Vom Bachelor zum DJ

Er kann Kpfhörer in die Kamera halten, also ist er ein DJ. (Bild: 20minuten.ch)

Er kann Kopfhörer in die Kamera halten, also ist er ein DJ. (Bild: 20minuten.ch)

Rafael Beutl ist der Nächste in der immer länger werdenden Liste von Viertelpromis, die ihre überschüssige Zeit an zwei Plattentellern verdaddeln und die ihre warholschen 15 Minuten Ruhm auflegenderweise zu Geld machen wollen. Es scheint beinahe so, als ob eine geheime Absprache zwischen Managern von in absehbarer Zeit verglühenden TV-Sternchen existieren würde, die besagt, dass sie ihre Schützlinge (wohl in Ermangelung anderer Talente) unbedingt in die Welt der Clubmusik schubsen müssen.

Die Existenz dieses Bestrebens ist ein Rätsel, denn im Nachtleben erwarten Rafael Beutl wohl nichts als Häme und Spott. Anstatt abermals die ermüdend lange Liste mixender Prominenter wie Oliver Pocher, Pierre Sarkozy, Jimi Blue Ochsenknecht und Noah Becker durchzuackern, soll dieser Beitrag Rafael Beutl erläutern, warum er tunlichst die Finger von den Plattentellern lässt. Zum einen wäre da die Sache mit dem Mangel an Respekt den ernsthaften Clubmusikanten gegenüber.

Wahrhaft gutes DJing basiert auf fundierten Kenntnissen bezüglich Setaufbau, Rhythmik und der Konstruktion von Spannungsbögen, sowie auf einem umfangreichen Genre-Wissen. Jahrelanges Üben und unablässiges Feilen an der Mixtechnik, bestenfalls unter Ausschluss von Publikum, das nicht zur Familie und zum engsten Freundeskreis zählt, ist ebenso Pflicht. Heutzutage ist es gar so, dass sich die DJs nicht zuletzt an ihren Produktionen messen lassen müssen und da ist eine musikalische Ausbildung Voraussetzung zur Erlangung wahrer Grösse.

Ein DJ, der diesen Beruf ernsthaft angeht, steht also nicht wie Beutl gleich als erstes vor die Gäste einer Lollipop-Party im X-Tra, nur um sich dann jeden Handgriff von einem erfahrenden DJ wie Beat Schaub alias Vitamin S erklären zu lassen und um in der Folge dem «20minuten» Sätze wie diese hier zu Protokoll zu geben: «Musik mochte ich schon immer, Menschen auch. Da ist es naheliegend, dass ich mich hinter die Plattenteller stelle». Lieber Rafael Beutl… viele Menschen mögen Menschen und wohl alle essen gerne und trotzdem wird nicht jeder Koch und erst recht kein guter. Ein weiteres Problem mit dem DJ-Quereinsteiger wie der Ex-Bachelor konfrontiert sind, ist der Glaubwürdigkeit-Malus. Ja, tatsächlich… das Nachtleben hat nicht sehnsüchtig auf den nächsten Realityshow-Abgänger gewartet, der nun denkt, dass er sich die Zeit bis zum nächsten TV-Auftritt mit etwas DJing totschlagen kann.

Die Qualität der DJ-Sets in den Clubs ist alles in allem enorm gut und die heute aktiven Clubgäste sind durchaus in der Lage ein gutes Set von einem zusammengeschusterten zu unterscheiden. Wer denkt, er könne ohne Talent, Know How und Technik einen vollen Club zwei Stunden lang bei Laune halten, der unterschätzt die Qualitätsanforderungen der Leute vor den Boxen. Ein Ex-Bachelor, der bekannt geworden ist, weil er eine Staffel lang Röslein an willige Damen verteilt hat, darf nicht allzu viele Vorschuss-Lorbeeren erwarten. Apropos, lieber Rafael Beutl: Du magst doch Menschen und offensichtlich auch Blumen … Wieso versuchst Du’s nicht als Florist?

Alex-Flach2Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Blok und Zukunft.

