Wolff und die Labitzkes
Polizeivorstand Wolff will die Kosten für die Räumung des Labitzke-Areals nicht auf die Verursacher abwälzen. Mal abgesehen, dass es kaum möglich ist, die Verursacher zweifelsfrei und rechtskräftig zu ermitteln, steht die Frage im Raum, warum er hier die Verantwortlichen nicht zur Kasse bitten will.
In Wolffs Verständnis gehört die Räumung eines besetzten Hauses zu den Grundaufgaben «Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten».
Die Juso und einige SP-Leute stehen hinter dieser Haltung und wollen der Polizei keine «richterliche Gewalt» geben. Die zur Verantwortung gezogenen würden die Kostenübernahme «als Strafe» auffassen, was eine Abwälzung der Kosten zu einem Urteil mache. Nun, was die Verursacher denken, ist hier grundsätzlich völlig irrelevant. Wenn ich Verfahrens- oder Aufwandskosten zahlen muss, werden die mir auch nicht erlassen, nur weil ich sie als «Bestrafung» empfinde.
Wenn ein liberaler oder bürgerlicher Stadtrat diese Entscheidung getroffen hätte, wäre sie wohl kaum so genau unter die Lupe genommen worden. Aber Richard Wolff mit seiner Verbindung zum links-alternativen Lager muss schon etwas vorsichtiger sein, damit ihm nicht (wie jetzt) vorgeworfen wird, er schütze seine Freunde.
Die Räumung eines besetzten Gebäudes gehört zu den Grundaufgaben der Polizei. Das ist unbestritten, denn wer sonst würde sowas machen? Die Feuerwehr sicher nicht. Nun ist aber die Frage, inwieweit der Aufwand für die Räumung mutwillig vergrössert wurde. Wenn sich Leute mit Ketten und Beton festbunkern, hat das nur wenig politische Aussagekraft, es ist eher ein narzisstisches Drama für die Presse. Es wird die Räumung nicht verhindern, es ist kein legales politisches Mittel und es hat nur einen einzigen Zweck: Den Aufwand der Polizei zu vergössern. Zudem fand die Aktion nicht im besetzten Areal statt, sondern auf öffentlichem Grund, auf der Hohlstrasse.
Insofern sehe ich damit auch die Verantwortung bei den Verursachern. Da wiederum gehts eindeutig um einen Grundsatz: Die Verantwortlichen haben für den bewusst und mutwillig herbeigeführten Mehraufwand der Polizei geradezustehen.
Aber, wie zu Beginn angemerkt, sind die Verantwortlichen kaum zu ermitteln. Und dann ist da noch die Verhältnismässigkeit. Die Kosten für die Räumung betrugen knapp eine Viertelmillion Franken. Diese Kosten auf Verursacher abzuwälzen, könnte deren Leben mit Schulden und Existenzbedrohung nachhaltiger negativ beeinflussen, als es durch die Labitzke-Aktion gerechtfertigt wäre.
Ich denke übrigens durchaus, dass es manchmal illegale Aktionen braucht, um auf Missstände hinzuweisen. Nur sollten sich die politischen Aktivisten im Klaren sein, dass die moralische Rechtmässigkeit einer Aktion nicht den Rechtsstaat aushebeln darf. Sie müssen die rechtlichen Konsequenzen für die Aktion von vornherein mit einbeziehen und bereit sein, diese zu tragen. Alles andere ist feige.
Also, der Entscheid von Wolff hatte durchaus seine Berechtigung, nur die Argumentation war etwas fadenscheinig.
19 Kommentare zu «Wolff und die Labitzkes»
Es gibt ein paar simple Regeln im Leben von bildungsfernen Orientierungslosen.
Unter anderem diese: Wenn du nicht mehr zwischen Gut und Böse zu unterscheiden weisst, dann hacke einfach nach unten, auf die noch Schwächeren als du. Das passt immer und schützt nebenbei noch die eigenen Pfründe.
ich finde, wenn die hippies schon abtransportiert werden müssen durch die polizei, müssen sie das auch selber berappen. lange genug gratis gewohnt haben sie ja bereits.
