Euro-DJs – billigere Clubnächte?
Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die SNB Mitte Januar hätte auf den ersten Blick eine Goldgräberstimmung im Schweizer Nachtleben auslösen müssen, denn seit Jahren ächzen die Club-Betreiber unter den immer horrender werdenden Gagenforderungen ausländischer DJs.
Gerne begründen die Herren des Nachtlebens die (verhältnismässig) hohen Eintritts- und Barpreise mit den immensen Kosten für DJ-Honorare, denn irgendwo muss das Geld ja herkommen, das man den Turntable-Diven aus Berlin oder London Wochenende für Wochenende in die Taschen stopft. Einige Clubbetreiber, wie beispielsweise Sandro Bohnenblust vom Supermarket, spielen gar offen mit dem Gedanken, gänzlich auf Bookings grosser Namen aus dem Ausland zu verzichten und sich bei der Zusammenstellung ihres Programms ausschliesslich an die blühende Schweizer DJ-Szene zu halten – wären die DJ-Gagen nur tiefer, es würden sich völlig neue Möglichkeiten eröffnen.
Nun ist der Euro gegenüber dem Franken tatsächlich eingebrochen und geändert hat sich trotzdem nichts, weder bei den Preisen für Eintritte und Drinks, noch bei der Zusammensetzung der Line Ups. Das hat unterschiedliche Gründe: Die Gagen der DJs spielen, neben der Raummiete, den Lohnkosten für Angestellte und den Aufwendungen für die Technik halt doch nur eine von vielen Rollen bei der Budgetierung eines Clubbetriebes.
Zudem werden international bekannte DJs Monate im Voraus gebucht und ihre Schweizer Februardaten standen schon lange vor dem Fall des Euros fest; ebenfalls ein Grund, warum die Schweiz dieser Tage nicht von Star-DJs überrannt wird. Wer den Kurszerfall hingegen umgehend zu spüren bekommen hat, sind die im europäischen Ausland aktiven Schweizer DJs, denn deren Gagen werden hauptsächlich in Euros ausbezahlt. Samy Jackson vom Zürcher Duo Animal Trainer meint lapidar: «Die Gage in Euro zu bekommen ist gar nicht mehr so geil…».
Dahingegen werden die Schweizer Clubgänger auch künftig nicht vom tiefen Euro profitieren: Viele DJs interpretieren ihr Entgelt als höchst flexible Grösse, die sie dem sie buchenden Club anpassen. International gut vernetzte Clubs die auch im Ausland einen exzellenten Ruf geniessen, wie beispielsweise der Basler Nordstern, kriegen die DJs meist zu einem Bruchteil der marktüblichen Gage. Eine Handhabe, die den Kursunterschied schluckt.
Zudem sind die Gagenunterschiede zwischen den DJs zu frappant, als dass sich diese mit dem derzeit günstigen Eurokurs ausgleichen liessen: Über 100‘000 Euro für ein Set von Avicii, Tiësto, Deadmau5 oder Calvin Harris befinden sich auch mit einem billigen Euro weit jenseits der finanziellen Möglichkeiten der allermeisten Schweizer Clubs. Aktuell geniessen die Schweizer Nightlife-Macher die aus dem Kurszerfall des Euro resultierende finanzielle Erleichterung bei den monatlich anfallenden DJ-Gagen.
Diese ist aber aus den genannten Gründen zu unbedeutend, als dass sie sich mittels tieferer Eintritts- und Barpreise oder einem Qualitätssprung bei den Line Ups bemerkbar machen würde. Lediglich das Lamentieren über zu hohe DJ-Gagen dürfte etwas leiser werden und der eine oder andere Clubchef dürfte die Umsetzung der Idee zur Umstellung auf reine Schweizer Line Ups noch etwas hinausschieben.
Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Nordstern Basel, Rondel Bern, Blok und Zukunft.