26 Kommentare zu «Vom Bachelor zum DJ»

  • de gröschti party-Szeni sagt:

    ich sag’s Euch…der Beutl der bringts… der kann schon was auf den teller… Nein im ernst. Lasst Ihn doch, lasst doch die Partygänger dann entscheiden ob gut oder schlecht. Lasst den Beutl entscheiden ob es reicht oder er weiter machen will. ist doch sch****-Egal. Ich glaub da wo ich hin gehe ist er sowieso nie…

  • platte mit sprung sagt:

    ich bin nicht auf dem laufenden und deswegen weiss ich nicht obs das auch bei der clubmusik gibt. aber ich meine das was man doch playback nennt? bei so musikantenstadl und anderen ist es ja so, dass im hintergrund ne platte läuft und die musiker inkusive sänger tun so als ob. das ist ja überall verbreitet, wieso eigentlich*? gibts das auch in der clubmusik? es könnte ja sein, dass dieser beutl demnächst in ner angesagten location einen auftritt hat und dann 4 h vom feinsten auflegt, herr flach wäre hingegangen, um zu bestätigen dass beutl nichts kann und dann widerlegt würde und im nachhinein würde man herausfinden, dass hinter dem vorhang ein wahrer plattenaufleger den job gemacht hat und beutl nur so tat als ob („gesamtpaket“ des deals)? das wäre vielleicht ein „geschäftsmodell“?

    * weil die 15 minuten clean sein müssen? oder weil viele musiker die öffentlich auftreten gar nicht musizieren können?

    was sagen sie herr flach, dass einige kulturtheoretiker die heutige zeit als „diktatur des durchschnitts“ bezeichnen (das wird wirklich so bezeichnet), wie man am beispiel ja sieht?

    • adam gretener sagt:

      Nennt sich, MacBook anhängen und Mixes aus dem Internet runterladen.

      Wir hatten früher im All Platten mit Endless-Loops. Während die DJs an der Bar abhängten, flippten die Leute aus, ist das Jeff Mills?

  • Manu sagt:

    Für alle die ihre Dj Bilder mit anderen teilen möchten und denken, dass sie Kopfhörer genau so professionell in die cam halten können: https://www.facebook.com/groups/333466663511252/?fref=nf

    • tststs sagt:

      Muhaha, Herr Flach bevorzugt wohl Modelle aus Fernost… 😉

    • Kathie sagt:

      Ich lach mich scheggich…haha:-D Geilomat:-) Merci Alex, merci:-)

      • Kathie sagt:

        Also ich meinen Deinen Artikel. Hab hier fälschlicherweise auf „Antworten“ geklickt, statt auf „Kommentar“. Einfach herrlich, Deine Art zu schreiben. Dabei ist es doch fast Ladde, um was für ne Knallcharge es dabei geht. Schöner Schreibstiel:-)

  • Fredy Küsnacht sagt:

    Es könnte sogar sein dass er bei den Klubgängern ankommt.
    Da braucht der jetzt unbedingt Berufsverbot von der DJ-Kammer.
    🙂

  • Andreas sagt:

    Lustig: als ich das gelesen habe musste ich an einen möglichen Eintrag im Stadtblog denken. Dann habe ich den Gedanken wieder verworfen, weil ich zum Schluss kam, dass so ein Non-Event nicht kommentiert gehört .

    Nun ist es doch kommentiert worden und der Beutl erhält eine noch grössere Medienpräsenz. Natürlich kann ich den Argumente von A. Flach zu 100% beipflichten. Allerdings frage ich mich, ob es ein Beutl verdient im Stadtblog zu erscheinen. Ein „Viertel“-Promi ist doch glücklich über jeden Scheiss der geschrieben wird. Nach den 15 Minuten Ruhm klammern sie sich mit Nacktselfies, Schlägereien, XXX-Videos, You Tube Videos uns sonstigen Peinlichkeiten an Schlagzeilen im Blick und Co. Es ist dem Viertel Promi dabei völlig egal, wie negativ der jeweilige Bericht ist, nein im Gegenteil, er hat einfach nur Freude seine Visage in der Zeitung zu sehen. Ein Viertel Promi geht sogar an die Award Show, an welcher ihm der Preis für den dümmsten & vervigsten Schweizer verliehen wird.

    Bitte unterstützen Sie das nicht im Stadtblog…danke

  • Martin sagt:

    Alex Flach, eifach geil (y)

  • tststs sagt:

    Köööönnte es sein, dass man unter DJ nicht mehr streng jemanden versteht, der DJing betreibt, sondern schlicht auch einen Plattenaufleger/CD-Reinschieber/I-Tunes-Playlist-Zusammensteller?
    In diesem weiteren Sinne ist auch der Bätschelor ein DJ…ungefähr so wie ich an unseren Gartenparties 😉

    • Alex Flach sagt:

      Könnte es auch sein, dass Du mit Clubmusik arbeitest? Das Gros der Leute, all jene, die das nicht tun, machen diese technischen Feinunterschiede nicht. Sie unterteilen, wenn überhaupt, in elektronische Livemusiker und DJs. That’s it. In diesem Kontext musst Du den Text lesen.

