht weil sie vorgemixte Sets abspielen, sich übermässig um ihr Äusseres kümmern und Ladies abschleppen.

    • Alex Flach sagt:

      Es gibt mittlerweile viele Schweizer die mit ihren Produktionen, teils auch auf namhaften, international aktiven Labels immer wieder Zeichen setzen: Adriatique, Jimi Jules, Luciano, Deetron, Animal Trainer, Lee Van Dowski, Le Roi, der im Text gequotete Dario D’Attis, Cyril Hahn, Kellerkind, Andrea Oliva (hat gar eine Residency im Ushuaïa auf Ibiza), die Round Table Knights und EDX (im eher kommerziellen Bereich) sind nur ein paar der Schweizer die bereits länderübergreifend Erfolge verbuchen konnten, mal mehr, mal weniger. Die CH-Community hat ihre Landesgrenzen längst überschritten.

      • Christof sagt:

        Nun, dass mag ja stimmen. Aber da hat Michael schon nicht ganz unrecht mit seiner Aussage. Und was vor allem auffällt ergänzend dazu, in anderen Ländern sind die DJ’s und auch Labels untereinander „befreundet“. Was hier in der Schweiz schlicht nicht der Fall ist. Hier kocht jeder sein eigenes Süppchen und jeder möchte möglichst im Vordergrund stehen anstatt dass man sich einmal zusammen tut.
        Rolf Imhof ist ein toller DJ, aber wie Michael sagt, wer kennt ihn im Ausland? Keiner! Und warum? Weil er nicht produziert! Leider wahr..
        Dario D’Attis kennt man im Ausland erst seit dem er sich von Jamie Lewis/Purple Music gelöst hat und endlich selber produziert. Aber wenn man sich die Toplisten von Traxsource und Beatport anschaut hat es da noch ganz andere schweizer Labels, die hierzulande aber keiner kennt! Schaut mal in die Top 100 von Traxsource z.B. Da steht ein Schweizer Label ziemlich weit oben. Vielleicht sollten die Clubs dass auch einmal anschauen..

        • Alex Flach sagt:

          Ich glaube alleine schon die von mir in der obigen Antwort Genannten belegen dass der Kommentar von Michael auf einem verkrusteten Vorurteil beruht das mal seine Richtigkeit gehabt haben mag aber das längst nicht mehr dem Status Quo entspricht, lieber Christof. 🙂 Rolf Imhof war immer ein DJ im klassischen Sinne, nie Produzent. Hat sich auch immer auf die CH konzentriert. Die Erwähnten aber sehr wohl.

        • Patrick sagt:

          Die Labels, welche Du meinst, kennt man in der Schweiz durchaus. Nur werden sie nur von wenigen Leuten wahrgenommen…

    • dani mistral sagt:

      diese aussage( der erste satz) über dj und produzenten in der schweiz stützt sich auf was??? völlige sinnfreie behauptung, sorry!

  • DJ Eli sagt:

    Rolh hat recht

  • Toerpe Zwerg sagt:

    Tischchen Clubs … das sind doch die, bei welchen sich die Party infolge „auf den dicke Hose machen Schwanzvergleich“ erübrigt … muss niemand haben.

  • lapos sagt:

    Ich hab schon mitgekriegt wie Djs richtig unter Druck gesetzt wurden oder das Djs andere Leute damit beauftragten Leute einzuladen und denen dann 5 Franken pro eingetragene Person zahlten.

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