Der Clubflüsterer

Mirza Cosic ist ein Security der leisen Worte.

Mirza Cosic ist ein Security der leisen Worte.

Die Kommission für Justiz und öffentliche Sicherheit bemängelt, dass bei privaten Sicherheitsdiensten keine gesetzliche Grundlage für die Anstellung von Personal existiert. Türsteher seien oftmals schlecht ausgebildet und teilweise gar wegen Gewaltdelikten vorbestraft. Vergangene Woche hat sich der Zürcher Kantonsrat deutlich für härtere Regen in diesem Bereich ausgesprochen. Die Kommission wurde beauftragt dem Regierungsrat einen Vorschlag zu unterbreiten, wie der jetzige Zustand verbessert werden kann.

Auch Mirza Cosic kann nicht verstehen, dass einige Clubs vorbestrafte Gewalttäter an ihrer Tür beschäftigen. Cosic ist einer der bekanntesten Zürcher «Bouncer» und an den Wochenenden vor dem Hive in Zürich West anzutreffen: «Ein guter Security setzt seinen Körper nur im äussersten Notfall ein. Die wichtigsten Grundvoraussetzungen für diesen Job sind daher nicht beeindruckende Muskeln, sondern Redegewandtheit, Übersicht und Gelassenheit».

Selbstverständlich kommt es auch an «seiner» Tür immer wieder mal zu brenzligen, durch Alkoholkonsum befeuerten, Situationen: «Eine Abweisung an einer Clubtür ist für den Geschmähten stets verletzend und entsprechend emotional kann seine Reaktion ausfallen. Lässt sich ein erhitztes Gemüt nicht mittels guten Zuredens beruhigen, helfen oftmals Ignorieren und das Zeigen der kalten Schulter. Krakeelt er oder sie trotzdem ohne Unterlass weiter, lässt man sich von einem Kollegen ablösen, der es abermals mit Reden und Beruhigen versucht. Dreht die Person dann immer noch frei, wird sie von beiden Securities gemeinsam beiseite genommen, die sie dann zu zweit versuchen, zur Räson zu bringen. Das ganze Prozedere kann bis zu einer Stunde dauern, aber damit lassen sich die allermeisten Situationen lösen.»

Gemäss Cosic ist Körpereinsatz das allerletzte Mittel, das nur angewendet wird um in Gefahrensituationen Gäste und Personal zu schützen. Zu diesem Zweck würden er und seine Kollegen auch stets ein Pfefferspray bei sich tragen: «Dieses wird uns von unserem Arbeitgeber, der Firma Novaprotect, zu Verfügung gestellt. Selbstverständlich wurden wir in der Handhabung dieser Geräte geschult», sagt Cosic. Novaprotect würde diverse weitere Kurse, beispielsweise in Deeskalation und Gefahreneinschätzung, aber auch physische Trainings-Einheiten anbieten. Kopfzerbrechen bereitet Cosic das zunehmend schlechte Benehmen junger Clubber, denen es leider immer häufiger an Respekt mangle.

Der Tonfall sei in den letzten Jahren eindeutig aggressiver geworden. An allzu turbulenten Abenden erholt sich Cosic, indem er zwischendurch das Gespräch mit liebgewonnen Partygästen sucht, mit denen er Banalitäten austauscht. Das helfe ihm aufwühlende Zwischenfälle zu verdauen und wieder in Balance zu kommen. Trotz des ganzen Trubels und Ärgers den sein Job mit sich bringt, liebt der Familienvater mit bosnischen Wurzeln seinen Beruf: «Jede Nacht an der Tür ist anders und man lernt unheimlich viel über menschliche Verhaltensweisen. Kein Bouncer, den ich kenne, steht an der Tür wegen der Aussicht, auch mal handgreiflich werden zu können».

Alex-Flach2Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Blok und Zukunft.