6 Kommentare zu «Euro-DJs – billigere Clubnächte?»
auch wenn ich das erst jetzt gelesen habe so finde ich es sehr interessant. Ich persönlich finde es sehr schade das viele DJs
aus der Schweiz geschnitten werden und nicht ernst genommen werden weil andere bekanntere Djs dies nicht wollen und sagen wennn der kommt komme ich nicht. Djs die schon länger im Business sind und noch Ahnung davon haben was gute Musik bedeutet und wie man ein Publikum nicht 2 Stunden sondern einen ganzen Abend lang unterhält und dies für ein Bruchteil der genannten Gagen. ja ich könnte meinen richtigen Namen hiier schreiben; aber dann würde wie schon passiert über mich hergezogen.
ja ich bin einer von den DJs die schon 20 Jahre dabei sind. Und ichweisswieichheiss
Lieber Blogger
Spannend, dass du dieses Thema ansprichst. Wir hatten kurz nach der Aufhebung der Untergrenze eine kleinere privat Party mit einem Berliner DJ organisiert, der allerdings 0.0% bekannt ist, dafür aber sehr talentiert war. Wir haben dem CHF 200 bezahlt, der fand das also ganz ok…Natürlich, du schreibst hier über ganz andere Kaliber…aber ich frage mich, ob es diese heute für einen gelungen Clubabend noch braucht?
Könnte sich das angedachte Konzept vom Supi nicht durchsetzen? Ist es wirklich so wichtig, einen „Star“ am pult zu haben? Gibt es nicht unzählige junge und talentierte DJ Freaks, die aus Leidenschaft am Puls der Zeit sind und absolut Hammer Sound auflegen?
Ich meine nur, die Techno Schuppen in Zürich leben ja davon, dass sie immer den hipsten und neusten Sound auflegen lassen. Können das nur überbezahlte Diven mit Clicks und Facebook likes? Muss immer der „FC Bayern München“ auflegen oder sollten wir uns nicht als „Ausbildungsliga“ positionieren? Für Junge DJs ist es doch eine Ehre in einer Zukunft oder im Hive aufzulegen, nicht?
Ich auf jeden Fall würde nie wegen einem bekannten DJ in einen Club gehen. Da hätte ich Angst auf unter 20 Jährige zu treffen die auf Facebook sachen liken und youtube schauen.
Das war die 0,000000000000001%-ige Ausnahme. Kein noch so unbekannter DJ rollt sonst für 200 an. Die Unterkunft, Verpflegung, Fixkosten etc. muss auch alles von ihm gezahlt werden. Aber davon abgesehen braucht es in der Tat nicht immer die bekanntesten, gute günstigere Lowname-DJs für 1.000 statt 20.000 tun es auch.
gibts noch jemanden, der nicht über den frankenkurs gejammert hat?
am lautesten jammern ausgerechnet immer die verfechter eines sog. liberalen unternehmertums.
Hallo Alex,
mich würde mal Interessieren, an welchen Kennzahlen man sich orientieren kann, wie teuer die Gage für einen DJ ist.
Ich hoffe du kannst hier ein bisschen Licht ins Dunkle bringen..
Liebe Grüsse, Sam
Kennzahlen gibt es nicht wirklich, die Gagen orientieren sich am Marktwert und können sich wöchentlich ändern. Indikatoren sind sicherlich die ganzen Social Media-Zahlen, wobei die mit Vorsicht zu geniessen sind (Klicks auf Youtube-Clips von Releases beispielsweise). Auch andere Faktoren spielen da rein: In welchen Clubs spielt ein DJ üblicherweise (namhafte oder eher unbekannte), kooperiert er mit anderen grossen Acts, ist er ein begehrter Remixer/Produzent, werden seine Tracks von namhaften DJs gespielt, wie gut ist er vernetzt, etc., etc…. es gibt nicht wirklich Tabellen anhand derer man die Gagen für DJs berechnen könnte.