Währschaftes im Seefeld: «Wynegg»

Ziemlich schummrig, aber auch sehr gemütlich: Das «neue» Wynegg.

Ziemlich schummrig, aber auch sehr gemütlich: Das «neue» Wynegg.

Bis vor einigen Jahren konnte sich auch ein armer Blogger noch eine  Altbauwohnung im Seefeld leisten. Dann wurde die Wohnung renoviert und kostete plötzlich den dreifachen Mietpreis. Damals nannte man diesen Vorgang noch nicht «Gentrifizerung» sondern «Seefeldisierung».

Um so misstrauischer horchte ich auf, als ich hörte, dass die alte Chnelle «Wynegg» an der Ecke Wynegg/Hammerstrasse von den Machern von «Drei Stuben» und «Blaue Ente» übernommen und seit einer Woche neu betrieben wurde. Ich ahnte überhöhte Preise und irgend so eine «Cuisine», die sich kein Schwein leisten kann.

Klassenkämpferisch und mit einem Sack voll Vorwürfen machte ich mich auf, um die Übernahme des «Wynegg» durch einen der Zürcher Gastroclans anzuprangern. Leider lief ich ins Leere. Denn erstens sieht das Wynegg noch so aus wie früher, also gefühlte fünf Plätze in schummrigem Licht an alten Holztischen, und zweitens handelte es sich nicht um die übliche «Quartieraufwertung», sondern um eine Zwischennutzung.

«Das Gebäude wird in eineinhalb Jahren ausgehöhlt und aufgewertet. Das «Wynegg» hätte also bis dahin einfach leer gestanden. Wir mochten die Räumlichkeiten und wollten dem Quartier die Beiz erhalten», erklärte mir Mitinhaber Marco Però. Mit dem Wynegg wollten sie den Bewohner von Zürich einen Ort geben sich zu treffen und zu geniessen. Rendite sei gewünscht, aber bei einem Pop-Up-Restaurant nicht im Vordergrund.

Das kann ja jeder sagen. Also warf ich einen Blick auf die Karte, um zu schauen, was mich hier ein Bissen kostet. Natürlich war alles nicht ganz so günstig wie früher, aber noch immer vernünftig. Überzeugt haben mich die Mittagsmenüs für 19.50 Franken (24 Franken für die Hunger-Büetzer-Grossversion, siehe Karte unten). Auch das Dinner-Angebot ist nicht unvernünftig: Ich leistete mir eine Portion Raclette mit Käse, Kräutercreme und Kartoffeln, ebenfalls für 19.50 Fr. Überhaupt ist das Menu sehr käselastig, zum Beispiel findet man auf der Karte Fondue-Ravioli . «Wir wollten etwas Währschaftes anbieten und nutzen dazu die Zusammenarbeit mit einem Chäslädeli im Quartier», sagt Però. Im Sommer würden sie dann vermehrt auf Grilladen und Salate setzen.

Ergänzt wird die Karte mit kalten Platten, Salaten und kleinen Leckerli vom Grill. Jeden Abend gibts zusätzlich noch zwei zusätzliche Fleischgerichte. Alles wird in der einsehbaren Kochecke zubereitet, die einen grossen Teil der gemütlichen Atmosphäre ausmacht.

Und die Gäste? Ich sah mich um, konnte aber s Vreni, die früher hier mit einem Glas Wein den Feierabend einläutete, nicht finden. Aber gleich neben mir setzten sich zwei Damen, die sich erstaunt über die neue Karte äusserten. Offenbar kamen waren sie auch schon früher regelmässig hier. Und sie schienen sich im neuen «Wynegg» auch durchaus wohl zu fühlen. «Bis um Zehn Uhr liegt der Fokus auf Essen, danach sollen die Leute auch einfach ein wenig rumsitzen und sich aus unserem Weinangebot bedienen», hofft Però.

Ob das so sein wird, muss sich noch zeigen. Ein Pärchen, das schon vor mir da waren, fand es nur begrenzt lustig, dass sie sich den Tisch mit mir teilen mussten. Sie jammerten über die schummrige Beleuchtung, lästerten über die Bedienung und zeigten sich erst gnädig, als sich der Chef 15 Minuten Zeit nahm, um ihnen den Wein zu empfehlen. Natürlich waren das keine echten Alteingesessenen, sondern zugezogene Seefeldsnobs, die sich Mieten von 4500 Fr für eine Dreizimmerwohnung leisten konnten. Die wohnten sicher in meiner alten Wohnung.

Ich werde zurückkommen und diese Fondue-Ravioli probieren. Das Raclette war gut, aber ehrlich, bei Raclette kann man auch nichts falsch machen.