      • tststs sagt:

        Hehe, tststs‘ backyard is the place to be… 😉
        Aber jeises, jetzt komme ich schon an meine Grenze, was ist denn ein „elektronischer Livemusiker“?!?
        Ich denke aber, es trifft hier schon einen Nagel: Kreti und Phleti verstehen unter DJ wahrscheinlich tatsächlich einfach die Person, die für die Musik zuständig ist; und können dann nicht verstehen, weshalb einer wie der Beutl kein „echter“ DJ ist, resp. weshalb sich einige darüber „aufregen“, weil eine Berufsbezeichnung unter Wert verwendet wird.

        Vielleicht wäre die Bezeichnung „MC“ passender, denn wie wohl auch bei Beutl wird die technische Umsetzung dann doch dem Könner überlassen; der Promi stellt evtl die Setliste zusammen und heizt dem Publikum ein.

  • geezer sagt:

    das ist halt der fluch der heute so beliebten idiotenfernsehformate wie bachelor etc. (und des internets): jeder ‚dahergelaufene‘ bekommt eine plattform und erklärt sich umgehend zum dj/schauspieler/autoren/maler/sänger.

    ABER: wenn die medien solchen durschnittsleuten nicht die plattformen böten und jeden beliebigen mist, der von solchen möchtegernkünstlern kommt, veröffentlichten, hätten wir ’normalos‘ auch mehr ruhe.

    insofern also mein aufruf an die medien allgemein: werdet schtärnefoifinomal wieder etwas qualitätsbewusster und verschont uns mit solchem kack! ganz auslöschen könnt auch ihr ihn nicht, aber ihr könnt dazu beitragen, dass weniger davon überhaupt an die oberfläche kommt.

    • Alex Flach sagt:

      Ich glaube die Medien würden nicht so oft über solche Leute schreiben, wenn es nicht so viele Menschen gäbe, die das auch noch kommentieren würden. 🙂

      • geezer sagt:

        na ja; dieses argument wirkt jetzt doch eher etwas gesucht, nicht?..:-)

        klar, ich muss schundheftli wie 20min und blick am abend nicht lesen, es ist freiwillig und ich vermeide es auch tunlichst. es ist aber nicht abzustreiten, dass sich auch der tagi in sachen berichterstattung zu cervelat-prominenz immer mehr in richtung boulevard entwickelt, was ich nicht unbedingt als erstrebenswert erachte. und berichte über z-promis gehören nun einfach mal nur ins boulevard, weil sie eigentlich schlicht und einfach das papier nicht wert sind, worauf sie gedruckt werden (resp. den speicher, welchen sie auf irgendwelchen servern blockieren).

        • Alex Flach sagt:

          Nicht so gesucht wie die Schlussfolgerung, dass wenn man Menschen und Musik mag, man unbedingt DJ werden muss. Ich weiss nicht recht… wenn man sich ständig nur mit Weltbewegendem wie der Krise in der Ukraine, dem wirtschaftlichen Schiffbruch Griechenlands oder der Dauerkrise im nahen Osten beschäftigen würde; es wäre ein ziemlich mühsames Leben. Solch Pipifax wie das hier hilft mal zwischendurch den Kopf auszulüften. Das hier ist eine Nachtlebenkolumne und eine Seite des Nachtlebens ist solcher Kram. Aber ich verstehe es natürlich, wenn Dir die von letzter Woche eher zugesagt hat.

  • Lucca sagt:

    Geil geschrieben und auch bereits mit etwas Vorschuss-Häme. Wie wär’s mit einem „DJ’s to come“-Bingo…wir prophezeien jetzt, welcher Viertelpromi während der nächsten 6 Monaten an den Plattentellern gestanden hat. Der Gewinner erhält ein Live-Set von Noah Becker bei sich zu Hause…ups, Juwelen & Familiensilber vielleicht vorher wegschliessen?

  • Samuel sagt:

    Hahaha 😉 Wer dann noch einen goldenen Kopfhörer in der Hand hält, hat es eh geschafft. Leider spielt der Fortschritt der Technik einigen Z-Promis hinter den Pulten in die Hände, die heute sogar bereits die BPM der Stücke auf Knopfdruck perfekt anpasst. Zwar kommt am Ende meist für routinierte Clubgänger dennoch Unhörbares heraus, aber für eine Tour durch die Dorfbeizen reicht es meist. Da nahm die Jugend dann lange fehlgeleitet an, das wäre der angesagte sound der Städte. Aber dank Internet ist dem wohl heute nicht mehr so und musikalische Fehlprägungen dürften geringer sein.

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