Da teile ich Ihre Meinung! Auch wenn diese Halunken eine solch grosse Schadensumme / Rechnung nicht berappen können; Mit Sozialarbeit die Kosten zu amortisieren wäre ein guter Anfang! Beispiel – falls jemand der Verantwortlichen, namentlich u.a. Herr Wollf, mitliest: „Fötzelen“ bzw. Unterstützung der ERZ, Mitarbeit bei Grün Stadt Zürich, freiwilligenfahrdienst bei TIXI Zürich, Hilfsarbeit beim Zoo Zürich (#Elefantenscheissewegräumen), Reinigung der Limmat, Sihl, Zürichsee, Alters- und Behindertenheimbesuche (Patientenbetreuung Stufe 1 wie bei einer Zivildienstleistende Person) etc. etc. etc. Gruss Cyril
Und wie werden die Akteure am Markt gebüsst, die die Wohnkosten für alle fortlaufend erhöhen? Ein Jahr leben im unbeheizten 30m2-Keller für 3000 Fränkli/ Monat?
in einer demokratie gib es zig instrumente, auf seine forderungen aufmerksam zu machen, um seinem ziel näher zu kommen.
das schöne an dem idiotischen verhalten der besetzterszene ist, dass sie sich mit solch illegalen (und nebenbei auch sehr kindischen) aktionen immer wieder aufs neue ins eigene bein schiesst. solange sie so weitermachen, braucht man sie auch nicht ernst zu nehmen. und das ist gut so. dass der Wolff so argumentiert ist ja nichts als ‚logisch‘ in seinen augen. nur ein naivling hätte etwas anderes von ihm erwartet.
„solange sie so weitermachen, braucht man sie auch nicht ernst zu nehmen.“
und wenn sie nett zuhause bleiben würden, würde man sie dann ernst nehmen und ihre interessen berücksichtigen?
Hm, vielleicht wenn sie ihren Bedürfnissen mit demokratischen Mitteln Gehör verschaffen und nicht ihre Freiheit über die Freiheit der Anderen stellen?
Es gab eine Abstimmung, wo die Bevölkerung demokratisch mit einer 3/4 Mehrheit die Regierung beauftragte, den Anteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus von heute 25% auf 22% zu erhöhen. Ist jetzt schon ein paar Jahre her, und der Anteil ist sogar gesunken, unter 25%. Wo ist da das Gehör für die demokratischen Mittel?
öhm, von 25% auf 33% zu erhöhen, sollte das natürlich heissen.
Grund war mE nicht nur, den Aufwand für die Polizei zu vergrössern, sondern vornehmlich mehr Öffentlichkeit für ihr politisches Anliegen zu erzielen, als es bei einer schnellen Räumung in 5min möglich gewesen wäre, insofern ist es legitim.
Die Frage ist nicht die Legitimität, sondern die Legalität. Ich denke auch, dass die Aktion legitim war. Was aber nicht heisst, dass es deshalb innerhalb des Rechtsstaates keine Konsequenzen gibt. Weil Legitimität würden auch Pegida-Demontranten für ihre Demos in Anspruch nehmen. Legitimität ist subjektiv. Legalität nicht.
Es wäre sehr interessant, was ein Bundesverfassungsgericht zur Legalität dieser Form des politischen Protestes sagen würde, leider gibt es das ja noch immer nicht. Soweit ich weiss, hat das deutsche BVerfG diese Form der Sitzblockade für legal erklärt, sofern keine Gewalt seitens der blockierenden Demonstranten angewandt wird, etwa in Anti-AKW-Demo-Fällen.
Nun ja, da wär nur schon mal die Sachbeschädigung am öffentlichen Eigentum (Strasse), dann die unbewilligte Demonstration auf öffentlichem Grund. Und ja, wir sind in der Schweiz. Was ich persönlich bevorzuge.
So ein unabhängiges BVerfG ist schon eine sehr kluge Sache zur Kontrolle von Regierung und Verwaltung. Die Demo müssten sie aber dennoch grds. beantragen, ausser bei einer sog. Spontandemonstration.