Menu-1 Menü-2

30 Kommentare zu «Währschaftes im Seefeld: «Wynegg»»

  • chris toff sagt:

    tsüri und seine möchtegern-grossstädter; gottseidank kann mans grosszügig umfahren, sonst würd ich wohl ausschläge kriegen.

  • Adriano Granello sagt:

    Eine St. Galler Kinderfest-Bratwurst für 26.- Franken, nun ja, das ist wirklich äusserst günstig! Da verzichte ich doch noch so gern auf mein 200 Gramm Bio-Rindsfilet-Medaillon für 20.40 vom Metzger nebenan und kehre baldmöglichst in der hier so hoch gelobten Wirtschaft zur Wynegg ein!

    😉

    • Susi Sausager sagt:

      Habe im Netz gekuckt, was denn so eine Riesenbratwurst bei der Metzgerei Schmid in St. Gallen kostet (Detailhandelspreis): 5 Franken und 40 Rappen. Kauft der Wynegg-Wirt die Würste zum engros Preis, wird er allerhöchstens 2 Franken und 90 Rappen pro Stück bezahlen müssen. So macht der Gute 23 Franken Bruttogewinn auf der Wurst und mit dem dazu empfohlenen Wein gleich nochmals 6 Franken PRO DEZILITER und mit dem obligatorischen „Mineral“ auch noch 4 Franken plus dem überteuerten Dessert und dem Käfeli am Schluss geht die Betriebsrechnung längst mehr als auf . Aber lass‘ gut sein, eigentlich ist es ja schweine wurscht, ob jemand in dieser dem Abbruch geweihten Quartierbeiz noch in die Wurst beissen mag.

      • Ingrid sagt:

        tja, es gibt immer noch Leute, die meinen, dass Umsatz gleich Gewinn ist……

        • Susi Sausager sagt:

          Und es scheint noch immer Menschen zu geben, die Gewinn und Brutogewinn nicht unterscheiden können.Aber die Gastwirte habens heute in der Tat nicht leicht, besonders nicht im Seefeld und angrenzenden Gebieten, man denke etwa an die zunehmende Rehalpisierung, da schmilzt der äusserst fette Bruttogewinn wegen exorbitanten Mietkosten selbst für ein Abbruchobjekt wie die Butter in der Sonne dahin. Und da heute jeder Wirt per Definition Unternehmer ist, der mindestens einen Porsche fahren und an der Goldküste wohnen muss, bleibt am Ende von der Riesenbratwurst nicht mal ein klitzekleines Zipfelchen fürs Steueramt übrig.

  • Sarah sagt:

    Und dank der Beschränkung des Zuzugs von benötigten Arbeitskräften werden die Preise künftig weiter drastisch steigen. Gelobt sei, wer Volkswirtschaft in Grundzügen verstanden hat.

  • Ingrid sagt:

    Marco und Roger machen echt einen guten Job! Kompliment, und ich muss es ja schliesslich wissen, habe ich doch selbst 24 Jahre im Wyneggli gearbeitet…Und: Allen kann man es sowieso nicht recht machen.Also: selbst ausprobieren! PS: bei der Auswahl an Beizen in der Stadt, ist wohl für jeden das Passende dabei??

  • The it sagt:

    Toll dieses zeitlich begrenzte Übernahme. Tönt lecker und auch spottbillig…..sollen doch die motzen zuhause ihre wienerlii mit Brot geniessen….:) ( und von den Steuern abziehen) 🙂

  • Noch ein Quartierbewohner (ex-) sagt:

    Na ja, das gehört nicht wirklich zum Seefeld. Im Original übrigens „Zum rostigen Röbi“, der damalige Wirt ist der bärtige Typ, der bei den Schweizermachern aus dem Mansardenfenster dieses Hauses auf Tauben schiesst. Damals war der Grillservelat mit Zwiebelsauce für ca. 5.50 zu haben…

  • kurt sagt:

    was ist falsch daran, sich eine teure wohnung zu leisten wenn man es kann????

    es ist auch nicht gut wenn man 15000.-/mt verdient und eine günstige wohnung bucht. also was nun ??

    immer die eifersucht warum man selber nicht mehr verdient…

    und zum restaurant: finde das essen i.o. auf jeden fall besser als razzia und der ganze schrott…

  • Sarah sagt:

    So ein Snobpärchen könnte man in einem unterhaltsamen Gespräch gleich mal freundlich auf seine Kommunikationsverfehlungen und Wertedesorientierung hinweisen und darauf, dass man sie in ihrer Abwegigkeit als satirischen Beitragsaufhänger zu nutzen gedenkt. 😉

  • Georg Merkl sagt:

    Schade, dass es einen Betreiberwechsel gab und das Haus ganz renoviert wird und es dann wahrscheinlich dort kein Restaurant mehr gibt. Ich habe selber früher im Quartier gewohnt und war oft im Wynegg. Leider ist die Wirtin verstorben. Es gibt dort sehr viele Stammgäste aus dem Quartier, welche auf ein Feierabendgläsli vorbeischauen.