27 Kommentare zu «Der Clubflüsterer»

  • Cyril Wyse sagt:

    Solche Türsteher wie Herr Cosic braucht das Nachtleben. Aus eigener Erfahung vor ein paar Jahren: Mit einem blauen Auge bin ich, plus nachträglichem Triemli- und Zahnarztbesuch (dankend durch einen Türsteher erhalten, notabene nachdem ich die Rechnung bezahlt habe), davon gekommen. Züri West, vor allem das entsprechende Lokal, ist nun für mich History (logo…). Falls jmd. Interesse kann ich gerne den Namen publizieren.

  • Caroline sagt:

    Wenn ich visàvis vom Exil oder vom Aeschbi ins Schauspielhaus gehe, hats dort meist weibliche Türsteherinnen. Das scheint vollkommen zu reichen. Und immerhin lassen die auch nicht jeden rein, sondern nur jene mit Tickets.

    • Sarah sagt:

      Mit tickets kommt ja jeder rein der zahlen kann. Ich feier aber lieber mit jenen die auch feiern können.

      • Réda El Arbi sagt:

        Das ist etwas, was mich schon lange interessiert. Was ist „feiern können“? Ehrlich, ich kenn Leute, die gerne tanzen, ich kenn Leute die gerne mal Einen heben, und Leute die beides gemeinsam machen. Viele von denen würden aber nicht in einen Zürcher Club gelassen. Was genau ist „feiern können“? Hats nicht eher damit zu tun, das richtige Image zu haben? Über die richtigen DJs quatschen zu können, am richtigen Projekt beteiligt zu sein, die richtigen Freunde zu haben?

        • geezer sagt:

          Réda, frag nicht so komplizierte fragen! das überfordert den durchschnittlichen party-szeni („es isch uhuere geil gsiii!!!“ – „ja was dänn genau?“ – „ich weiss au nööd, eifach uhuere geil!!!“).

        • tststs sagt:

          Ich glaube, da bin ich ganz auf Ihrer Linie, Herr El Arbi: „feiern können“ heisst IMHO unabhängig von Location, Budget etc mit Freunden (und natürlich auch Fremden) eine gute Zeit erleben. „Feiern können“ heisst aktiv Teil der Party sein und nicht warten bis man bespasst (sprich „bepartied“) wird…

        • Sarah sagt:

          Da gibt es natürlich unterschiedliche Feierkonzepte, je nach Anlass und Rahmen, im Betrieb, beim Konzert, in der Familie etc. Dabei meinte ich oben das Feiern m Club mit elektronischer Musik. Feiern können heisst da, die Musik zu mögen, optimalerweise die DJs des Abends, individuell zu sein aber auch sich in die Gruppe integrieren, nicht aggressiv zu werden, lockere Clubklamotten, kontaktfreudig und freundlich zu sein, zu tanzen anstatt nur launig zu glotzen, sich im Feierkonzept des Abends mit seinen vielen Optionen gehen zu lassen, anstatt zu blockiert für Ausgelassenheit und Kreativität zu sein. Das ist leider nicht selbstverständlich. In vielen Clubs stehen die Leute rum, prahlen mit ihren Talern, tragen unmöglich Markenkleidung, sind laut arrogant, und ungesellig, motzen, rempeln uvm. Diese Clubs sind für mich zu langweilig und den Zeitaufwand des Besuchs nicht wert. Das Berghain etwa bekommt es sehr gut hin, da hatte ich bisher immer einen klasse Abend mit Leuten die feiern können und wollen.

          • Réda El Arbi sagt:

            Boah. Ich sehe, Feiern ist eine ernsthafte Sache und kann nicht Laien überlassen werden. Nur schon die ganze Ausgelassenheit in Kombination mit Kreativität, Berliner Style, würde mich total überfordern.