Ob etwas legitim ist, unterliegt wohl immer der subjektiven Betrachtung, nicht? Selbstverständlich ist Pegida daher sowohl legitim als auch legal, in Deutschland gilt Versammlungsfreiheit, auch wenn man dabei den grössten Stuss loswerden möchte. In der Schweiz sind die rassistischen Parolen der SVP ja offenbar auch legitim (Stichwort Sorgen und Ängste der Bürger). Im Gegensatz zu Pegida mobilisieren die aber nicht nur ein paar Nasen an einem bestimmten Ort, sondern sie erhalten für diese Parolen eine demokratische Mehrheit, sodass sich eben diese Parolen dann in der Verfassung als geltendes Gesetz wiederfinden. Pegida unterliegt dem deutschen Grundgesetz, u.a. wird deshalb mittlerweile auch gegen den Organisator wg. Volksverhetzung ermittelt. In der Schweiz sind den rassistischen Kampagnen, die hier seit Jahren die Landschaft verschandeln, keinerlei Grenzen gesetzt. Von daher finde ich, dass Hannahs Gedankenanstoss bzgl. Verfassungsgericht etwas mehr Reflexion verdient als eine Plattitüde à la „Ich lebe aber viel lieber in der Schweiz“, die ohne weitere Begründung daherkommt.
Nun ja, wenn Sie als Bürgerin soviel Mitbestimmungsrecht haben wie in Deutschland (Stuttgart 21 z.B.) oder soviel wie in der Schweiz, ist für mich schon ein Unterschied.
Was das Verfassungsgericht angeht: Ja, bin ich auch dafür. solange wir es mit demokratischen Mitteln erreichen.
Ich staune immer wieder, wie stark die Leute sch für Meinungsfreiheit und demokratische Prozesse einsetzen, solange ihnen die vertretene Meinung passt und der demokratische Prozess ihre Bedürfnisse stützt.
Ich kann mich noch an die MEI erinnern, nach der einige meiner Freunde auswandern wollten. Aber Demokratie ist kein Wunschkonzert, auch keine Diktatur der Mehrheit. Die Schweizer Demoktratie ist ein Werkzeug, um im Konsens ein Land zu gestalten.
Da ist übrigens auch der kleine Haken des Verfassungsgerichtes: So wie wir jetzt organisiert sind, wird eine MEI so umgesetzt, dass sowohl Abstimmungsgewinner wie auch Abstimmungsverlierer damit leben können. Mit einem Verfassungsgericht wäre es möglich, die wortwörtliche Umsetzung einzuklagen und unserem Parlament den Spielraum zu nehmen. Nur so als Beispiel.
Ein Verfassungsgericht würde nicht die wortwörtliche Umsetzung präferieren, sondern diese reflektiert im Lichte der Verfassung betrachten, somit auch der Grund- und Bürgerrechte, Staatsziele und der objektiven Wertordnung des Textes. Sonst würde es etwa in D ja unreflektiert jedes ordnungsgemäß zustande gekommene Parlamentsgesetz einfach formal absegnen. Da es das aber nicht macht und es ja auch nicht seine Aufgabe ist, verzweifeln die Regierungsparteien und so auch Frau Merkel nicht selten, wenn das Gericht die Verfassungswidrigkeit feststellt bzw. der Regierung Hausaufgaben mit auf den Weg gibt und so seiner Kontrollaufgabe im Staat zum Schutz der Verfassung nachkommt. Denn auch Regierungen, Parlamente und Behörden können verfassungswidrig handeln, hiergegen kann man ein Verfassungsgericht anrufen, sofern vorhanden.
„Legitimität ist subjektiv. Legalität nicht.“
Doch, auch Legalität ist subjektiv. Ich verweise auf den Uetlibergherren Fry. Seit Jahren verstösst er gegen das Gesetz. Aber ein grosser Teil, vor allem aus dem bürgerlichen Lager, sagt: Wer sinnvoll gegen das Gesetz verstösst, tut sogar was gutes. Solche Statements hört man hoch bis zu den feinen Regierungsräten. Am Ende ist das Brechen von Legalität auch auf der den Linken gegenüberliegenden bürgerlichen Seite nicht per se verwerflich.
Per ZUfall kenn ich die Kosten, die Fry durch seinen Raubbau jetzt tragen muss. Glaub mir, er zahlt um einiges mehr für seinen
Gesetzesbruch als jeder Besetzer für seinen.
Und eben, de Auslegung des Gesetzes liegt nicht bei „den Linken“ oder bei „den Rechten“. Die Auslegung des Gesetzes liegt in ziemlich klarer Auslegung bei den Gerichten, Deshalb nennen wir es „Gewaltentrennung“.