  • KMS a PR sagt:

    na ja. ich fänds wahrscheinlich auch nur „begrenzt lustig“ einen tisch mit herrn el arbi zu teilen. 🙂 zumindest macht der spunten einen gemütlichen eindruck – für die gäste kann man ja nichts. auf den ersten blick scheinen die preise für zürcher verhältnisse ganz erträglich zu sein; aber auch hier habe ich wieder was zu motzen – beim zweiten hinschauen, angesichts der doch relativ einfachen gerichte – auch zu teuer.

    • Diego sagt:

      Einfach mal als Tipp zur Entspannung: Bleiben Sie Zürich fern, wenn Sie kein Geld haben.

    • geezer sagt:

      na ja, ich habe einige jahre im seefeld gearbeitet und finde diese preise für dieses quartier sehr moderat! wenn du vergleichst, was dort in anderen restaurants ein simpler burger kostet, scheint die Wynegg wirklich günstig zu sein….

    • tststs sagt:

      – Wenn Sie keinen Analogkäse und Brot aus Sägemehl wollen
      – Wenn Sie nicht wollen, dass das Servierpersonal nur mit staatlicher Subvention überleben kann
      – Wenn Sie nicht wollen, dass die Miete bei der Hygiene eingespart wird
      – Wenn Sie nicht wollen, dass der Wirt Sie schon nach 8 Minuten des Sitzplatzes verweist
      Ja, wenn… dann sollten Sie schon ein wenig mehr als 15 Stutz für ein Menu springen lassen…

      Von Ihnen, hochverehrter Rittermann, hätte ich diese Geiz-ist-geil-Mentalität zuletzt erwartet…

      • KMS a PR sagt:

        ich vergleich bloss. bei uns im oberland kosten diese sachen 1/3 weniger. aber ich weiss schon – züri hat seinen preis und die spunten müssen ihre teuren mieten rausholen. kein vorwurf, bloss eine feststellung.

        • Teodor McShirley sagt:

          Der KMS meint ja bloss. Im Zürcher Oberländer-Blogg werden eben die Tipps für Erwachsenen-Windeln knapp.

        • tststs sagt:

          Naja, aber haben Sie sich schon mal gefragt, wie diese Preise „auf dem Lande“ zustande kommen?
          Solange sMueti gratis in der Küche arbeitet und der Handlanger in der Nebensaison ans RAV ausgelehnt wird, geht das schon…

          Ich habe mich nur am Begriff „ZU teuer“ gestört…ich finde es eher schon abartig, wie wenig Geld wir heutzutage für Ernährung ausgeben…

          • Pierbattista sagt:

            Ja leider, gerade mal 8% unseres Einkommens. In den 70gern waren es noch 20%. Auf Kosten von wem wohl?

    • Mirko sagt:

      Gähn…es gibt nichts Langweiligeres, als Landeier die über Züri-Preise schnöden…
      Fahrt doch nach Konstanz oder Waldshut und beglückt dort den örtlichen Thai-Garden, dann haben wir bei uns in der überteuerten Stadt auch wieder etwas mehr Luft zum Atmen.

      • KMS a PR sagt:

        ich stelle fest. a) ich meide züri, wo ich nur kann. b) ich gehe hier einkaufen, und auch essen. c) es sind lustigerweise…hauptsächlich die städter, die mit ihrem gastro- und -einkaufsrun das nahe ausland heimsuchen. zum schaden unserer vollkswirtschaft. man steht scheinbar gerne 2 x 2h im stau hierfür… ich finde sie teilweise schon etwas schizophren, die städter.

        • Lena sagt:

          1. würde es mich wunder nehmen, woher sie wissen wollen dass das hauptsächlich stadtzürcher sind.

          2. wissen sie wohl selber, dass ihre aussage kompletter blödsinn ist. stadtzürcher verlassen nur ungern die stadt, schon gar nicht um shoppen oder essen zu gehen. und wenn dann höchstens nach new york 🙂

        • Diego sagt:

          KMS a Pr: Ihnen gebührt der Award für die absurdesten Behauptungen und Sinnlosvergleiche in diesem Blog…

      • Alex sagt:

        DICHTESTRESS!

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