          • Sarah sagt:

            Nein garnicht, ich habe nur versucht zu beschreiben, wie die Stimmung in einem für mich optimalen elektronischen Club ausschaut. Natürlich gehe ich auch in kleine Bars mit Konzertbühne, Cafes, Privatpartys, Comedyclubs etc., wo es reicht Karten zu kaufen. Wenn ich aber in besonders kreativem, schrägem und positiv energiegeladenem Ambiente feiern will, muss ein Club schon etwas mehr leisten. Denn kommt jeder Bünzli rein, ist diese besondere Stimmung leider nie gegeben. Ein guter Selektor ist also so manches Mal für den langfristige Erfolg eines Clubs Gold wert. 😉

          • tststs sagt:

            Offensichtlich scheint hier MÜSSEN mit KÖNNEN verwechselt zu werden…
            Du musst tanzen
            Du musst kreativ sein
            Du musst non-unmögliche Markenklamotten tragen
            Du musst mit allen gesellig sein
            Du musst bescheiden sein

            Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wer die Deutungshoheit darüber hat, was jetzt genau „kreativ“ und „tanzen“ ist…
            Sara? Herr Flach? 😉

          • magnus sagt:

            In Züri-West ist seit einiger Zeit der iClub von Apple eröffnet worden. Die Leute feiern da, heisst: sind individuell aber doch gut intergriert, lockere iClothes, freundlich und kontaktfreudig, tanzend, multioptional ausgelassen kreativ im iParty-Konzept. All das ist selbstverständlich für iPeople und die iGeneration.

            Ich habe gehört, dass Samsung mit dem Galaxy-Club bald nachzieht.

          • Kubilai sagt:

            „Denn kommt jeder Bünzli rein, ist diese besondere Stimmung leider nie gegeben.“
            Sarah, bild dir nicht zu viel ein aufs Reinkommen.
            Du kommst vor allem rein, weil du ne Frau bist.
            Fürs Partymachen ist das keine Qualifikation. Höchstens für deine Titten.

          • Sarah sagt:

            Tststs für mich müssen gewisse Kriterien erfüllt sein, damit ich mich auf einer Party wohl fühle. Diese sind sehr flexibel, etwa gelten auf Theaterpartys andere, als auf Familienpartys, Wohnzimmerpartys oder eben auch auf elektronischen Partys. Elektronische events ziehen eben leider auch oft die für mich falschen Charaktere für eine easy Party an. Selbst komme ich im eigenen Partyoutfit des Wochenendes wohl eher nicht auf schnöselige Partys, weil dort Markenlogos und Statussymbole im Vordergrund stehen, anstatt der Mensch. Letzteres sollte hingegen für mich das Hauptkriterium sein. Oft braucht es eben mehr oder weniger entspannte gute Türsteher draussen, um für eine entspannte, freundliche und kreative Atmosphäre im inneren zu sorgen.

          • Sarah sagt:

            Magnus die besten Partys sind eben nicht vom Kommerz dominiert. Daher kämen auch ievents für mich nicht in Frage, bin ich doch auch im Alltag nicht gerade Freundin dieses Technikkkommerzhypes und lege mir keinesfalls ein Gerät dieser Massenmarken mit für mich schlechtem Preis-Leistungsverhältnis zu. Wer sich von Marken derart beeinflussen lässt, der ist wohl auch in geselligen Runden nicht der/ die ausgeglichenste. In dem Zusammenhang empfehle ich auch die kulturtheoretischen Ausführungen in jenem heutigen Artikel: http://www.zeit.de/2015/07/kuenstliche-intelligenz-mark-fisher

          • iMagnus sagt:

            @Sarah: Mein Statement war auch nicht so ernst gemeint.
            Aber besten Dank für den geposteten Artikel, der ist interessant.
            Ist ja nicht eine langweilige Zeit in der wir leben (auch wenn ich sie anstrengend finde)
            🙂

          • tststs sagt:

            @Sarah „Elektronische events ziehen eben leider auch oft die für mich falschen Charaktere für eine easy Party an.“
            Und was sind dann die „falschen Charaktere“? Wer bestimmt das?
            Natürlich gibt es eine Grenze, wenn jemand irgendwie gewalttätig ist oder das WC verkotzt, klar, dann muss er/sie raus… aber ansonsten? „Party machen KÖNNEN“ heisst IMHO eben, das Erlebnis nicht ausschliesslich von anderen bestimmen zu lassen. Wenn mir eine Nase nicht passt, einfach nicht hinauschauen…
            Den Satz, den ich in diesem Zusammenhang immer höre: „Ach, das isch ja da voll de Chindergarte, die nerved voll mit ihrem Getue…“ Und ich denke dann jeweils: So what? Wer ein Haar in der Suppe finden will, der findet es auch…

  • LIdo sagt:

    Gutes Zureden? Mit Nichten. Vor einiger Zeit mal wieder mit nem Kollegen halb zwölf am Hive an der Tür gewesen. Wir beide komplett nüchtern und ohne irgendwelche anderen Substanzen. Freundlich vom Selector abgewiesen aufgrund fehlender Frauenbegleitung. Auf meine freundliche Nachfrage hin, dass erst halb zwölf sei und wir gern mal wieder ein bisschen im Hive feiern wollten und das nächste Mal (wie auch das letzte Mal) wieder Frauen mitbringen, wurden wir direkt von einem Dunkelhäutigen 2m Mann der Sicherheit mit „heute nicht, habt ihr nicht verstanden?“ angeschrien.

    Ist ok dass ihr uns wegschickt, aber schwerhörig oder schwer von Begriff sind / waren wir nicht. Dann haben wir unser Geld eben wo anders ausgegeben.

    • Alex sagt:

      …es gibt wohl Geschichten die klingen ganz anders, je nachdem wen man fragt 🙂

    • Jenny sagt:

      Und das Geldargument zählt eben an den Türen der besten Clubs zum Glück nicht, so auch im Berghain. Sonst hätte man nur unerträgliche Schnösel drin, dank der Selektoren aber so meist eine nette Feiergemeinde.

      • LIdo sagt:

        Jedenfalls kam ich ins Berghain immer rein… egal ob mit Frauen, Männern oder allein. Andere Länder andere Sitten (Selektoren).

        • Sarah sagt:

          Dann hast Du entweder gepasst oder kannst gut schauspielern oder es war eine Fehlentscheidung des Selektors. 😉

  • Markus I. sagt:

    Man muss nicht Türsteher sein, um zu merken das heute der Ton im Alltag oft unter die Gürtelinie geht. Das sehe und erlebe ich täglich wenn man mit Leuten arbeitet. Wenn verwöhnte Wohlstands Opfer nicht bekommen was sie wollen pöbelt man gerne… Aber in unserer Konsum und Multi Kulti Gesellschaft wird das leider oft geschönt.

  • The it sagt:

    Wer eine Verweigerung des einlassens persönlich nimmt, der hat wirklich ernst zu nehmende Probleme…..

  • tststs sagt:

    Kann mich Nina nur anschliessen: grosser Respekt! und: lieber die als ich!

    Ich hoffe aber, dass die Pfefferspray-Schulung daraus bestand, dass er NICHT angewendet wird… (ausser natürlich der Türsteher hat selber nichts gegen eine Ladung im eigenen Gesicht und es geht darum einen ganzen Mob in Schach zu halten!)

  • Hannah sagt:

    Der härteste Türsteher der Welt macht gar keine Worte, er lässt sie machen: http://www.ostkreuzschule.de/uploads/images/doz/sven_marquardt/Foto_S_Marquardtkl.jpg 🙂

  • Nina sagt:

    Respekt vor jedem guten Türsteher. Das ist ein sauschwerer Job und ich habe schon manches Mal an der Geroldstrasse beobachtet, wie ein Türsteher unter übelstem Gepöbel die Nerven bewahrt hat und danach gegenüber den anderen Gästen immer noch freundlich und aufgeschlossen blieb.
    Was für Gäste, besonders für abgewiesene, ätzend ist, sind arrogante und herablassende Türsteher.

    Bei dieser Gelegenheit: Eine besondere Anerkennung an den überaus freundlichen und charmanten Türsteher vor dem Kauz!

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